Unter Löwen
Die kleine Angel zieht mit ihrer Mutter Laura und zwei Kamelen in der Wüste Tansanias umher und hilft Kranken in den abgelegenen Dörfern. Eines Tages wird Laura jedoch von einer Schlange gebissen und stirbt. Auf sich allein gestellt, macht Angel schnell die Bekanntschaft einer Löwin – doch anstatt von dieser gefressen zu werden, nimmt sie Angel in ihre Familie auf.
Zur gleichen Zeit erreicht die Australierin Emma eine nahegelegene Forschungsstation, in der an der Erforschung eines örtlichen Virus gearbeitet wird. Was ursprünglich nur ein kurzer Besuch in Gedenken an ihre in der Station verstorbene Mutter werden sollte, wird zu einem längeren Aufenthalt, bei dem sich Emmas Schicksal allmählich mit dem Angels verknüft…
Das Cover zeigt die Weiten einer afrikanischen Steppe in sanften Ocker- und Brauntönen. Es wird so eine ganz besondere Atmosphäre aufgebaut, die auch beim Lesen des Buches erhalten bleibt. Die dem Leser abgewandte Frau wirft gleichzeitig Fragen auf: Wer ist sie? Woran denkt sie? Wie fühlt sie sich?
Katherine Scholes gelingt es mühelos, den Leser in die Atmosphäre der Wüste Tansanias zu versetzen. Schnell kann man sich in dieser Umgebung einfühlen und gut nachvollziehen, wie sich zum einen Emma fühlt, die bis dato nur das Leben in Großstädten gewohnt war, und zum anderen Angel, die sich ein Leben außerhalb der Wüste gar nicht vorstellen kann. Die Landschaft und die Tiere sind liebevoll und detailliert beschrieben und stehen dem Leser bei der Lektüre lebhaft vor Augen.
Die Handlung in diesem Buch ist sehr ruhig, der Fokus liegt klar auf der Schaffung von Afrikaeindrücken und Gefühlen. Für meinen Geschmack war es über große Teile des Buches hinweg allerdings zu ruhig – etwas mehr hätte doch gerne geschehen dürfen!
Emma und Angel sind zwei sehr verschiedene Charaktere, die dem Leser jedoch beide schnell sympathisch werden. Zum einen ist es gerade für mich, die noch nie in Afrika war, interessant zu sehen, wie sich Emma in dieser ungewohnten Welt zurechtfindet. Ihre Sorgen und Bedenken sind dabei für mich genauso nachvollziehbar wie ihre Faszination des Landes. Ich musste schmunzeln bei ihren Versuchen, ihren Schlafplatz vor Tieren aller Art zu schützen und mit Hygienetüchern alles zu desinfizieren und daran denken, dass ich mich in dieser Situation wahrscheinlich genauso verhalten hätte. Gleichzeitig fand ich es aber auch erstaunlich und faszinierend, Emma dabei zu begleiten, zum ersten Mal einem Löwen und seinen Kindern Auge in Auge gegenüberzustehen.
Angel hingegen ist ein Leben außerhalb von Afrika unbekannt. Auf keinen Fall möchte sie das Land verlassen und bei ihrem Onkel in England wohnen, so wie ihre Mutter es für sie vorgesehen hat. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie in vielen Situationen Dinge tut, die ich von einer Siebenjährigen niemals erwartet hätte, zeigt ihre Willensstärke und Entschlossenheit. In anderen Situationen konnte man hingegen sehen, dass sie letztendlich doch nur ein Kind ist, das den Schutz und die Unterstützung anderer dringend benötigt.
Das Buch schafft eine tolle Atmosphäre Afrikas, die mich gefangen nehmen und in eine mir bis dato wenig bekannte Welt entführen konnte. Stimmungsvolle Landschaftsbeschreibungen und sympathische Charaktere konnten mich überzeugen. Einen kleinen Abzug gibt es für die Handlung, die mir oftmals zu ruhig war. Wer sich von Afrika verzaubern lassen möchte, sollte dieses Buch lesen!