Erich Wolfgang Korngold: Orchesterwerke Vol.1-4
Orchesterwerke Vol.1-4
4
CDs
CD (Compact Disc)
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- Der Schneemann-Vorspiel, Serenade & Entracte; Schauspiel-Ouvertüre op. 4; Sinfonietta op. 5; Viel Lärm um Nichts op. 11; Sursum corda op. 13; Klavierkonzert für die linke Hand op. 17; Baby Serenade op. 24; Cellokonzert op. 37; Symphonische Serenade op. 39; Symphonie op. 40; Thema und Variationen op. 42; Straussiana (1953)
- Künstler: Steven de Groote (Klavier),Julius Berger (Cello), Nordwestdeutsche Philharmonie, Werner Andreas Albert
- Label: CPO, DDD, 1985-1991
- Bestellnummer: 6508461
- Erscheinungstermin: 30.4.1998
- Serie: cpo-Gesamteditionen
- Gesamtverkaufsrang: 9229
- Verkaufsrang in CDs: 4191
Die Pantomime >Der Schneemann< war
der erste Sensationserfolg des 11jährigen
Wunderkindes E. W. Korngold. Der Erfolg, der
immerhin in kaiserlicher Gegenwart an der
Wiener Hofoper 1910 auf Betreiben des
Operndirektors Felix Weingartner stattfand. Ein
fulminanter Start also, und es war sicherlich
nicht nur die Musik, die dieses Aufsehen rechtfertigte
und über welche die Kritik schrieb:
>Was bei der Pantomime, dem frühesten Opus, sofort in die Augen fällt, ist die verblüffende, bei einem Kinde vollends unfassbare Charakteristik der Szene. Mit sparsamen, mehr angedeuteten Mitteln werden Figuren lebendig,... Dazu kommt eine ungemein reizvolle Erfindung, die bei Überwiegen von Tanzrhythmen doch nirgends banal wird.<
lm Wien der Jahrhundertwende, in dem die Hofoper und alles, was mit ihr zu tun hatte, der Nabel der Welt zu sein schien, woran die Bedingungen für die Sensation eines Wunderkindes, eines wiedergeborenen Mozarts, geradezu ideal, ja, man möchte fast mutmaßen, dass die kulturelle Emphase sich atmosphärisch derart verdichtet hatte, dass sie sich ihr Wunderkind selbst schuf.
Noch instrumentierte Korngolds damaliger Lehrer Alexander von Zemlinsky das reizvolle, aber harmlose Werkchen; und der Eleve, und das ist wohl das Erstaunlichste, lernte mit solch einer Geschwindigkeit, dass er schon ein halbes Jahr später den Geniewurf seiner >Schauspielouvertüre< - nun selbst instrumentiert - folgen lassen konnte.
Die beiden hier vorliegenden Ausschnitte aus der Pantomime, >Vorspiel und Serenade< und die Entr'act-Musik, zeigen stellvertretend für die Gesamtpartitur, was das Wiener Publikum so reizte: Grazie, Charme und frühreifes Wissen um die Verführungskraft spätromantischer Harmonisierungen, hier noch gepaart mit unverstellt naiver Melodik bester Wiener Provenienz.
Die Schauspielouvertüre op. 4 war die erste und ohne jede fremde Hilfe instrumentierte Partitur des vierzehnjährigen Korngold. Arthur Nikisch, dem sie gewidmet ist, brachte sie 1911 im Leipziger Gewandhaus zur Uraufführung.
Hinter ihrem Nomen versteckt sich kein heimliches Programm. Aber hinter der oft kolportierten Meinung, dass Shakespeares >Wintermärchen< den Stimmungshintergrund geliefert hätte, verbirgt sich eine heimliche und amüsante Geschichte, die der Vater Julius Korngold in seinen Erinnerungen aufdeckt. Er schreibt dort:
>Als die Berliner Philharmonischen Konzerte Erichs Schauspielouvertüre brachten, hatte Bekker (der berühmte Musikkritiker, d. A.) mich, als Programmbuch-Autor, um nähere Angaben über das Werk ersucht. Vorangegangener Erfahrungen eingedenk, tat ich diesmal nicht weniger, sondern mehr als nötig. lch erfand schlichtweg, der Komponist hätte bei seiner Ouvertüre an Shakespeares >Wintermärchen< gedacht, was ihm nicht im Traume eingefallen war.<
Auch ohne Programm ist an diesem sinfonischen Erstling eigentlich alles erstaunlich: die Beherrschung einer klaren und logischen Form, eine virtuose und raffinierte Instrumentation und nicht zuletzt das Erfinden von charakteristischen Hauptthemen, die einen ganz eigenen Stil ausdrücken. Schon das erste Thema aus der Einleitung, Molto moderato, ist mit seiner ausdrucksvollen Triole mit zwei absteigenden Quinten von typisch Korngoldscher Eigenart.
Nachdem diese Einleitung stimmungsmäßig in eine verhangene Traumwelt geführt hat, entwickelt Korngold den Hauptteil in einer auf Themendualität abzielenden Sonatenhauptsatzform. Das energische Hauptthema {Allegro agitalo) kontrastiert mit dem charmanten Walzer des Serienthemas. Bei allen ernsten Tönen, vor allem in der Durchführung, bleibt immer ein optimistischer Lustspielton erhalten. lm feierlichen BIäserklang, maestoso fortissimo, endet das Diqma in Jubel und Glanz. Ein wahrhaft genialer Erstlingswurf.
Die Sinfonietta op. 5 war nach der Schauspielouvertüre Korngolds zweites Orchesterwerk, das er im Alter von 15 Jahren vollendete. Die Diminutivform bezeichnet nur das Unpathetische, Spielfreudige ihres Inhalts, denn Umfang und Orchesterbesetzung sind wahrhaft ausladend, und für ein Kind ist die Beherrschung dieser Riesenform geradezu unglaublich.
Luzi Korngold, die Ehefrau, schreibt in ihrer Biographie über diesen Lebensabschnitt des Wunderkindes:
>Was seinen Beruf, seine Berufung betraf, war Erich Korngold mit fünfzehn Jahren ein gereifter Mann. Er arbeitete zwölf Stunden des Tages, saß entweder über seinen Schularbeiten oder über einer neuen Partitur. Wenn es seiner Umgebung auch schien, als ob Erich stets heiter und gut gelaunt sein Tagewerk spielend erledigte, als ob dem Kinde eben alles nur Kinderspiel wäre, so verhielt er sich in Wahrheit doch anders. Frühzeitig war in ihm scharfe Selbstkritik erwacht, die ihn hinderte, >draufloszuschreiben<. In seltsamem Gegensatz zu seiner unerklärlichen Frühreife stand Erichs Entwicklung zum Mann. Mit fünfzehn Jahren war er kindlicher als seine Altersgenossen, unberührt von Problemen der Pubertät.<
Richard Strauss, zu dem der Knabe mit scheuem Respekt aufblickte, saß bei der Uraufführung der Sinfonietta 1913 neben dem jungen Komponisten und führte sie selbst zwei Jahre später in Berlin auf.
Das Erstaunliche ist, dass der jugendliche Komponist bei aller Bewunderung für den berühmten Kollegen nicht in dessen Fahrwasser geriet, sondern sowohl in der Harmonik als auch in der Thematik traumwandlerisch seinen ganz eigenen Ton fand, z. B. gleich in den Motto, das Korngold der Sinfonietta als Leitmotiv voranstellte, dem >Motiv des fröhlichen Herzens<.
Dieses fünftönige, in 3 Quartensprüngen aufsteigende Motiv, ist nicht nur verbindendes Element aller 4 Sätze der Sinfonietta, sondern wird zum thematischen Programm, zum geheimen Leitmotiv des gesamten Korngoldschen Schaffens. Es ist dies der optimistische Aufschwung, der - besonders in der späteren Filmmusik - so typisch für seinen Personalstil bleiben wird. Mit jugendlichem Feuer und einer unglaublichen kompositorischen Virtuosität, was die polyphone motivische Arbeit anbetrifft, entfaltet sich der 1. Satz in klar gegliederter Sonatenform.
