33 CDs Sviatoslav Richter Solo bei Decca - und nichts Neues zu entdecken ...
„Sviatoslav Richter - Solo Recordings“ ist eine Zusammenstellung von Decca und umfasst 33 CDs. Zu den Interpretationen sage ich hier weniger, eher öfters zur Qualität der Aufnahme. Meine Besprechung zielt darauf, dem Sammler und Verehrer Richters Kunst einen Anhaltspunkt über den Inhalt der Box und die Veröffentlichung zu geben – vielleicht auch über Alternativen zu diesen Aufnahmen nachzudenken. Manches liegt ja als Doublette in anderer Aufnahme aus anderer Zeit vor…
Deshalb stelle ich hier zusammen, was schon die letzten Jahre wie veröffentlicht war und noch bei Amazon geführt ist. Ich gebe die ASIN-Nummer an, die Sie kopieren können und hier bei Amazon in der Suche einfügen. Dann erscheint sofort die CD:
CD 1+2: J.S. Bach Englische Suiten Nr. 3,4, 6, Französische Suiten Nr. 2,4,6 = identisch Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.8“ - B000VLQDRC
CD 3: J.S. Bach Italienisches Konzert, Französische Ouverture 4 Duetti = identisch mit der ersten der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.9“ - B000VLQDRW
CD 4+5: Beethoven Sonaten Nr. 19, 29, 22, 23, 30, 31, 32 = identisch Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.1“ - ASIN B000O77PZ2
Die CD5 (Sonaten Nr. 30, 31, 32) stellt für mich die vier vorausgegangenen klanglich weit in den Schatten. Endlich kein schwammiges und halliges Klangbild. Da höre ich doch lieber hin und auch gleich viel mehr von der Interpretation Richters … ;-) – hier von mir für die Interpretation **** bis ***** Sterne
CD 6: Beethoven Sonaten Nr. 9, 11, 12, 27 = identisch mit der zweiten der Doppel-CD Philips „Richter – The authorised Recordings“ - ASIN B000004175
Bei dieser CD gibt es durch die Aufnahmetechnik bei Forte-Anschlag heftiges Rumpeln, besser Schläge (Pedal durch vom Aufnahmegalgen oder Bodenmicro nicht entkoppelten Fußboden?) in tiefsten Frequenzen, was schon etwas irritiert …
CD 7: Beethoven Sonaten Nr. 18, 28, Rondo op. 51, Nr. 1 und 2 = identisch mit der ersten der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.4“ - ASIN B000PY302G
Ordentlich aufgenommen und phantasievoll und vital gespielt. Leider gibt’s ein leichtes Rumpeln im Bass. Warum man diese Frequenzen man einfach nicht raus oder zurück nimmt? Da ist doch sonst eh nichts …
Das gäbe es bei meinen eigenen Aufnahmen (JAW-Records) nicht – auch nicht das „sich Aushusten“ des Publikums … ;-)
CD 8: Beethoven Diabelli-Variationen op.120 = identisch mit der CD von Philips - ASIN B00DVTUSEU
Aufnahme ok (wenn auch in den Spitzen etwas unnatürlicher Klangfarbe bzw Reverb), konzentriert, phantasievoll und vital gespielt.
CD 9+10: Brahms Klaviersonaten Nr. 1 und 2, Paganini-Var, 4 Klavierstücke – Schumann Fantasie C-Dur = identisch mit der CD Decca „Richter – The Master Vol.7“ - ASIN B000VJ1H8Y
Wahrscheinlich gut gespielt – „wahrscheinlich“ deshalb, weil man über Richters Klang auf dieser Aufnahme wegen der Mikrophonpostierungen NICHTS sagen kann – da klingen ja die z.B. ersten elektrischen Aufnahmen von 1928 mit Moritz Rosenthal trotz Rauschen schon schöner und natürlicher nach Klavier.
Bei den Paganini-Variationen ist es am Anfang dann völlig grotesk: Es klingt wie ein elektronisches Zymbal mit einer Rhythmischen Base-Drum (durch Richters Pedaleinsatz)
Hat denn niemand mal eine Klangkontrolle bei der Aufnahme gemacht? Vielleicht ja nur auf den Pegel der Aussteuerung geschaut??? Als Bayer liegt mir jetzt da das eine oder andere Wort auf der Zunge …
Nun – seltsamerweise ist auch kein wirkliches Datum, Produzent oder Tontechniker angegeben.
