Hier wird gejubelt, wie selten gejubelt ...
Der „Frau ohne Schatten“ als Straussens "Opus Summum" in ihrer ganzen Genialität – und trotz ihrer symbolischen Überfrachtung – gerecht zu werden, erscheint beinahe unmöglich, erfordert fast schon, dass – um beim von Hofmannsthal'schen Libretto zu bleiben – Übermächte ins Spiel kommen. Gelungen ist es hier dennoch!
Denn unter den Mankos anderer Aufnahmen – sei es die Klangqualität, sei die Besetzung oder seien es Striche – leidet Soltis „Frau ohne Schatten“ nicht.
Zum großen Teil ist dies sicher der Verdienst des hervorragenden Sängerensembles: Julia Varady gibt mit stimmlicher Noblesse und Wärme eine zunächst hilflose Kaiserin, der es mit der Zeit gelingt, sich zu emanzipieren, Reinhild Runkel eine herrlich böse, dominante Amme und José van Dam einen zärtlich liebenden, schwachen und später doch leidenschaftlich jubilierenden Barak. Plácido Domingos Kaiser mag man vorwerfen, er bleibe unnahbar. Aber abgesehen davon, dass auch sein Tenor im finalen Frohlocken zu leuchten vermag, macht doch genau diese fast schon transzendente Distanziertheit diese Rolle aus. Und dann ist da noch Hildegard Behrens als zunächst gefühlskalte, abweisende, im dritten Aufzug bekehrte und aufrichtig liebende Färberin. Dass sie zum Zeitpunkt der Aufnahme den Zenit ihrer sängerischen Laufbahn schon überschritten hatte, mag man manchmal an dem später leider für sie typischen weinerlichen Timbre heraushören. Dennoch scheint noch viel von der klaren Strahlkraft hindurch, die sie der Isolde unter Bernstein und der Salome unter Karajan gab. Luxus sind darüber hinaus Albert Dohmen, Sumi Jo und Robert Gambill in den Nebenrollen.
Sir Georg Solti lotet mit seinen Wienern schließlich – unterstützt von einer brillianten Aufnahmetechnik – sämtliche Nuancen der Partitur aus: Die teils schon kammermusikalischen Passagen werden transparent gestaltet, der dramatische Spannungsbogen wird – gelegentlich sicher auch mit dem für Solti typischen, hier aber notwendigen Bombast – bis zum Ende aufrecht erhalten und die unglaubliche Farbigkeit der Strauss'schen Musik in jeder einzelnen Note zum Leuchten, Funkeln und Glitzern gebracht. Als Hörer kann man da gar nicht anders, als am Ende des dritten Aktes jubelnd in den gemeinsamen Freudentaumel einzufallen!
Eine der großen Errrungenschaften unter den Opernaufnahmen – nicht nur der digitalen Ära!