"Wie schön ist doch die Musik..."
OK. Man hätte gewarnt sein können. Nein, müssen!
Wenn selbst „Rolling Stone“-Kritikerin Birgit Fuss, die es immerhin fertig gebracht hat, einem der schlimmsten Machwerke der jüngeren Rockgeschichte, nämlich „Chinese Democracy“ (eingespielt von einer Selbsthilfegruppe schwer geschmacksverirrter Männer, die sich ohne erkennbaren Grund „Guns´n´Roses“ nannte) sagenhafte 4 (von 5) Sterne zu verleihen, ja, wenn eben diese Frau Fuss dem neuen Meat Loaf Album „Braver than we are“ nur einen (!!) Stern zubilligt, dann muss man eigentlich auf das Schlimmste gefasst sein.
Und das tritt dann auch unmittelbar ein.
Wie soll man allein den Opener „Who needs the young“ in Worte fassen? Das dies mit weitem Abstand das Unterirdischste ist, was von Meat Loaf je kommerziell veröffentlicht wurde? Wie lässt sich so etwas beschreiben? Vielleicht so: auf dem Münchner Oktoberfest versucht zu später Stunde die Aushilfsbesetzung der Bierzelt-Combo gemeinsam mit einer Reihe deutlich vom Außendienst gezeichneter Wies´n-Besucherinnen ein „Queen“-Medley zu intonieren, dummerweise ohne sich vorher ansatzweise auf die Songs geeinigt zu haben. Man muss es selbst gehört haben, um es wirklich glauben zu können.
Jeder vernunftbegabte Mensch nimmt jetzt eigentlich die CD sofort aus dem Player. Wer allerdings getreu der These „Lieber den Magen verrenkt, als dem Wirt ´was geschenkt“ glaubt, sich auch noch (ob der Tatsache, dass man dafür gutes Geld bezahlt) den Rest dieses Machwerks geben zu müssen, gut, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.
Denn Fakt ist: Meat Loaf kann nicht mehr singen.
Gut, das wusste man spätestens seit den letzten Live-Veröffentlichungen, aber es bestand ja zumindest die Hoffnung, dass die moderne Studiotechnik, da das ein oder andere massive Manko kaschieren hilft. Sie schafft es nicht. Diese Stimme ist eine einzige Ruine. Um dies dann auch noch besonders nachdrücklich zur Schau zu stellen, karrt man mit u. a. Ellen Foley und Karla DeVito zwei Chanteusen aus längst vergangenen (und viel besseren) Meat-Zeiten heran, die trotz auch schon fortgeschrittenen Alters den bemitleidenswerten Herrn Aday gleich noch schlechter aussehen lassen (unterstellt, die Gesangsaufnahmen der beiden Damen stammen aus dem aktuellen Jahrtausend). Fein gemacht, die Damen, und jetzt schnell wieder zurück ins Betreute Wohnen.
Andererseits ist das stimmliche Fiasko aber auch wieder gar nicht so schlimm, wenn man derartiges (teilweise schon der Dritt- und Viertverwendung zugeführtes) Songmaterial von dem mittlerweile künstlerisch komplett abgewirtschafteten Jim Steinman vorgesetzt bekommt.
Darf man diese aufgeblasenen Nichtigkeiten aus den tiefsten Niederungen des Tonsetzerhandwerks überhaupt als „Songs“ bezeichnen? Besser nicht. Sein Pulver hat Steinman schon lange verschossen, spätestens seit „Dead Ringer“ ergeht er sich nur noch in Platitüden und Selbstkopien (ja, das gilt m. E. auch für „Bat 2“). „Who needs the young“ wurde als abschreckendes Beispiel ja bereits vorgesellt, auf die anderen Machwerke hier noch im Detail einzugehen, würde ihnen einen Stellenwert zusprechen, den sie definitiv nicht haben.
Wenn dann zu allem Überfluss auch noch mit Paul Crook ein völlig unbedarfter Produzent sein nicht vorhandenes Talent (allein der Pitsche-Patsche-Drumsound ist eine Zumutung ohne Gleichen) an so einem Projekt erproben darf, dann ist eben die Katastrophe perfekt. Handwerklicher Schrott von einem Niemand, der nicht ´mal als Todd Rundgren für ganz Arme durchgeht. Der größte Vorwurf dem man ihm aber machen muss: er schützt seinen „Klienten“ nicht vor sich selbst, nein, er stellt ihn komplett bloß.
Sie fragen jetzt vielleicht: „Ist das wirklich so schlimm?“.
Nein, ist es natürlich nicht. Es ist noch viel schlimmer.
Es ist schlicht und ergreifend schaurig und traurig, wie man so seinen eigenen Nimbus zerstören kann, weil man nicht weiß, wann Schluss sein muss.
Selten hat das berühmte Zitat des Sir Morosus aus Richard Strauss` „Die schweigsame Frau“ so gut gepasst wie hier:
„Wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist.“