Dieses Riesenorchester, in dem das typische Korngold-Instrumentarium wie 2 Harfen, Celesta, Klavier und Glockenspiel mit äußerster Delikatesse Verwendung findet, bleibt immer transparent. Eine Partitur für Klangkulinariker !
Der 2. Satz ist ein energisches Scherzo im raschen Dreivierteltakt. Auch hier finden wir das umgebildete Quartenthema. lm ruhigeren Mittelteil, einer Art Durchführung, versucht das >Thema des fröhlichen Herzens< lyrischere Töne anzuschlagen, es wird vom Wirbel der Scherzomotive mit fortgerissen. Viel langsamer, in Fis-Dur, gibt das melodisch ausdrucksvolle Trio einen Ruhepunkt vor der rauschenden Wiederholung des Scherzos.
Der in Liedform gehaltene, schlichte langsame Satz (Andante) wird von einer träumerischen Melodie des Englischhorns geprägt. Auch hier hat Korngold sein Motto kontrapunktisch geschickt versteckt, mal als Begleitung in den Bässen, mal als variierte Form in den hohen Streichern.
Ganz ernst, fugiert, gibt sich der Anfang des Finales, aber schon bald wird ein Allegro giocoso der optimistischen, spielerischen Haltung des ganzen Werkes gerecht. Ein jubelnder Satz, der mit reichstem Spiel der Motive ausgestattet ist und Kontrapunktik zum Vergnügen werden lässt. Das Werk eines wirklich begnadeten Kindes.
1911 komponierte Korngold für das Wiener Burgtheater die Schauspielmusik zu Shakespeares >Viel Lärm um Nichts<, eine Partitur, die vierzehn Nummern enthielt und für ein kleines Kammerensemble geschrieben war. Schon vor der Uraufführung dieser Bühnenmusik hatte Korngold eine fünfsätzige Suite für größer besetztes Orchester zusammengestellt, die schnell Eingang in alle Konzertsäle fand.
Die Ouvertüre ist ein quirliger, im 6 / 8 Takt dahin huschender Geniestreich, der trotz aller Leichtigkeit mustergültige Durcharbeitung und klarstes Formbewusstsein aufweist. Nr. 2 >Mädchen im Brautgemach< und Nr. 3 >Holzapfel und Schlehwein< sind kleine Genreszenen von faszinierender Bildhaftigkeit: das eine charmant und nostalgisch gefärbt, das andere grotesk und skurril. Das folgende >Intermezzo< besticht durch seine aparte Instrumentation (nur 2 Hörner, Harfe, Harmonium, Klavier und Streicher) und die zarte Lyrik seines Ausdrucks. Als Finale seiner Suite wählte Korngold eine schmetternde Hornpipe, die besonders den beiden Hörnern Virtuosität abverlangt und das kleine Orchester noch einmal in vollem Glanz strahlen lässt.
lm Laufe des Jahres 1919, als Korngold an seinem späteren Welterfolg, der >Toten Stadt< arbeitete, entstand auch die Sinfonische Ouvertüre op. 1 3 "Sursum corda" (>Empor die Herzen<) Schon der Titel deutet auf den hochgespannten, hymnischen Gestus, der diesem Werk zu eigen ist und auf die Kontinuität zur sieben Jahre vorher entstandenen >Sinfonietta<, deren Motto das von Korngold so genannte >Motiv des fröhlichen Herzens< war. Die Ouvertüre ist Richard Strauss gewidmet und benutzt dessen Riesen-Instrumentarium aus >Elektra< oder >Salome<. Mit Spannung war diesem dritten Orchesterwerk des jungen Korngold entgegengesehen worden, der gewöhnte Erfolg stellte sich hier aber nicht ein: zu eigenwillig, formal zu verwirrend und harmonisch zu kühn war das, was das nun erwachsen gewordene Wunderkind dem Publikum zumutete. Nach einigen Aufführungen, die, wie bei Korngold üblich, schon im voraus abonniert worden waren, verschwand das Werk denn auch schnell aus den Konzertsälen, so dass der Komponist, der die Ouvertüre zeitlebens als eines seiner besten Werke ansah, später fast das gesamte thematische Material in seine Filmmusik zu >Robin Hood< hinüberrettete. ln einer überdimensionalen Sonatenform, die äußerst frei gehandhabt ist, entfaltet sich eine bildmächtige Musik von spätestromantischer Provenienz. Auf das sofort mit voller kraft und allem orchestralen Glanz vorgestellte Hauptthema in strahlendem C-Dur folgt eine ausgedehnte, ergreifend dramatische Gesangsgruppe. im l. Teil der Durchführung gelingt es Korngold, eine fahle, mystische Stimmung zu schaffen, die stark an die Traumvision der >Toten Stadt< erinnert, während der 2. Durchführungsteil, >sehr lebhaft<, eine wirkungsvolle Steigerung zur verkürzten und stark veränderten Reprise darstellt. Dass Korngold hier auf die Wiederholung des prägnanten Hauptthemas verzichtet, macht es dem Hörer nicht gerade leichter, Ordnung in den ununterbrochenen Tonfluss zu bringen. Nichtsdestoweniger gehört diese Partitur zum Klangmächtigsten und Farbigsten, was diese Zeit der musikalischen Hypertrophien hervorgebracht hat. Wenn auch die Analogie zu Makartschem Dekorationspomp nicht immer von der Hand zu weisen ist, so ist es doch allemal ein klingendes Zeitzeugnis erster Güte. Der Pianist Paul Wittgenstein, der im l. Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte, entwickelte sich in den folgenden Jahren zum Spezialisten für links-händige Klavierwerke und bestellte diese - wie einst die großen Mäzene - bei namhaften Komponisten. So besaß er Konzerte und Kammermusik von Richard Strauss (Parergon zur Sinfonia domestica op. 73 und Panathenäenzug op. 74), Paul Hindemith, Serge Prokofiev, Maurice Ravel, Benjamin Britten, Franz Schmidt u. a. 1923 bot er Korngold, der sich nach dem Welterfolg der >Toten Stadt< auf der Höhe seines Ruhmes befand, um ein Konzert, das dieser noch im selben Jahr fertigstellte.
Das Klavierkonzert in Cis op. 17 ist eines der sonderbarsten lnstrumentalwerke, die in diesem Jahrhundert geschrieben wurden, und auch in Korngolds Schaffen nimmt es einen fremdartigen Rang ein. Nicht nur die formale Lösung, die Korngold für das großangelegte einsätzige Werk fand, auch lnhalt und Musiksprache sind von erstaunlicher Eigenwilligkeit und einer bei Korngold sonst selten zu findenden Sprödigkeit. In seiner Mischung aus heterogensten Stilmerkmalen, wie Makartschem Pomp und verinnerlichter, impressionistischer Klangmalerei, nimmt es die kontrastreichen, illustrativen Mittel der Filmmusik vorweg, zumal Korngold auf sinfonische Verarbeitung im traditionellen Sinne weitgehend verzichtet. Der höchst anspruchsvolle Klavierpart wird nie solistisch -virtuos behandelt, sondern dem groß-besetzten Orchester gleichberechtigt gegenübergestellt.
Die Stärken des Werkes liegen sicherlich in seinen lyrischen, oft wie improvisiert wirkenden Partien, die Korngold zudem noch in höchst raffinierte Klangfarbenkombinationen einband (Harfe, Celesto, Glockenspiel, Xylophon); während dem ersten beherrschenden Hauptthema eine etwas aufgesetzt wirkende pomphafte Gigantomanie zu eigen ist - die Vortragsbezeichnung >Heldisch, mit Feuer und Kraft< lässt schon diesbezügliches erahnen.
