Aaron Z. Snyders Nöte - oder die heutigen Möglichkeiten der Restaurationstechniken
Vor ein paar Jahren habe ich schon einmal den Beethoven Sinfonien-Zyklus von 1939 mit Toscanini besprochen - ebenfalls beim Label Music&Arts, ebenfalls von Aaron Z. Snyder remastert. Das war die Ausgabe von 2007; und nun schon wieder eine weitere, nur sechs Jahre später (2013)? Haben sich die technischen Möglichkeiten der Restauration in diesem Zeitraum so rasant entwickelt/verbessert?
Ich behaupte mal, dass der Grund für das neuerliche Remastering nicht neue Quellen (defintiv!) oder verbesserte Technik ist. Es ist wohl eher so, dass die Möglichkeiten der Aufbereitung von alten Aufnahmen mittlerweile so differenziert ist, dass mittels der feinsten Frequenzweicheneinstellungen und ausgeklügeltsten Rauschunterdrückungssysteme verschiedene klangliche "Philosophien" umgesetzt werden können: z.B. ein möglichst getreue Wiedergabe der Quellen mit allen "Zutaten" wie Rauschen Knistern Verzerrungen, um ja nichts am gespeicherten Klang zu verändern (so wie das Label PEARL das vor 20 Jahren konsequent praktiziert hat) - oder eine Wiedergabe, die möglichst den sinnlichen Eindruck des Hörens befriedigt und dafür mit allen erdenklichen technischen und physiologischen Tricks arbeitet. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich jedes Remastering - heute mehr denn je, denn die Möglichkeiten der Manipulation im feinsten Bereich sind sehr mannigfaltig geworden.
Nun zur vorliegenden Aufnahme:
Im Remastering von 2007 stand die Philosophie eines runden sehr fülligen farbigen Klangs (auch im Piano) im Vordergrund - meinen Ohren nach mit einer gewissen Kompression und auch deutlicherer Rauschunterdrückung in "Leerstellen" bzw. Passagen mit wenig Obertönen bzw. hohen Frequenzen: eine Lösung, die sehr geschmackvoll und befriedigend erreicht wurde. Der Ausgangspegel ist sehr hoch, quasi ein Remastering, das quasi sehr fürs Hören im Auto geeignet ist (was keine Kritik sein soll).
Im Remastering von 2013 hat sich Snyder wieder mehr auf den originalen Rundfunkklang besonnen. Minimalste Oberfläche ist nun durchgängig ohne Farbveränderung zu hören (was mir persönlich sympatischer ist, denn auf EINE Farbe hört man sich schnell ein) und das Klangbild ist wieder minimal schärfer und leicht enger (ganz so wie viele M&A klingen) als 2007.
Alles Unterschiedliche und Kritische bewegt sich aber im minimalen Bereich. Bei beiden Remasterings wurde durchaus mit Höhenabsenkungen zur Rauschminimierung gearbeitet, Artefakte (deutliche Verfärbungen, Farbveränderungen und klanglich "tote" Stellen) treten aber kaum auf. Alles in beiden Versionen ist gut zu hören!
Welche Version nun besser ist? Das lässt sich objektiv nicht sagen, es ist tatsächlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Wer die akustische Illusion einer „heutigen“ Aufnahme haben möchte, ist vieleicht mit der 2007 besser bedient - wer ein möglichst unverfälschtes Klangbild haben möchte, der sollte zur 2013 greifen. Beides macht Freude zu hören und man kann nicht dankbar genug sein, dass ein Hörvergleich dieses wunderbaren Live-Zyklus auf solch einem Niveau möglich ist!
Meinem Verständnis nach könnte es für die allermeisten Remasterings nur noch eine wesentliche Verbesserung geben: Die Verwendung eines wesentlich höheren Datenmenge/Frequenzbandes (40000 Hz), was der Farbigkeit, die Attacke und das Leuchten des Klangs stärkt und die Möglichkeiten der Bearbeitung des Trägerrauschens erweitert. Die Japaner haben da schon manches mit SACD-VÖs vorgemacht.
Auch für diese Ausgabe von 2013 gibt es von mir eine uneingeschränkte Kaufempfehlung! Insgesamt ist es bewundernswert, mit welch "heiligem Ernst" Remasterer wie Aaron Z. Snyder ihre Arbeit tun...