CD 11: Schumann Marsch, Paganini-Konzertstudien, Novelette, Blumenstück, Nachstücke = identisch mit der 3CD-Box von Philips „Richter – The authorised Recordings“ - ASIN B00000416U
Wieder das Problem mit dem (wahrscheinlich) Pedalgeräusch als tiefe Bass-Frequenz. Zumindest klingen jetzt die Mitten und Höhen im Gegensatz zu CD 9 und 10 nach Klavier – wenn auch wenig ansprechend und etwas topfig.
CD 12: Nochmal die Beiden Brahms Sonaten – diesmal mit Angabe: Bibbiena Februar 1987 = identisch mit der CD von Decca „Richter spielt Brahms“ - ASIN B00000E54P – hier für die Interpretation von mir **** bis *****
Mit dem Stampf-Pedal muss man anscheinend leben… Wenns nur nicht noch so hervorgehoben wäre …
CD 13: Chopin Etuden op. 10 und 25 (jeweils Auswahl) + zwei Polonaisen = identisch mit der zweiten der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.9“ - ASIN B000VLQDRW
Endlich mal etwas rundum gelungenes! Aufnahme und Spiel gebe ich hier gern ***** Sterne!
CD 14+15: Chopin Préludes op. 28, Nocturne, Barcarolle op. 60, Polonaise op.61 + Liszt Sonate h-moll, Etudes d'exécution, 8 weitere Stücke = identisch mit der der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.10“ - ASIN B000Z89VRU
Nr. 1 bis 12 sind Mono-Aufnahmen – mit Angabe DDD von 1994 … *g* … Diese Aufnahmen scheinen also aus allen möglichen Zeiten zu stammen. Der Klang ist aber sehr ordentlich … Liszt wieder in Stereo und mit Pedal *g*
Die CD 15 klingt wunderbar und ist ebenso gespielt! ----- *****
CD 16: J. Haydn Sonaten Nr. 40, 41, 44, 52 = identisch mit der CD Decca „Richter spielt Haydn“ - ASIN B00000IP5C
Guter Klang, schönes Spiel. Ein vielschichtiger Haydn mit Gehalt ohne Mätzchen. ----- **** bis *****
CD 17: J. Haydn Sonaten Nr. 2, 24, 32, 46 = identisch mit einer weiteren CD Decca „Richter spielt Haydn“ - ASIN B00000IP5E
Wunderbar – aber das bekannte Thema der Subfrequenzen … trotzdem auf jeden Fall ****
CD 18: J. Haydn Sonaten Nr. 24, 52 + Weber Sonate Nr.3 = identisch mit der ersten der Doppel-CD Philips „Richter – The authorised Recordings“ - ASIN B000004175
Die Sonate 24 ist auf der CD 17 gelungener. Auch ist der Klang der Aufnahme hier wieder etwas dicker.