Dieses l. Thema hat den typisch Korngoldschen schwunghaften Aufwärtsimpuls, der aber, seltsam paradox, trotzdem nichltvom Fleck zu kommen scheint. Das 2. Thema >Ruhig, weich und gesangvoll< ist ähnlich auftaktig bestimmt, bildet ober den lyrischen Gegenpol.
Der 3. Abschnitt >Ziemlich rasch, burlesk und lustig< hat Scherzo-Charakter und ist chromatisch geprägt.
Ein prägnantes Posaunenmotiv, wie eine Fanfare, leitet zum Durchführungsteil über, der mit seiner ganz eigenen, atmosphärischen Aura (>geheimnisvoll, nebelhaft und seiner Klangmagie zum besten gehört, was Korngold geschrieben hat. Die Motive der Themen 1 und 2 werden verfremdet und durchchromatisiert und in diese Schilderung einer mystischen, imaginären Traumwelt, in der übrigens auch die vier Jahre vorher entstandene >Tote Stadt< beheimatet war, miteinbezogen. Der nun folgende >Reigen< (schwebend, mit Anmut) muss dramaturgisch als retardierendes Element und intermezza vor der Reprise angesehen werden, ist kompositorisch aber wohl der schwächste Teil des Werkes, zumal die Thematik hier sehr bloß bleibt. Die Reprise der Abschnitte 1 -3 ist sehr erweitert, besonders das lyrische 2. Thema wird erheblich breiter ausgesponnen als in der Exposition. Das ehemals burleske 3. Thema bekommt nun durch schärfere Rhythmisierung apotheatischen Schlusscharakter, wird aber in der Coda immer wieder vom hartnäckig sich durchsetzenden Auftaktmotiv des Anfangs verdrängt, das nun die Oberhand behält und das Konzert zu einem wuchtigen, pomphaften Abschluss bringt.
Die Baby-Serenade op. 24 schrieb Korngold 1928 aus Anlaß der Geburt seines zweiten Sohnes Georg (des späteren berühmten Filmmusik-Produzenten, der so viel für die diskographische Verbreitung der Werke seines Vaters getan hat). Obgleich das kleine Werk noch lange vor Korngolds Amerikazeit in Wien entstand, hat es doch aufgrund der aparten Instrumentation mit drei Saxophonen und Banjo und den leichten Jazz-Anklängen im l. Satz zumindest einen amerikanischen >Akzent<. Nach der schwungvollen Miniatur-Ouvertüre führt ein Walzer-Wiegenlied wieder nach Wien zurück. Ein kleiner Masch, Molto Allegro, lässt dann die Spielzeugwelt des Kindes aufmarschieren. Der 4. Satz ist ein weiteres kleines Scherzo, Molto comado, das mit Holzblock und Col-legno-Technik in den Streichern hübsche Effekte erzielt. Den Abschluss bildet ein Wiegenlied in Menuett- Form, in dessen bewegterem Mittelteil drei Kinderlieder (Hänschen klein, Oh Du lieber Augustin und Kommt ein Vogel geflogen) kunstvoll zitiert werden. Die Serenade ist ein schönes Beispiel dafür, wie leicht es Korngold fiel, den Unterschied zwischen U- und E Musik aufzuheben.
>Mein Ziel war stets, für den Film eine Musik zu schreiben, die seiner Handlung und Psychologie gerecht wird und die sich trotzdem - losgelöst vom Bild -. im Konzertsaal behaupten kann< Musikalische Autonomie und bildgebundene Funktionalität sollten also zur Deckung gebracht werden -, wir erinnern uns an die Charakterisierung seiner Filmmusik als >Opern ohne Worte<.
Wohl nirgends ist Korngold dieses Ziel so überzeugend gelungen wie in seinem Cellokonzert in C op. 37. Es entstand 1946 als Bestandteil der Musik zu >Deception<, einer dramatischen Dreiecksgeschichte zwischen einem Cellisten, einem Komponisten und dessen Schülerin, einer Paraderolle für Bette Davis. lm Film, in dem die Uraufführung eben dieses Cellokonzertes eine dramaturgisch wichtige Rolle spiet - immerhin hatte die Hauptdarstellerin eine Viertelstunde vorher den Komponisten erschossen - konnte aus Zeitgründen nur eine stark verkürzte Fassung Verwendung finden, und so veröffentlichte Korngold das nur 15minütige Werk gesondert. Es ist in seiner Gedrängtheit von geradezu atemberaubender Energie, formal ein Meisterwerk an logischer Geschlossenheit, und angesichts des virtuosen und dankbaren Soloparts gehörte es in das sowieso schon schmale Repertoire eines jeden Cellisten.
Ein äußerst farbiges Changieren zwischen C-Dur und c-moll charakterisiert das kraftvolle 1. Thema, das gleich zu Beginn noch drei akkordisch geprägten Einleitungstakten vom Solocello intoniert wird. In rhythmisch prägnanterer Form übernimmt dann das ganze Orchester, bevor sich, wieder im Cello, in großen melodischen Bögen das 2.Thema >molto cantabile< direkt anschließt. Nach der Durchführung des ersten Themas leitet eine kurze Solokadenz zum langsamen Mittelteil >grave< über, dessen ausdrucksvolle Melodie starke Verwandtschaft mit dem 2. Thema zeigt.
>Allegro moderato< beginnt die Reprise, die Korngold sehr frei handhabt, indem er sie als erweiterte Durchführung des 1 . Themas gestaltet und noch einer virtuosen Schlußkadenz das Werk mit dem 2. Thema >grandioso< beschließt. Der reife Korngold zeigt sich hier - entgegen allen Klischees vom nur noch talentierten Filmmusikschreiber - ganz auf der Höhe seiner schöpferischen Kraft und der Fähigkeit, auf gedrängtestem Raum formal-musikalische Logik Gestalt annehmen zu lassen.
Die Symphonic Serenade op. 39 für Streichorchester schrieb Korngold in den Jahren 1947 / 48, also in der Zeit, in der er sich auf seine Rückkehr nach Europa, nach Wien vorbereitete. Er hatte schon von Amerika aus mit Wilhelm Furtwängler korrespondiert, der - ohne die Partitr gesehen zu haben - das Werk zur Aufführung annahm.
Diese fand am 12.1.1950 in Wien mit den Wiener Philharmonikern statt. Sie stand aber unter einem schlechten Stern. Für das äußerst schwierige und - von den technischen Anforderungen her - widerborstige Werk waren zu wenig Proben angesetzt, von denen Furtwängler die erste auch noch wegen Schneeverwehungen absagte, so dass der kranke Komponist selbst einspringen musste. Dann stellte sich heraus, dass Furtwängler doch nicht so gut vorbereitet war wie es hier nötig gewesen wäre.
Korngold schrieb über die Aufführung in einem Brief: >lm großen und ganzen ein würdiges Ereignis. Dass die Aufführung überhaupt gelungen ist, ist ein Wunder, nur durch die immer noch vorhandene Virtuosität und lmprovisationsbegabung der Philharmoniker erklärlich ...<
Die Serenade stellt hohe Anforderungen an das von Korngold geforderte groß besetzte Streichorchester und schwankt stilistisch zwischen herber, dissonanter Expressivität und weichem, im guter Sinne sentimentalem Wohlklang.
Der l. Satz, Allegro moderato, konfrontiere beide Pole auf engstem Raum untereinander. So ist gleich das 1.Thema (>schwebend<) einer der glücklichsten melodischen Einfälle Korngolds, eine weit geschwungene, sich stetig aufbauende Melodie von schönster Klarheit. Es folgt ein scharf rhythmisiertes Seitenthema (Allegro deciso) und das seltsam stockende, durch große Intervallsprünge geprägte 2. Thema. Die knappe Durchführung ist sehr bewegt und scheut auch harte Dissonanzen nicht. Ein >Misterioso< leitet zur Reprise über und >tranquillo< schließt der Satz mit dem I . Thema.
