Dieterich Buxtehude: Opera Omnia XIX (Vokalwerke 9) auf CD

Hauptaufführungsort für Dietrich Buxtehudes Vokalmusik war nicht der reguläre Gottesdienst an Sonntagen oder an kirchlichen Feiertagen, sondern eine Reihe von Abendkonzerten an der Marienkirche in Lübeck, die jährlich an fünf Sonntagen nach dem St. Martins-Tag (11. November) stattfanden. Diese "Abendmusiken", die zwischen vier und fünf Uhr am Abend stattfanden, schlossen unmittelbar an den Nachmittags-Gottesdienst an. Im Kontrast zu den Vokalwerken des Gottesdienstes, die inhaltlich der Liturgie folgten, waren die Abendmusiken keiner liturgischen Pflicht unterworfen und erhielten somit eine neue Dimension spiritueller Funktionalität sakraler Musik. Buxtehude hatte hier ein großes Maß an Handlungsfreiheit und so wählte er für diese Kompositionen Formen wie Arien, Konzerte und Kantaten, wobei die Texte von vielerlei Ursprung waren und biblische Texte ebenso beinhalteten wie mittelalterliche Lyrik, kirchliche Hymnen oder moderne Poetik in Deutsch und Latein.
Dies veranschaulicht die vorliegende Aufnahme eindrücklich. Der Großteil der Texte hat seinen Ursprung in den Psalmen und auch in den großen Themen der christlichen Theologie, aber enthält auch Quellen, die außerhalb des Kanons stehen wie beispielsweise die Corpus Christi Hymne des Heiligen Thomas von Aquin, “Pange lingua gloriosi corporis mysterium” (BuxWV 91). Von besonderer Berühmtheit sind auch die andächtig- und mystisch-poetischen Texte, die in Zusammenhang mit dem Pietismus des späten 17. Jahrhunderts stehen.