Ein wunderschönes und gefühlvolles Buch!!!
Die neunjährige Phoebe ist ein wunderbares Mädchen, das eine schwere Last zu tragen hat. Ihre sechzehnjährige Schwester April ist in einer Klinik und kämpft gegen ihre Magersucht.
Phoebe vermisst April sehr, um diese Leere und Stille auszugleichen, schreibt sie lustige aber auch gefühlvolle Briefe an April. Obwohl sie nie eine Antwort bekommt, schreibt sie unermüdlich weiter. Sie berichtet über die Familie, dem Hund Fork, ihren Freundinnen Paula und Hazel, alles was ihr gerade den Kopf geht, kommt aufs Papier. Ihre Worte sind lustig und traurig zugleich, immer wieder wird deutlich, wie wichtig und wie nah April Phoebe ist.
Traurig ist nur, dass sie keine Antwort bekommt.
Im zweiten Teil erfahren wir auch warum, hier lesen wir die traurigen Briefe von April an Phoebe.
Diese sind lange nicht so bunt, sie sind eher düster und machen mich auch wütend….
Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten.
Mit "Was fehlt, wenn ich verschwunden bin" hat die Autorin Lilly Lindner ein wunderbares und gefühlvolles Buch geschrieben. Ihre Worte haben mich zum Lachen aber auch zum Weinen gebracht, das Paket Taschentücher lag immer neben mir. Auch hat sie mich zum Nachdenken gebracht, in den vielen Sätzen von Phoebe steckt soviel Wahrheit. Wie z.B. Zitat Seite 76: "Ich muss jetzt weinen und furchtbar toben, da ist nichts zu machen, weil etwas in mir ganz schrecklich wütet! Das geht erst weg, wenn es vorbei ist. Lass mich einfach in Ruhe enttäuscht und traurig sein." So ergeht es mir auch manchmal. Und wenn ich fertig bin mit dem Toben, geht es mir wieder besser.
Phoebe hat mich mit ihrer Lebensfreude aber auch mit ihrer Traurigkeit sofort in den Bann gezogen. Dieses Kind muss man einfach liebhaben. In einige Aussagen merkt man schnell, dass sie erst 9 oder 10 Jahre alt ist und dann kommen wieder Sätze, wo man denkt... huch... ziemlich erwachsen. Das ist kein Wunder, bei solch einem Schicksal wird ein Kind schnell erwachsen.
Ich liebe es, wenn Phoebe Worte so nimmt, wie sie auf den ersten Blick sein müssten...
Zitat Seite 82: "Der einzige Haken an der Sache ist, dass Herr Kohl leider ein Erwachsener ist, und bei denen muss man ja bekanntlich vorsichtig sein, wenn es um Versprechen geht; einige Erwachsene glauben nämlich, dass sich Versprechen von "ich habe mich versprochen" ableitet." Diese Wortgewalt ist echt enorm.
Die Eltern sind ziemlich hilflos und können Phoebe mit ihrer Traurigkeit nicht helfen.
Auch April ist ein wunderbares Mädchen, das sich nicht anders zu helfen wusste, als nicht mehr zu essen. Ihr Schicksal hat mich sehr berührt und ich werde noch öfter an sie denken.
Zitat Seite 296
"Und dann bist du gekommen.
Von da an durfte ich zugucken, wie eine richtige Familie funktioniert.
Nur mitmachen - das durfte ich nicht."
Hier wird klar, wie einsam und allein April sich innerhalb der Familie gefühlt. Allein Phoebe war ein Lichtblick.
Auch bei April haben die Eltern Fehler gemacht, mit ihr zu schimpfen und zu meckern, dass sie nichts mehr isst, ist aus meiner Sicht völlig kontraproduktiv. Ich hätte versucht, die Ursachen zu ergründen. Aber vielleicht habe ich auch leicht reden, denn ich bin nicht in dieser Situation.
Gerne hätte ich etwas aus der Sicht der Eltern erfahren.
Dieser Roman ist kein typisches Buch über Magersucht, sondern ein Buch über Geschwisterliebe, Hoffnung und großen Gefühlen. Ich kann es jedem weiterempfehlen, der sich mit diesem Thema auseinandersetzen möchte.