Der 2. Satz >lntermezzo<< ist ein spielerischer, vorbeihuschender Pizzicato-Satz, der zweimal von einem irrisierenden chromatischen Mittelteil kurz unterbrochen wird.
Das >lento religioso< ist der kompositorische Höhepunkt der Serenade, eine atmosphärische Verwandtschaft verbindet ihn mit den - zwei Jahre vorher entstandenen - >Metamorphosen< von Richard Strauss. Korngold ist hier zu einer ganz persönlichen, von Resignation, Verzweiflung aber auch Zuversicht geprägten Aussage durchgedrungen. So wird das erste, ausdrucksvoll in großer Kantilene geschwungene Thema durch den folgenden schlichten, choralartiqen Teil in seiner Intensität gesteigert. Ein erregter Appassionato-Mittelteil bringt mit Dissonanzen, harten Akzenten und extrem großen Intervallsprüngen in höchste Lagen einen denkbar großen Kontrast, bevor der Satz mit der erweiterten Wiederholung des l. Teils in stiller Resignation schließt. Das Finale >Allegro con fuoco< gibt sich mit seinen Story durchgehaltenen, fugiert einsetzenden Sechzehntel-Ketten äußerst widerborstig. Das zweite, lyrische Thema überrascht in dieser Umgebung durch seine Kontabilität und >Süffigkeit< ,wird dann aber auch durch die als Fuge gestaltete Durchführung des 1. Themas verdrängt, wie Korngold überhaupt in diesem Satz mit etlichen kontrapunktischen Finessen aufwartet. So zitiert er kurz vor Schluss noch einmal das schwebende Hauptthema des ersten Satzes, setzt ihm aber das Hauptthema des Finales als Kontrapunkt entgegen.
Dimitri Mikopoulos schrieb 1959: >Mein Leben lang habe ich das ideale moderne Werk gesucht: lch habe es in dieser Sinfonie gefunden. lch werde sie nächste Saison dirigieren.<
Der große Dirigent, der sein Versprechen nicht mehr einlösen konnte, sprach hier von Korngolds Sinfonie in Fis op. 40.
in diesem letzten großen Werk, das 1951 / 52 entstand, zog Korngold die Summe seines Lebenswerks. Resignation, Verzweiflung und optimistische Zuversicht holten sich in einem geschickt ausbalancierten Gleichgewicht die Waage. In seiner Ganzheit gesehen, ist es wohl Korngolds persönlichstes Werk, das in seiner Brüchigkeit den Zwiespalt des eigenen Lebensweges widerspiegelt. Die Widmung muss als Hommage an Amerika verstanden werden, das ihm - im Gegensatz zum geliebten Europa Schutz und Anerkennung nie versagte: Korngold war tief erschüttert, als Franklin D. Roosevelt starb und widmete die Sinfonie dem Andenken an den Präsidenten.
Der erste Satz, Moderato, ma energico, gehört mit seiner dissonanten und rhythmischen Zerrissenheit sicherlich zum >Modernsten<, was Korngold geschrieben hat. Synkopierte Schläge des gesamten Orchesterapparats (mit typischer Verstärkung durch Klavier, Celesto, Harfe, Marimba und Xylophon) und stürmische Skalen in den Streichern geben dem Satz sein Totentanz-ähnliches Gepräge.
Das Scherzo führt in eine gänzlich andere Welt. Wie eine virtuose Orchester-Tarantella wirbelt es vorüber, durch das zarte und durchsichtige Trio zweimal kurz unterbrochen. Gerade dieser Satz macht in seiner federnden Leichtigkeit die Meisterschaft Korngolds in der Orchesterbehandlung deutlich.
lm großangelegten Adogio, das zum Höhepunkt der Sinfonie wird, kehrt Korngold in die Tradition der Brucknerschen und Mahlerschen Sinfonik zurück. Das Hauptthema entnahm er seiner Musik zu >Anthony Adverse<, verwandelte es hier aber zu einem grandiosen Trauermarsch, der wie ein Abgesang auf eine für immer verlorene Zeit erscheint. Drei leidenschaftliche Höhepunkte werden angestrebt, ehe der Satz in stiller Resignation schließt.
Als wolle er alle düsteren Gedanken verbannen, gibt sich der letzte Satz, Allegro gaio, spielerisch und unbesorgt und ruft die abenteuerliche Welt der Errol Flynn-Filme noch einmal ins Gedächtnis zurück. Auch in der Form arbeitet Korngold nicht nach symphonisch-dualistischem Prinzip, sondern setzt durch Motivabspaltungen und Verwendung der vorhergehenden Themen episodenhaft ein kaleidoskopartiges Bild voller Abwechslung zusammen. Die Arbeit für den Film hatte den Komponisten doch nachhaltiger geprägt, als er selbst wahrhaben wollte.
Thema und Variationen op. 42 schrieb Korngold zusammen mit >Straussiana< 1953 für amerikanische Schulorchester. Luzi Korngold schreibt dazu in der Biographie ihres Mannes: >Die beiden Werkchen wurden in Los Angeles uraufgeführt, und Erich bemerkte wieder einmal mit abergläubischer Bestimmtheit: >Opus 42. Von Jugend an wusste ich, dass ich nicht mehr als op. 42 schreiben würde.< lch widersprach. In Wahrheit war er, wenn man seine Filmmusik mit einrechnete, weit über diese Ziffer hinausgekommen.<
Das Thema ist von Korngold selbst, er hat ihm ober die Bezeichnung >wie eine irische Volksweise< gegeben. Die sieben charakteristischen Variationen sind in Form und instrumentaler Farbe klar voneinander abgesetzt. In Variation 7, einem kleinen Marsch, ruft Korngold noch einmal die Erinnerung an seine Vertonungen der Abenteurerfilme aus der Errol Flynn- Zeit wach. Ein kleines Meisterwerk - mit leichter Hand hingeworfen.
Korngold war zeitlebens ein großer Johann Strauss-Verehrer. Als ihn 1923, im Jahr der Entstehung des Klavierkonzertes, Hubers Marischka, der Direktor des Theaters an der Wien, aufforderte, >Eine Nacht in Venedig< zu dirigieren, wurde daraus die erste der bald berühmten Korngoldschen Strauss-Bearbeitungen. Behutsam glättete er dramaturgische Schwächen, fügte neue Nummern ein oder machte einige notwendige Retuschen im Orchester. Was heute, im Zeitalter der Urtextausgaben und Originalklang-Bewegung wie ein Sakrileg aussieht, kam in den zwanziger Jahren, als Strauss fast vergessen war, einer Lebensrettung gleich: Korngold leitete damit eine Strauss-Renaissance ein, die sich in seiner Hollywood- Zeit auch auf Amerika erstreckte. So ist es nicht nur Zufall, dass sein letztes Orchesterwerk aus dem Jahre 1953 eine Hommage an den König der Operette geworden ist.
Straussiana entstand auf Bestellung eines Verlages für drakonische Schul- und Hochschulorchester, und ist, trotz der damit notwendigen Vereinfachung der instrumentalen Einsatzmöglichkeiten eine glänzend klingende Folge von unbekannteren Strauss-Melodien, hauptsächlich aus >Ritter Pazman<, geworden.
>Was bei der Pantomime, dem frühesten Opus, sofort in die Augen fällt, ist die verblüffende, bei einem Kinde vollends unfassbare Charakteristik der Szene. Mit sparsamen, mehr angedeuteten Mitteln werden Figuren lebendig,... Dazu kommt eine ungemein reizvolle Erfindung, die bei Überwiegen von Tanzrhythmen doch nirgends banal wird.<
lm Wien der Jahrhundertwende, in dem die Hofoper und alles, was mit ihr zu tun hatte, der Nabel der Welt zu sein schien, woran die Bedingungen für die Sensation eines Wunderkindes, eines wiedergeborenen Mozarts, geradezu ideal, ja, man möchte fast mutmaßen, dass die kulturelle Emphase sich atmosphärisch derart verdichtet hatte, dass sie sich ihr Wunderkind selbst schuf.
