Problematische deutsche Schule
Der Film ist unbedingt zu empfehlen, weil er eindringlich deutlich macht, was in der Schule in Deutschland verkehrt läuft.
2 Referendariate sind bestanden. 1 Referendariat muss wiederholt werden.
Zu den bestandenen Referendariaten: Hier zeigt sich ein Geist, der in der deutschen Schule immer noch vorherrschend ist:
Der zugelassene Gymnasiallehrer glänzt durch 2 Aussagen: Wenn er die Wahl hat zwischen 2 Noten, dann gibt es die schlechtere Note. Nur so seien SchülerInnen zu motivieren, mehr für die Schule zu tun. Bei jeder nicht erledigten Hausaufgabe gibt es einen Eintrag mit einer 6. Sein Erziehungsmittel ist die Androhung von Strafe.
Die zugelassene Hauptschullehrerin glänzt in jeder Pause im Lehrerzimmer, wie sie sich mit den KollegInnen darüber auslässt, wie furchtbar die SchülerInnen sind. Dass sie in ihrem Unterricht wenig bis keine Autorität hat – genauso wie der kommende Gymnsialllehrer – habe nur mit den SchülerInnen zu tun. Beide reflektieren nicht, was sie an ihrem Unterrichtsstil verändern müssten, damit sie für ihren Unterricht motivieren können.
Deutlich wird hier die Schwäche ihrer Ausbildung: Die Prinzipien der pädagogischen Psychologie und vor allen Dingen der aktuellen Allgemeindidaktik sind scheinbar selbst den Prüfern nicht bekannt. Man fragt sich, ob an den Hochschulen Allgemeindidaktik überhaupt noch gelehrt wird.
DAGEGEN fällt genau die Referendarin durch, die sich hinterfragt, wie heute noch Schule gegeben werden darf. Es ist die Einzige, die sich fragt, wie sie selbst für ihren Unterricht motivieren kann. Und dies schafft sie auch als einzige erfolgreich. Doch erschreckend ist die Begründung, warum sie noch nicht für den Schulunterricht geeignet ist: Sie steht nicht dominant genug vor der Klasse. Und sie unterrichte Deutsch ohne Kenntnis der Deutschdidaktik. Ihre Prüferin lässt sie durchfallen. Dabei müsste die Prüferin sofort entlassen werden. Denn die Referendarin hat in der Grundschule genau nach den aktuellen Vorgaben der Deutschdidaktik gearbeitet. Zur Einführung von dem Zusammenhang zwischen Vokalen und Konsonanten hat sie die gegensätzlichen Vokale – lang oder kurz gesprochen – zum Vergleich eingeführt. So verlangt es das aktuelle und sehr gute Lehrbuch «Die Sprachstarken». Dagegen behauptet die Prüferin, dieses Vorgehen behindere die Leistungsschwachen. Die Prüferin lässt die Referendarin an der Grundschule durchfallen, weil diese mit der aktuellen Deutschdidaktik arbeitet, die die Prüferin selbst nicht kennt. Damit zeigt der Film die gesamte Schwäche der deutschen Schule: Mit einem didaktischen Verständnis von vorgestern werden Studierende von heute von Dozierenden von gestern für die Schule von morgen ausgebildet.
Die deutsche Schule braucht scheinbar eine Ausbildung in Lernmotivation, damit die Hochschuldozenten ihr Wissen auf den aktuellen Stand bringen.
Als emeritierter Professor für Bildungssoziologie bin ich entsetzt über das, was in diesem Film zu sehen ist. Dr. Peter Trübner.