äußerst wichtige Wiederveröffentlichung!
SIBELIUS SINFONIEN-ZYKLUS mit ANTHONY COLLINS
Barbirolli, Bernstein, Sargent, Monteux, der frühe Karajan und viele andere haben uns unsterbliche Einspielungen der Sibelius Sinfonien hinterlassen: als Zyklus oder Einzelaufnahmen - sehr persönlich und unverwechselbar.
Der Sinfonien-Zyklus (plus Pohjolas Tochter, Nachtritt und Sonnenaufgang, Karelia Ouverture und Auszügen aus Peleas und Melisande) mit dem kaum (mehr) bekannten Dirigenten Anthony Collins und dem LSO ist unscheinbarer, unspektakulär und somit leicht zu "überhören" - vielleicht ja einfach deshalb, weil (Anfang der 50ziger Jahre) noch monaural aufgenommen.
BESTE MONOQUALITÄT
Was angesichts des Alters der Einspielung als erstes gleich auffällt - die Aufnahmequalität ist superb: eine vorzüglich klingende, völlig störungsfreie rauscharme Mono-Aufnahme, dankenswerterweise von der australischen Decca exzellent remastert (noch etwas besser als die ebenfalls schon gute Ausgabe von "Beluah"):
Die Balance ist sehr gut, mit klaren Farben und sehr großer Dynamik. Die Aufnahmen klingen ungemein präsent, Trompeten und Posaunen manchmal etwas scharf, weil sehr nah aufgenommen - aber das war halt die Klangphilosophie der Decca der 50ziger, 60ziger und auch noch 70ziger Jahre...
Insgesamt überwiegen aber die Vorteile solch einer direkten Tonabnahme - und sie kommt Collins Interpretationsansatz sehr entgegen. Besonders erwähnen möchte ich den homogenen Klang und das ausgefeilte Spiel der Streicher.
KLARHEIT OHNE NÜCHTERNHEIT
Collins Ansatz ist tendenziell eher zügig und klassisch streng, ähnlich mancher Karajan-Aufnahme, ohne wie dieser zu Glätten oder ins Weihevollen zu verfallen. Möglichweise passt ein Vergleich mit Toscanini sogar treffender...
Die Proportionen der Satzteile sind gut erfühlt und gewichtet, die thematische Arbeit ist deutlich hörbar, der innere Puls nie nachlassend, der Rhythmus geschärft. Zusammenhang und Spannungsbogen halten den Hörer bei der Stange (auch bei der Sechsten und Siebten). Der Detailreichtum und die harmonische Verständlichkeit sind atemberaubend. SibeliusŽ ganz eigenartige Nähe zu Beethoven ist überall präsent - das alles zusammen sind eine Menge Meriten, die für diesen Zyklus sprechen und ihm einen singulären Rang geben!
Wer die Sinfonien von Sibelius ohne viel "Deutung", aber mit all ihrem Feuer, Geheimnisvollen, Genialem und manchmal auch einfach nur abstrus Seltsamen quasi neu erleben oder einfach nur kennenlernen möchte: Die Aufnahmen von Collins sind nach wie vor eine klassische Einspielung, ein wohltuender Kontrapunkt zu vielen gewollt "nordisch vernebelten" Interpretationsansätzen. Anthony Collins versteht Sibelius Sinfonien als visionär, aber dennoch absolute Musik.
Sicherlich hört man auf manch neueren Aufnahmen noch weniger Intonationstrübungen der Holzbläser (die aber bei Collin nicht wirklich stören, ja manchmal SibeliusŽ harmonischen Kühnheiten noch betonen). Eine der besten und vielleicht auch vom Ansatz her am ähnlichsten Zyklen ist die digitale Stereoaufnahme mit Blomstedt bei Decca - aber etwas "braver" als Collins ...