Noch instrumentierte Korngolds damaliger Lehrer Alexander von Zemlinsky das reizvolle, aber harmlose Werkchen; und der Eleve, und das ist wohl das Erstaunlichste, lernte mit solch einer Geschwindigkeit, dass er schon ein halbes Jahr später den Geniewurf seiner >Schauspielouvertüre< - nun selbst instrumentiert - folgen lassen konnte.
Die beiden hier vorliegenden Ausschnitte aus der Pantomime, >Vorspiel und Serenade< und die Entr'act-Musik, zeigen stellvertretend für die Gesamtpartitur, was das Wiener Publikum so reizte: Grazie, Charme und frühreifes Wissen um die Verführungskraft spätromantischer Harmonisierungen, hier noch gepaart mit unverstellt naiver Melodik bester Wiener Provenienz.
Die Schauspielouvertüre op. 4 war die erste und ohne jede fremde Hilfe instrumentierte Partitur des vierzehnjährigen Korngold. Arthur Nikisch, dem sie gewidmet ist, brachte sie 1911 im Leipziger Gewandhaus zur Uraufführung.
Hinter ihrem Nomen versteckt sich kein heimliches Programm. Aber hinter der oft kolportierten Meinung, dass Shakespeares >Wintermärchen< den Stimmungshintergrund geliefert hätte, verbirgt sich eine heimliche und amüsante Geschichte, die der Vater Julius Korngold in seinen Erinnerungen aufdeckt. Er schreibt dort:
>Als die Berliner Philharmonischen Konzerte Erichs Schauspielouvertüre brachten, hatte Bekker (der berühmte Musikkritiker, d. A.) mich, als Programmbuch-Autor, um nähere Angaben über das Werk ersucht. Vorangegangener Erfahrungen eingedenk, tat ich diesmal nicht weniger, sondern mehr als nötig. lch erfand schlichtweg, der Komponist hätte bei seiner Ouvertüre an Shakespeares >Wintermärchen< gedacht, was ihm nicht im Traume eingefallen war.<
Auch ohne Programm ist an diesem sinfonischen Erstling eigentlich alles erstaunlich: die Beherrschung einer klaren und logischen Form, eine virtuose und raffinierte Instrumentation und nicht zuletzt das Erfinden von charakteristischen Hauptthemen, die einen ganz eigenen Stil ausdrücken. Schon das erste Thema aus der Einleitung, Molto moderato, ist mit seiner ausdrucksvollen Triole mit zwei absteigenden Quinten von typisch Korngoldscher Eigenart.
Nachdem diese Einleitung stimmungsmäßig in eine verhangene Traumwelt geführt hat, entwickelt Korngold den Hauptteil in einer auf Themendualität abzielenden Sonatenhauptsatzform. Das energische Hauptthema {Allegro agitalo) kontrastiert mit dem charmanten Walzer des Serienthemas. Bei allen ernsten Tönen, vor allem in der Durchführung, bleibt immer ein optimistischer Lustspielton erhalten. lm feierlichen BIäserklang, maestoso fortissimo, endet das Diqma in Jubel und Glanz. Ein wahrhaft genialer Erstlingswurf.
Die Sinfonietta op. 5 war nach der Schauspielouvertüre Korngolds zweites Orchesterwerk, das er im Alter von 15 Jahren vollendete. Die Diminutivform bezeichnet nur das Unpathetische, Spielfreudige ihres Inhalts, denn Umfang und Orchesterbesetzung sind wahrhaft ausladend, und für ein Kind ist die Beherrschung dieser Riesenform geradezu unglaublich.
Luzi Korngold, die Ehefrau, schreibt in ihrer Biographie über diesen Lebensabschnitt des Wunderkindes:
>Was seinen Beruf, seine Berufung betraf, war Erich Korngold mit fünfzehn Jahren ein gereifter Mann. Er arbeitete zwölf Stunden des Tages, saß entweder über seinen Schularbeiten oder über einer neuen Partitur. Wenn es seiner Umgebung auch schien, als ob Erich stets heiter und gut gelaunt sein Tagewerk spielend erledigte, als ob dem Kinde eben alles nur Kinderspiel wäre, so verhielt er sich in Wahrheit doch anders. Frühzeitig war in ihm scharfe Selbstkritik erwacht, die ihn hinderte, >draufloszuschreiben<. In seltsamem Gegensatz zu seiner unerklärlichen Frühreife stand Erichs Entwicklung zum Mann. Mit fünfzehn Jahren war er kindlicher als seine Altersgenossen, unberührt von Problemen der Pubertät.<
Richard Strauss, zu dem der Knabe mit scheuem Respekt aufblickte, saß bei der Uraufführung der Sinfonietta 1913 neben dem jungen Komponisten und führte sie selbst zwei Jahre später in Berlin auf.
Das Erstaunliche ist, dass der jugendliche Komponist bei aller Bewunderung für den berühmten Kollegen nicht in dessen Fahrwasser geriet, sondern sowohl in der Harmonik als auch in der Thematik traumwandlerisch seinen ganz eigenen Ton fand, z. B. gleich in den Motto, das Korngold der Sinfonietta als Leitmotiv voranstellte, dem >Motiv des fröhlichen Herzens<.
Dieses fünftönige, in 3 Quartensprüngen aufsteigende Motiv, ist nicht nur verbindendes Element aller 4 Sätze der Sinfonietta, sondern wird zum thematischen Programm, zum geheimen Leitmotiv des gesamten Korngoldschen Schaffens. Es ist dies der optimistische Aufschwung, der - besonders in der späteren Filmmusik - so typisch für seinen Personalstil bleiben wird. Mit jugendlichem Feuer und einer unglaublichen kompositorischen Virtuosität, was die polyphone motivische Arbeit anbetrifft, entfaltet sich der 1. Satz in klar gegliederter Sonatenform.
Dieses Riesenorchester, in dem das typische Korngold-Instrumentarium wie 2 Harfen, Celesta, Klavier und Glockenspiel mit äußerster Delikatesse Verwendung findet, bleibt immer transparent. Eine Partitur für Klangkulinariker !
Der 2. Satz ist ein energisches Scherzo im raschen Dreivierteltakt. Auch hier finden wir das umgebildete Quartenthema. lm ruhigeren Mittelteil, einer Art Durchführung, versucht das >Thema des fröhlichen Herzens< lyrischere Töne anzuschlagen, es wird vom Wirbel der Scherzomotive mit fortgerissen. Viel langsamer, in Fis-Dur, gibt das melodisch ausdrucksvolle Trio einen Ruhepunkt vor der rauschenden Wiederholung des Scherzos.
Der in Liedform gehaltene, schlichte langsame Satz (Andante) wird von einer träumerischen Melodie des Englischhorns geprägt. Auch hier hat Korngold sein Motto kontrapunktisch geschickt versteckt, mal als Begleitung in den Bässen, mal als variierte Form in den hohen Streichern.
Ganz ernst, fugiert, gibt sich der Anfang des Finales, aber schon bald wird ein Allegro giocoso der optimistischen, spielerischen Haltung des ganzen Werkes gerecht. Ein jubelnder Satz, der mit reichstem Spiel der Motive ausgestattet ist und Kontrapunktik zum Vergnügen werden lässt. Das Werk eines wirklich begnadeten Kindes.
1911 komponierte Korngold für das Wiener Burgtheater die Schauspielmusik zu Shakespeares >Viel Lärm um Nichts<, eine Partitur, die vierzehn Nummern enthielt und für ein kleines Kammerensemble geschrieben war. Schon vor der Uraufführung dieser Bühnenmusik hatte Korngold eine fünfsätzige Suite für größer besetztes Orchester zusammengestellt, die schnell Eingang in alle Konzertsäle fand.
