Irrungen und Wirrungen
Linwood Barclays neuer Thriller beginnt in New York mit zwei Frauen, die auf der Suche nach gefälschten Handtaschen erschossen werden. Die weitere Handlung spielt in Milford, Connecticut und dreht sich um den Bauunternehmer Glen, dessen Frau Sheila betrunken einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem sie und zwei weitere Menschen ums Leben kommen. Anfangs sitzt der Schock tief, doch nach und nach beginnen sich erste Zweifel zu regen. Nicht nur, dass eine gute Freundin Sheilas bei einem geheimnisvollen Unfall ertrinkt und sich eine andere Freundin plötzlich sehr für einen braunen Umschlag interessiert, den Glens Frau bei sich gehabt haben soll, sondern auch der Privatdetektiv, der plötzlich vor Glens Tür steht, deuten darauf hin, dass die Dinge doch nicht so sind, wie sie anfangs zu sein schienen.
Nach einem fulminanten Prolog kehrt erst einmal etwas Ruhe in die Handlung ein. Der Leser wird langsam mit Glen und den Menschen in seiner Umgebung vertraut gemacht. Dabei wechselt die Erzählperspektive ständig zwischen der dritten Person und Glens Sicht der Dinge. Dies ist zwar anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, sorgt aber für die nötige Abwechslung. Als die ersten Ungereimtheiten auftauchen, beginnt die Spannung zu wachsen. Zunächst nur sehr langsam - man könnte es als kleinen Anfangsdurchhänger bezeichnen – doch spätestens in der zweiten Hälfte nimmt sie mit jeder Seite zu. Zum Schluss hin fällt es wirklich schwer, das Buch aus der Hand zu legen und erst nachdem man die Aufklärung in einem rasenden Tempo in sich aufgesogen hat, kann man aufatmen und das Buch ruhigen Gewissens zuklappen.
Fesselnd ist das Buch auf jeden Fall, ob es dabei immer realistisch wirkt, ist eine andere Frage. Im Nachhinein würde ich fast sagen, die ganze Story ist ein bisschen übertrieben, die vielen Handlungsstränge „too much“ wie man so schön sagt. Die Aufklärung ist zwar schlüssig, aber es spielen einfach zu viele Zufälle mit rein, als dass es echt wirken würde.
Vielleicht kommt dieses Gefühl auch durch die vielen Personen zustande, die irgendwie in die Geschehnisse involviert sind. Leider wirken die meisten davon eher oberflächlich. Die Quantität überwiegt in dem Fall gegenüber der Qualität. Zur Verteidigung des Autors muss ich allerdings anmerken, dass er es dennoch geschafft hat, den Leser über die wahren Absichten gewisser Personen sehr im Unklaren zu lassen. Der Überraschungseffekt am Ende war definitiv gegeben.
Insgesamt ein Thriller, der einem mehrere unterhaltsame bis spannende Lesestunden beschert. Ob man etwas verpasst, wenn man ihn nicht liest, muss jeder für sich beantworten. Meine Antwort würde nach kurzem Zögern „nein“ lauten.