CD 19+20: W.A. Mozart Klaviersonaten KV 280, 333, 283, 533/494, 457 und Fantasie c-moll KV 475 = identisch mit der der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.2“ - ASIN B000O77PZC bzw. ebenso der Doppel-CD von Philips „Richter – The authorised Recordings“ - ASIN B00000416V
Aufnahme OK
CD 21: W.A. Mozart Klaviersonaten KV 282, 545, 310
= identisch mit der Philips-CD „Mozart Sonaten“ B00000E3WN
CD 22+27: Prokofieff Legende, 10 Stücke aus Visions fugitives, 2 Stücke aus op.32, 5 Stücke aus Cinderella + Schostakowitsch 6 Préludes aus op. 87 + Scriabin Poème op.61, zwei Danse op.73, Vers la flame op.72, Fantasie op.28 + Prokofieff Klaviersonaten Nr. 4 und 6 = identisch mit der der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.3“ - ASIN B000O77PZM
CD 23+24: Schubert Klaviersonaten D 894 + 575 + 940 = identisch mit der der Doppel-CD Decca „Richter – The Master Vol.5“ - ASIN B000PY302Q
Eine magische G-Gur, eine im Kopfsatz etwas arg zergrübelte „Reliquie“ - die gar keine ist, weil sie vier Sätze hat … ----- gerne für Aufnahme und Spiel **** bis *****
CD 25: Schumann Marsch, Waldszenen (komplett), Fantasiestücke, Novelette, Toccata = identisch mit der der CD von Deutsche Grammophon „Fantasiestücke Waldszenen“ (nur deren Abegg-Variationen sind auf CD 30 – warum auch immer) - ASIN B00000E53F
Die nach wie vor wunderbare Aufnahme von 1956 der Waldszenen und Fantasiestücke – sehr guter Mono-Kang. Tja, damals war es anscheinend noch weniger Problem, ein Klavier aufzunehmen … ----- *****
CD 26: Schumann 4 Fugen, Marsch, Blumenstück, Nachtstücke
Aufnahme Bibbiena 1986 = identisch mit Decca CD Blumenstück Nachstücke - ASIN B00000E54O
Gut, auch die Aufnahme ist OK ---- ****
CD 28: Chopin Poloniase op.61, Ballade Nr.4, Etudes Op.10, Nr. 1 und 12 + Debussy drei Estampes + Scriabin Klaviersonate Nr.5 + Rachmaninoff 6 Préludes
Das ist die einzige CD, bei der ich keine identische Entsprechung gefunden habe (1956-62), aber die Aufnahmen sind auch auf z.B. der CD-Box „Sviatoslav Richter – Pianist of the Century“ ASIN B00ICPGIRY
Sehr gute Interpretationen, gute Aufnahmen, teilweise in Mono ----- **** bis *****
CD 29: Haydn Sonate Nr.44 + Chopin Ballade Nr. 3 + Debussy 3 Préludes + Prokofieff Sonate Nr.8
Die CD 28 zum Teil und CD 29 ganz sind auf der Doppel-CD Deutsche Grammophon „Sviatoslav Richter - In Memoriam“ B001ST1Y1Q
CD 30+31: Prokofieff Sonate Nr.2 + Strawinsky Piano-Rag-Music + Schostakowitsch 2 Preludes und Fugen + Webern Variationen op.27 + Bartok 3 Burlesken + Szymanowski Metopes + Hindemith Suite 1922
= Identisch mit der Doppel-CD „Richter in Wien“ von Philips B00000E54N
Leider nicht sonderlich gut im Klang, belegt und ziemlich weit entfernt.
CD33: Sophia-Konzert 1958 - Mussorgsky Bilder + Schubert Moment Musicaux Nr.1, 2 Impromptus + Chopin Etude op.10, Nr.3 + Liszt 2 valses oubliée, 2 Etudes d'exécution + Rachmaninoff Prélude op.32, Nr.13 = identisch mit CD von Philips ASIN B0000523QI
GESTALTUNG DER BOX
Die Box ist stabil, auch das Verbindungsstück - im Gegensatz zu großen EMI-Boxen (z.B. Cziffra, Cortot), das dort leicht knickt oder schon geknickt per Post kommt.
Sehr erfreulich finde ich die einzelnen nummerierten und beschrifteten Papphüllen für die CDs. Das erleichtert die Handhabung gegenüber den früheren einfachen Papierhüllen (dann noch oft zum zukleben!) und das Auffinden von Titeln. Die CDs gehen leicht aus den Hüllen – auch das ist ein unschätzbarer Vorteil, der deutliche Fingerabdrücke an den Rändern der CDs ersparen hilft.
Allerdings gibt es hier editorisch schon ein erstes kleines und überflüssiges Versäumnis: Warum ist auf den Vorderseiten der Hüllen keine Nummer zu sehen? So muss man die CDs grundsätzlich erst einmal umdrehen um zu wissen, was man in der Hand hat.
BOOKLET
Das Booklet hat nur vier (!) Seiten Text - auf Englisch und auf Italienisch in meiner Ausgabe. Möglicherweise gibt’s auch eine mit deutschen Text - aber bei den vier Seiten ist das wohl auch egal … Der Text ist ja schnell per Google-Übersetzer gelesen, falls Englisch Ihnen Probleme macht. Das 33-seitige Heft führt ansonsten Werke und Tracks, Spielzeiten der Sätze (aber nicht der Gesamtwerke oder der gesamt-CD) auf und … ja - jetzt kommt es:
Ganz am Ende des Booklets sind auf drei Seiten spärliche Angaben zu Aufnahmedaten und Ort, Produzent und Tontechniker für alle 33 CDs in der Reihenfolge der CDs.