Die Ouvertüre ist ein quirliger, im 6 / 8 Takt dahin huschender Geniestreich, der trotz aller Leichtigkeit mustergültige Durcharbeitung und klarstes Formbewusstsein aufweist. Nr. 2 >Mädchen im Brautgemach< und Nr. 3 >Holzapfel und Schlehwein< sind kleine Genreszenen von faszinierender Bildhaftigkeit: das eine charmant und nostalgisch gefärbt, das andere grotesk und skurril. Das folgende >Intermezzo< besticht durch seine aparte Instrumentation (nur 2 Hörner, Harfe, Harmonium, Klavier und Streicher) und die zarte Lyrik seines Ausdrucks. Als Finale seiner Suite wählte Korngold eine schmetternde Hornpipe, die besonders den beiden Hörnern Virtuosität abverlangt und das kleine Orchester noch einmal in vollem Glanz strahlen lässt.
lm Laufe des Jahres 1919, als Korngold an seinem späteren Welterfolg, der >Toten Stadt< arbeitete, entstand auch die Sinfonische Ouvertüre op. 1 3 "Sursum corda" (>Empor die Herzen<) Schon der Titel deutet auf den hochgespannten, hymnischen Gestus, der diesem Werk zu eigen ist und auf die Kontinuität zur sieben Jahre vorher entstandenen >Sinfonietta<, deren Motto das von Korngold so genannte >Motiv des fröhlichen Herzens< war. Die Ouvertüre ist Richard Strauss gewidmet und benutzt dessen Riesen-Instrumentarium aus >Elektra< oder >Salome<. Mit Spannung war diesem dritten Orchesterwerk des jungen Korngold entgegengesehen worden, der gewöhnte Erfolg stellte sich hier aber nicht ein: zu eigenwillig, formal zu verwirrend und harmonisch zu kühn war das, was das nun erwachsen gewordene Wunderkind dem Publikum zumutete. Nach einigen Aufführungen, die, wie bei Korngold üblich, schon im voraus abonniert worden waren, verschwand das Werk denn auch schnell aus den Konzertsälen, so dass der Komponist, der die Ouvertüre zeitlebens als eines seiner besten Werke ansah, später fast das gesamte thematische Material in seine Filmmusik zu >Robin Hood< hinüberrettete. ln einer überdimensionalen Sonatenform, die äußerst frei gehandhabt ist, entfaltet sich eine bildmächtige Musik von spätestromantischer Provenienz. Auf das sofort mit voller kraft und allem orchestralen Glanz vorgestellte Hauptthema in strahlendem C-Dur folgt eine ausgedehnte, ergreifend dramatische Gesangsgruppe. im l. Teil der Durchführung gelingt es Korngold, eine fahle, mystische Stimmung zu schaffen, die stark an die Traumvision der >Toten Stadt< erinnert, während der 2. Durchführungsteil, >sehr lebhaft<, eine wirkungsvolle Steigerung zur verkürzten und stark veränderten Reprise darstellt. Dass Korngold hier auf die Wiederholung des prägnanten Hauptthemas verzichtet, macht es dem Hörer nicht gerade leichter, Ordnung in den ununterbrochenen Tonfluss zu bringen. Nichtsdestoweniger gehört diese Partitur zum Klangmächtigsten und Farbigsten, was diese Zeit der musikalischen Hypertrophien hervorgebracht hat. Wenn auch die Analogie zu Makartschem Dekorationspomp nicht immer von der Hand zu weisen ist, so ist es doch allemal ein klingendes Zeitzeugnis erster Güte. Der Pianist Paul Wittgenstein, der im l. Weltkrieg seinen rechten Arm verloren hatte, entwickelte sich in den folgenden Jahren zum Spezialisten für links-händige Klavierwerke und bestellte diese - wie einst die großen Mäzene - bei namhaften Komponisten. So besaß er Konzerte und Kammermusik von Richard Strauss (Parergon zur Sinfonia domestica op. 73 und Panathenäenzug op. 74), Paul Hindemith, Serge Prokofiev, Maurice Ravel, Benjamin Britten, Franz Schmidt u. a. 1923 bot er Korngold, der sich nach dem Welterfolg der >Toten Stadt< auf der Höhe seines Ruhmes befand, um ein Konzert, das dieser noch im selben Jahr fertigstellte.
Das Klavierkonzert in Cis op. 17 ist eines der sonderbarsten lnstrumentalwerke, die in diesem Jahrhundert geschrieben wurden, und auch in Korngolds Schaffen nimmt es einen fremdartigen Rang ein. Nicht nur die formale Lösung, die Korngold für das großangelegte einsätzige Werk fand, auch lnhalt und Musiksprache sind von erstaunlicher Eigenwilligkeit und einer bei Korngold sonst selten zu findenden Sprödigkeit. In seiner Mischung aus heterogensten Stilmerkmalen, wie Makartschem Pomp und verinnerlichter, impressionistischer Klangmalerei, nimmt es die kontrastreichen, illustrativen Mittel der Filmmusik vorweg, zumal Korngold auf sinfonische Verarbeitung im traditionellen Sinne weitgehend verzichtet. Der höchst anspruchsvolle Klavierpart wird nie solistisch -virtuos behandelt, sondern dem groß-besetzten Orchester gleichberechtigt gegenübergestellt.
Die Stärken des Werkes liegen sicherlich in seinen lyrischen, oft wie improvisiert wirkenden Partien, die Korngold zudem noch in höchst raffinierte Klangfarbenkombinationen einband (Harfe, Celesto, Glockenspiel, Xylophon); während dem ersten beherrschenden Hauptthema eine etwas aufgesetzt wirkende pomphafte Gigantomanie zu eigen ist - die Vortragsbezeichnung >Heldisch, mit Feuer und Kraft< lässt schon diesbezügliches erahnen.
Dieses l. Thema hat den typisch Korngoldschen schwunghaften Aufwärtsimpuls, der aber, seltsam paradox, trotzdem nichltvom Fleck zu kommen scheint. Das 2. Thema >Ruhig, weich und gesangvoll< ist ähnlich auftaktig bestimmt, bildet ober den lyrischen Gegenpol.
Der 3. Abschnitt >Ziemlich rasch, burlesk und lustig< hat Scherzo-Charakter und ist chromatisch geprägt.
Ein prägnantes Posaunenmotiv, wie eine Fanfare, leitet zum Durchführungsteil über, der mit seiner ganz eigenen, atmosphärischen Aura (>geheimnisvoll, nebelhaft und seiner Klangmagie zum besten gehört, was Korngold geschrieben hat. Die Motive der Themen 1 und 2 werden verfremdet und durchchromatisiert und in diese Schilderung einer mystischen, imaginären Traumwelt, in der übrigens auch die vier Jahre vorher entstandene >Tote Stadt< beheimatet war, miteinbezogen. Der nun folgende >Reigen< (schwebend, mit Anmut) muss dramaturgisch als retardierendes Element und intermezza vor der Reprise angesehen werden, ist kompositorisch aber wohl der schwächste Teil des Werkes, zumal die Thematik hier sehr bloß bleibt. Die Reprise der Abschnitte 1 -3 ist sehr erweitert, besonders das lyrische 2. Thema wird erheblich breiter ausgesponnen als in der Exposition. Das ehemals burleske 3. Thema bekommt nun durch schärfere Rhythmisierung apotheatischen Schlusscharakter, wird aber in der Coda immer wieder vom hartnäckig sich durchsetzenden Auftaktmotiv des Anfangs verdrängt, das nun die Oberhand behält und das Konzert zu einem wuchtigen, pomphaften Abschluss bringt.
