Karajans 1966er Aufnahme von Bruckners 9. Sinfonie
Ich habe den Eindruck, dass im Vergleich zur späteren Aufnahme von 1975, die im Rahmen der Gesamtaufnahme entstand, die nun auf SACD vorliegende frühere Aufnahme von 1966 eher geringe Wertschätzung und Aufmerksamkeit erfährt. Vielleicht täusche ich mich da auch. Aber im Vergleich zur 1975er Aufnahme wirkt diese frühere Aufnahme auf mich viel vitaler, unmittelbarer und letztlich musikalisch überzeugender - nicht zuletzt wegen der insgesamt zügigeren Tempi.
Mit der nun vorliegenden Ausgabe auf SHM-SACD wird nun vermutlich zum erstem Mal überhaupt das volle dynamische Potenzial dieser Aufnahme hörbar. Die originalen Masterbänder wurden im November 2024 in den Emil Berliner Studios nach dem neuesten Standards hochauflösend remastert. Dabei wurde offenkundig auch Wert darauf gelegt, den ursprünglichen Dynamikpegel der Masterbänder weitestgehend unangetastet zu lassen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn auf CD-Veröffentlichungen wurde zum Teil massiv in den Dynamikbereich eingegriffen.
Ich habe beispielsweise diese SHM-SACD mit der entsprechenden CD aus der Karajan 1960's DG recordings Box verglichen. An zahlreichen Stellen, die durch (plötzlichen) Lautstärkeanstieg gekennzeichnet sind, wird auf der CD der Grundlautstärkepegel reduziert. Auf der SACD hingegen sind die Lautstärkespitzen intakt und nicht heruntergeregelt. Hörbeispiel: 1. Satz ab ca. 2:16 wird auf der CD die Grundlautstärke spürbar zurückgenommen und bis zum Eintritt des schroffen Hauptthemas im Unisono der Blechbläser (bei 2:26) so stark reduziert, dass dieser Themeneinsatz merkwürdig blass und (viel) zu leise ausfällt. Auf der SACD ist die gleiche Stelle dynamisch intakt, sodass der Themeneinsatz tatsächlich beeindruckend und wuchtig ausfällt.
Was den grundsätzlichen Klang (Dynamik einmal ausgenommen) dieser Aufnahme angeht, zeigt das neue Remastering eher geringe Unterschiede/Verbesserungen.
Nachtrag (16.12.24): Nach wiederholtem Hören muss ich meinen letzten Satz (allgemeine Klangverbesserung) etwas korrigieren, denn das Remastering zeigt doch deutlichere Unterschiede zu den bisherigen CD-Ausgaben, als ich anfänglich bemerkt hatte. Neben der bereits angesprochenen Wiederherstellung der originalen Dynamikpegel zeigt sich vor allem eine bessere Abbildung der mittleren und tiefen Frequenzbereiche. Dadurch gewinnt der Orchesterklang signifikant an Substanz. Basslinien und die bei Bruckner häufigen Orgelpunkte werden nun realistischer hörbar.