Vladimir Sofronitzky - Historical Russian Archives auf 9 CDs

Rezension:

»Unser Bild der russischen Klavierschule wird vom Doppelgestirn Richter-Gilels geprägt, von den Polen verzehrender Intensität und solider Kraft. Doch unter den Experten, die seine seltenen LPs besaßen, war immer die Rede von Vladimir Sofronitzky, jenem Zauberer, dessen Spiel Räume jenseits dieser doch unübertrefflich scheinenden Kunst zu öffnen vermöge. Sofronitzky war ein Nervöser, von wetterwendischem Humor, labil, charmant, genial ... Einer, der Chopin unerhört frei und schillernd spielte. Der Satz scheint, in feinste Farbpartikel zerstiebend, sein irdisches Gewicht zu verlieren, wenn er das oft lastende Akkordwerk des As-Dur-Pré – lu des durchlichtet und die Diskant-Me lo – die befreit darüber singt. Es wirkt launenhaft, wie er die Wogen des ersten Scherzos immer wieder auslaufen lässt, doch unverhofft beginnen die rezitativischen Ein – würfe magisch zu sprechen. Dem flüchtigen, schwebenden Wesen dieser Kunst – ein strömendes Wunder ist Beethovens ›Pastorale‹ – tritt aber gelegentlich eine geradezu verstörende Vehe menz entgegen. Das Andante aus Schu berts B-Dur-Sonate erhebt er zu tragischer Größe. Wuchtig pocht die Achtelfigur in der Linken, als halle Beethovens Schick sals motiv wider. Der Dur-Umschwung kurz vor dem Ende hat nicht die Kraft, einen tröstlichen Beleuchtungswechsel zu initiieren. Skrjabin war seine narkotische Domäne. Als erzeuge er seine Klänge auf andere Weise, treten noch die dichtesten Passagen in einen zart schwebenden Aggregat – zustand, wird das Massigste zart und transparent. Das zumeist totgetrampelte Allegretto der dritten Sonate wirft er so federnd und elegant hin, dass die Fortissimo-Steigerung am Ende auch einmal richtig wirkt. Als sei das alles gar nicht schwer und bloß betörendes Spiel.« (Matthias Kornemann in FonoForum 11 / 08)