Die Baby-Serenade op. 24 schrieb Korngold 1928 aus Anlaß der Geburt seines zweiten Sohnes Georg (des späteren berühmten Filmmusik-Produzenten, der so viel für die diskographische Verbreitung der Werke seines Vaters getan hat). Obgleich das kleine Werk noch lange vor Korngolds Amerikazeit in Wien entstand, hat es doch aufgrund der aparten Instrumentation mit drei Saxophonen und Banjo und den leichten Jazz-Anklängen im l. Satz zumindest einen amerikanischen >Akzent<. Nach der schwungvollen Miniatur-Ouvertüre führt ein Walzer-Wiegenlied wieder nach Wien zurück. Ein kleiner Masch, Molto Allegro, lässt dann die Spielzeugwelt des Kindes aufmarschieren. Der 4. Satz ist ein weiteres kleines Scherzo, Molto comado, das mit Holzblock und Col-legno-Technik in den Streichern hübsche Effekte erzielt. Den Abschluss bildet ein Wiegenlied in Menuett- Form, in dessen bewegterem Mittelteil drei Kinderlieder (Hänschen klein, Oh Du lieber Augustin und Kommt ein Vogel geflogen) kunstvoll zitiert werden. Die Serenade ist ein schönes Beispiel dafür, wie leicht es Korngold fiel, den Unterschied zwischen U- und E Musik aufzuheben.
>Mein Ziel war stets, für den Film eine Musik zu schreiben, die seiner Handlung und Psychologie gerecht wird und die sich trotzdem - losgelöst vom Bild -. im Konzertsaal behaupten kann< Musikalische Autonomie und bildgebundene Funktionalität sollten also zur Deckung gebracht werden -, wir erinnern uns an die Charakterisierung seiner Filmmusik als >Opern ohne Worte<.
Wohl nirgends ist Korngold dieses Ziel so überzeugend gelungen wie in seinem Cellokonzert in C op. 37. Es entstand 1946 als Bestandteil der Musik zu >Deception<, einer dramatischen Dreiecksgeschichte zwischen einem Cellisten, einem Komponisten und dessen Schülerin, einer Paraderolle für Bette Davis. lm Film, in dem die Uraufführung eben dieses Cellokonzertes eine dramaturgisch wichtige Rolle spiet - immerhin hatte die Hauptdarstellerin eine Viertelstunde vorher den Komponisten erschossen - konnte aus Zeitgründen nur eine stark verkürzte Fassung Verwendung finden, und so veröffentlichte Korngold das nur 15minütige Werk gesondert. Es ist in seiner Gedrängtheit von geradezu atemberaubender Energie, formal ein Meisterwerk an logischer Geschlossenheit, und angesichts des virtuosen und dankbaren Soloparts gehörte es in das sowieso schon schmale Repertoire eines jeden Cellisten.
Ein äußerst farbiges Changieren zwischen C-Dur und c-moll charakterisiert das kraftvolle 1. Thema, das gleich zu Beginn noch drei akkordisch geprägten Einleitungstakten vom Solocello intoniert wird. In rhythmisch prägnanterer Form übernimmt dann das ganze Orchester, bevor sich, wieder im Cello, in großen melodischen Bögen das 2.Thema >molto cantabile< direkt anschließt. Nach der Durchführung des ersten Themas leitet eine kurze Solokadenz zum langsamen Mittelteil >grave< über, dessen ausdrucksvolle Melodie starke Verwandtschaft mit dem 2. Thema zeigt.
>Allegro moderato< beginnt die Reprise, die Korngold sehr frei handhabt, indem er sie als erweiterte Durchführung des 1 . Themas gestaltet und noch einer virtuosen Schlußkadenz das Werk mit dem 2. Thema >grandioso< beschließt. Der reife Korngold zeigt sich hier - entgegen allen Klischees vom nur noch talentierten Filmmusikschreiber - ganz auf der Höhe seiner schöpferischen Kraft und der Fähigkeit, auf gedrängtestem Raum formal-musikalische Logik Gestalt annehmen zu lassen.
Die Symphonic Serenade op. 39 für Streichorchester schrieb Korngold in den Jahren 1947 / 48, also in der Zeit, in der er sich auf seine Rückkehr nach Europa, nach Wien vorbereitete. Er hatte schon von Amerika aus mit Wilhelm Furtwängler korrespondiert, der - ohne die Partitr gesehen zu haben - das Werk zur Aufführung annahm.
Diese fand am 12.1.1950 in Wien mit den Wiener Philharmonikern statt. Sie stand aber unter einem schlechten Stern. Für das äußerst schwierige und - von den technischen Anforderungen her - widerborstige Werk waren zu wenig Proben angesetzt, von denen Furtwängler die erste auch noch wegen Schneeverwehungen absagte, so dass der kranke Komponist selbst einspringen musste. Dann stellte sich heraus, dass Furtwängler doch nicht so gut vorbereitet war wie es hier nötig gewesen wäre.
Korngold schrieb über die Aufführung in einem Brief: >lm großen und ganzen ein würdiges Ereignis. Dass die Aufführung überhaupt gelungen ist, ist ein Wunder, nur durch die immer noch vorhandene Virtuosität und lmprovisationsbegabung der Philharmoniker erklärlich ...<
Die Serenade stellt hohe Anforderungen an das von Korngold geforderte groß besetzte Streichorchester und schwankt stilistisch zwischen herber, dissonanter Expressivität und weichem, im guter Sinne sentimentalem Wohlklang.
Der l. Satz, Allegro moderato, konfrontiere beide Pole auf engstem Raum untereinander. So ist gleich das 1.Thema (>schwebend<) einer der glücklichsten melodischen Einfälle Korngolds, eine weit geschwungene, sich stetig aufbauende Melodie von schönster Klarheit. Es folgt ein scharf rhythmisiertes Seitenthema (Allegro deciso) und das seltsam stockende, durch große Intervallsprünge geprägte 2. Thema. Die knappe Durchführung ist sehr bewegt und scheut auch harte Dissonanzen nicht. Ein >Misterioso< leitet zur Reprise über und >tranquillo< schließt der Satz mit dem I . Thema.
Der 2. Satz >lntermezzo<< ist ein spielerischer, vorbeihuschender Pizzicato-Satz, der zweimal von einem irrisierenden chromatischen Mittelteil kurz unterbrochen wird.
Das >lento religioso< ist der kompositorische Höhepunkt der Serenade, eine atmosphärische Verwandtschaft verbindet ihn mit den - zwei Jahre vorher entstandenen - >Metamorphosen< von Richard Strauss. Korngold ist hier zu einer ganz persönlichen, von Resignation, Verzweiflung aber auch Zuversicht geprägten Aussage durchgedrungen. So wird das erste, ausdrucksvoll in großer Kantilene geschwungene Thema durch den folgenden schlichten, choralartiqen Teil in seiner Intensität gesteigert. Ein erregter Appassionato-Mittelteil bringt mit Dissonanzen, harten Akzenten und extrem großen Intervallsprüngen in höchste Lagen einen denkbar großen Kontrast, bevor der Satz mit der erweiterten Wiederholung des l. Teils in stiller Resignation schließt. Das Finale >Allegro con fuoco< gibt sich mit seinen Story durchgehaltenen, fugiert einsetzenden Sechzehntel-Ketten äußerst widerborstig. Das zweite, lyrische Thema überrascht in dieser Umgebung durch seine Kontabilität und >Süffigkeit< ,wird dann aber auch durch die als Fuge gestaltete Durchführung des 1. Themas verdrängt, wie Korngold überhaupt in diesem Satz mit etlichen kontrapunktischen Finessen aufwartet. So zitiert er kurz vor Schluss noch einmal das schwebende Hauptthema des ersten Satzes, setzt ihm aber das Hauptthema des Finales als Kontrapunkt entgegen.