Zudem gibt es keine Auflistung der Werke nach Komponisten, was bei solch einer großen Kollektion, die auch noch für den, der die originalen LPs / CDs nicht im Kopf hat, völlig wirr angeordnet ist. Es wäre auch pro CD obenan ein Hinweis auf die originale Platte sinnvoll gewesen, wenn schon diese einfach übernommen wurden.
Diese überaus lieblose Gestaltung des Booklets gibt hier einen Punkt Abzug. Der Hörer möchte ja (möglichst schnell) das Stück finden, das er sucht und auch auf einfache Art umfassend informiert sein. Alle diese Punkte gehen hier leider fehl. Das hat Sviatoslav Richter nicht verdient.
Apropos „verdient“: Hat die DG, Philips und Decca nicht im Laufe der Jahrzehnte die paar Euro an seinen Platten eingenommen, um solch einem Booklet ein paar Seiten und Bemühungen (Register, intelligente Auswahl, informativer Text) mehr zu geben?
Falls es an der Kalkulation hängt: Da wird jeder Käufer solch einer Box (wie auch bei den Boxen von Emi mit dem gleichen Problem) gern drei Euro mehr ausgeben! Dicke Sammlungen mit Pianisten wie Richter, Curzon, Haskil, Cortot, Ciccolini, Cziffra oder Dirigenten wie Britten, Sargent, Silvestri usw. kauft doch niemand, dem im Grund ziemlich egal ist, was er jetzt grade mal aus der Box zieht und auflegt – und was er dann hört. Solche Kundschaft sind ausgesprochene Kenner und Liebhaber…
DIGITALE TRANSFERS
Die digitalen Transfers von dem analogen Bändern sind allesamt sehr gut. Allerdings habe ich längst nicht alle Aufnahmen als vergleich vorliegen. Mein Ohr sagt mir aber, dass es keine wesentlichen klanglichen Beschneidungen gibt.
FAZIT: Ja – diese Edition jedem zu empfehlen, der Musik der Musik halber kaufen möchte. Will damit sagen: Diese Box ist durchaus nicht nur etwas für Richter-Fans!
Wer noch nicht allzu viele der Aufnahmen auf CD zuhause hat, sollte sich die Anschaffung wirklich überlegen. Es gibt quasi keine wirklichen „Ausfälle“, die in Kauf zu nehmen sind, was bei solch einer großen Zusammenstellung Seltenheitswert hat.
Wer schon fast alles sein eigen nennen kann: Vorteil der Box ist natürlich das Sparen des Platzes, manches neue bessere Mastering (unbedingt vor dem weggeben der alten CDs alles vergleichen!). Die Nachteile sind schon zur Genüge erwähnt!
Von mir knappe vier Sterne für diese Edition insgesamt – aber nur wegen des zum Teil wundervollen Spiels Sviatoslav Richters! wenn ich den Preis mit einbeziehen würde (was ich in Besprechungen nie tue, da es sich mir ausschließlich um die Qualität dreht – gepaart mit Repertoirewert!) und dagegen tatsächlich die Sache mit dem Booklet und die zum Teil absolut katastrophale Aufnahmetechnik (besser: Mikrophon-Postierung) stellen würde, dann kämen höchstens drei Sterne dabei heraus!
Liebe DECCA: Bitte mal online zu solchen Boxen ein Komponisten-Register bereitstellen - und für die Richter-Box unbedingt Angaben der Aufnahmedaten! Das geht wirklich gar nicht, auch gehört zumindest ein Aufnahmejahr auf die jeweiligen Hüllen, gerade bei Mehrfacheinspielungen! Besonders bei den anscheinend älteren Einspielungen bzw Konzerten (nicht genannte Mono-Aufnahmen mit DDD-Angabe) will das wohl jeder näher interessierte Hörer wissen!
Ach ja - nochmal zur Überschrift. Es scheint also kein einziges Stück in dieser Box zu sein, dass nicht schon von Polygram veröffentlicht worden ist.