Dimitri Mikopoulos schrieb 1959: >Mein Leben lang habe ich das ideale moderne Werk gesucht: lch habe es in dieser Sinfonie gefunden. lch werde sie nächste Saison dirigieren.<
Der große Dirigent, der sein Versprechen nicht mehr einlösen konnte, sprach hier von Korngolds Sinfonie in Fis op. 40.
in diesem letzten großen Werk, das 1951 / 52 entstand, zog Korngold die Summe seines Lebenswerks. Resignation, Verzweiflung und optimistische Zuversicht holten sich in einem geschickt ausbalancierten Gleichgewicht die Waage. In seiner Ganzheit gesehen, ist es wohl Korngolds persönlichstes Werk, das in seiner Brüchigkeit den Zwiespalt des eigenen Lebensweges widerspiegelt. Die Widmung muss als Hommage an Amerika verstanden werden, das ihm - im Gegensatz zum geliebten Europa Schutz und Anerkennung nie versagte: Korngold war tief erschüttert, als Franklin D. Roosevelt starb und widmete die Sinfonie dem Andenken an den Präsidenten.
Der erste Satz, Moderato, ma energico, gehört mit seiner dissonanten und rhythmischen Zerrissenheit sicherlich zum >Modernsten<, was Korngold geschrieben hat. Synkopierte Schläge des gesamten Orchesterapparats (mit typischer Verstärkung durch Klavier, Celesto, Harfe, Marimba und Xylophon) und stürmische Skalen in den Streichern geben dem Satz sein Totentanz-ähnliches Gepräge.
Das Scherzo führt in eine gänzlich andere Welt. Wie eine virtuose Orchester-Tarantella wirbelt es vorüber, durch das zarte und durchsichtige Trio zweimal kurz unterbrochen. Gerade dieser Satz macht in seiner federnden Leichtigkeit die Meisterschaft Korngolds in der Orchesterbehandlung deutlich.
lm großangelegten Adogio, das zum Höhepunkt der Sinfonie wird, kehrt Korngold in die Tradition der Brucknerschen und Mahlerschen Sinfonik zurück. Das Hauptthema entnahm er seiner Musik zu >Anthony Adverse<, verwandelte es hier aber zu einem grandiosen Trauermarsch, der wie ein Abgesang auf eine für immer verlorene Zeit erscheint. Drei leidenschaftliche Höhepunkte werden angestrebt, ehe der Satz in stiller Resignation schließt.
Als wolle er alle düsteren Gedanken verbannen, gibt sich der letzte Satz, Allegro gaio, spielerisch und unbesorgt und ruft die abenteuerliche Welt der Errol Flynn-Filme noch einmal ins Gedächtnis zurück. Auch in der Form arbeitet Korngold nicht nach symphonisch-dualistischem Prinzip, sondern setzt durch Motivabspaltungen und Verwendung der vorhergehenden Themen episodenhaft ein kaleidoskopartiges Bild voller Abwechslung zusammen. Die Arbeit für den Film hatte den Komponisten doch nachhaltiger geprägt, als er selbst wahrhaben wollte.
Thema und Variationen op. 42 schrieb Korngold zusammen mit >Straussiana< 1953 für amerikanische Schulorchester. Luzi Korngold schreibt dazu in der Biographie ihres Mannes: >Die beiden Werkchen wurden in Los Angeles uraufgeführt, und Erich bemerkte wieder einmal mit abergläubischer Bestimmtheit: >Opus 42. Von Jugend an wusste ich, dass ich nicht mehr als op. 42 schreiben würde.< lch widersprach. In Wahrheit war er, wenn man seine Filmmusik mit einrechnete, weit über diese Ziffer hinausgekommen.<
Das Thema ist von Korngold selbst, er hat ihm ober die Bezeichnung >wie eine irische Volksweise< gegeben. Die sieben charakteristischen Variationen sind in Form und instrumentaler Farbe klar voneinander abgesetzt. In Variation 7, einem kleinen Marsch, ruft Korngold noch einmal die Erinnerung an seine Vertonungen der Abenteurerfilme aus der Errol Flynn- Zeit wach. Ein kleines Meisterwerk - mit leichter Hand hingeworfen.
Korngold war zeitlebens ein großer Johann Strauss-Verehrer. Als ihn 1923, im Jahr der Entstehung des Klavierkonzertes, Hubers Marischka, der Direktor des Theaters an der Wien, aufforderte, >Eine Nacht in Venedig< zu dirigieren, wurde daraus die erste der bald berühmten Korngoldschen Strauss-Bearbeitungen. Behutsam glättete er dramaturgische Schwächen, fügte neue Nummern ein oder machte einige notwendige Retuschen im Orchester. Was heute, im Zeitalter der Urtextausgaben und Originalklang-Bewegung wie ein Sakrileg aussieht, kam in den zwanziger Jahren, als Strauss fast vergessen war, einer Lebensrettung gleich: Korngold leitete damit eine Strauss-Renaissance ein, die sich in seiner Hollywood- Zeit auch auf Amerika erstreckte. So ist es nicht nur Zufall, dass sein letztes Orchesterwerk aus dem Jahre 1953 eine Hommage an den König der Operette geworden ist.
Straussiana entstand auf Bestellung eines Verlages für drakonische Schul- und Hochschulorchester, und ist, trotz der damit notwendigen Vereinfachung der instrumentalen Einsatzmöglichkeiten eine glänzend klingende Folge von unbekannteren Strauss-Melodien, hauptsächlich aus >Ritter Pazman<, geworden.
- Tracklisting
Disk 1 von 4 (CD)
- 1 Der Schneemann - Prld & Ser - Lajos Farkas
- 2 Der Schneemann - Entr'Acte - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 3 Schuaspiel - Ov Op.4 - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 4 Sinfonetta Op.5: Fliessend, Mit Heiterem Schwunge - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 5 Sinfonetta Op.5: Scherzo. Molto Agitato, Rasch Und Feurig - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 6 Sinfonetta Op.5: Molto Andante, Traumerisch - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 7 Sinfonetta Op.5: Finale. Patetico - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
Disk 2 von 4 (CD)
- 1 Viel Larm Um Nichts Op.11: Ov - Steven De Groote
- 2 Viel Larm Um Nichts Op.11: Madchen Im Brautgemach - Steven De Groote
- 3 Viel Larm Um Nichts Op.11: Holzapfel Und Schlehwein - Steven De Groote
- 4 Viel Larm Um Nichts Op.11: Intermezzo - Steven De Groote
- 5 Viel Larm Um Nichts Op.11: Hornpipe - Steven De Groote
- 6 Symphonic Ov 'Sursum Corda' Op.13 - Steven De Groote
- 7 Pno Con For The Left Hand Op.17 - Steven De Groote
Disk 3 von 4 (CD)
- 1 Baby Ser Op.24: Allegro Vivace - Julius Berger, Christian Bruning
- 2 Baby Ser Op.24: Molto Moderato - Julius Berger, Christian Bruning
- 3 Baby Ser Op.24: Molto Allegro - Julius Berger, Christian Bruning
- 4 Baby Ser Op.24: Molto Comodo - Julius Berger, Christian Bruning
- 5 Baby Ser Op.24: Tempo Di Minuetto, Molto Moderato - Julius Berger, Christian Bruning
- 6 Cello Con Op.37 - Julius Berger, Christian Bruning
- 7 Symphonic Ser Op.39: Allegro Moderato - Julius Berger, Christian Bruning
- 8 Symphonic Ser Op.39: Intermezzo - Julius Berger, Christian Bruning
- 9 Symphonic Ser Op.39: Lento Religioso - Julius Berger, Christian Bruning
- 10 Symphonic Ser Op.39: Finale - Julius Berger, Christian Bruning J
Disk 4 von 4 (CD)
- 1 Sym Op.40: Moderato, Ma Energico - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 2 Sym Op.40: Scherzo, Allegro Molto - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 3 Sym Op.40: Adagio - Lento - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 4 Sym Op.40: Finale, Allegro Gaio - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 5 Theme And Vars Op.42 - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
- 6 Straussiana - Nordwestdeutsche Phil/Werner Andreas Albert
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