Antonio Vivaldi: Vivaldi - The Return of Angels
Vivaldi - The Return of Angels
CD
CD (Compact Disc)
Herkömmliche CD, die mit allen CD-Playern und Computerlaufwerken, aber auch mit den meisten SACD- oder Multiplayern abspielbar ist.
-
Juditha triumphans RV 644 (Ausz.);Laudate Dominum RV 606; Concerti RV 566 & 563; Motette "O qui coeli terraeque serenitas" RV 361; In exitu Israel RV 604; Et in terra pax aus Glora RV 588
+Zelenka: Gesu al Calvario (Ausz.)
- Künstler: Ensemble Caprice, Matthias Maute
- Label: Analekta, DDD, 2011
- Bestellnummer: 4303490
- Erscheinungstermin: 1.1.2014
Nach der ersten Aufnahme von Vivaldis geistlicher Musik durch das Ensemble Caprice (Gloria! Vivaldi und seine Engel) kehren wir in Vivaldis Venedig zurück und finden uns erneut in den engen Grenzen des Waisenhauses Ospedale della Pietà wieder, wo Vivaldi, der Rote Priester, ab 1703 den Waisenmädchen nicht nur Geige und Gesang (!) beibrachte, sondern auch viele seiner schillerndsten Konzerte sowie einen wesentlichen Teil seines hochinspirierten Korpus geistlicher Musik komponierte.
Bis heute scheint es fast unglaublich, dass diese sehr anspruchsvollen Partituren von jungen Frauen erfolgreich aufgeführt werden konnten. Gemessen an dem Berühmtheitsstatus, den sie in ganz Europa genossen, müssen ihre Konzerte jedoch von sehr hohem Niveau gewesen sein.
Natürlich beflügelte das malerische Szenario junger Frauen, die in der Kirche auftraten, zweifellos die Fantasie unzähliger Zuhörer, die von weit her kamen, um die musikalischen Wunder der Waisen in Venedig zu hören.
Im Jahr 1720 berichtete uns der englische Reisende Edward Wright folgendes über diese Ereignisse:
Jeden Sonntag und Feiertag gibt es in den Kapellen dieser Krankenhäuser eine musikalische Darbietung, vokal und instrumental, gespielt von den jungen Frauen des Ortes, die in einer Galerie oben sitzen und, obwohl sie keine Profess haben, durch ein Gitter aus Eisen vor den Blicken derer unten verborgen sind. Die Orgelstimmen sowie die anderer Instrumente werden alle von den jungen Frauen gespielt. Sie haben einen Eunuchen als Herrn, und er komponiert ihre Musik. Ihre Darbietung ist überraschend gut, und viele hervorragende Stimmen sind unter ihnen. Und das ist umso amüsanter, da sie vor den Blicken verborgen sind.
Es war sowohl absurd als auch komisch von Wright anzunehmen, dass der Komponist ein Eunuch war, aber es zeigt, wie die Fantasie der männlichen Zuhörer mitgerissen wurde, als sie diese himmlischen, engelhaften Klänge hörten, die von einem unsichtbaren weiblichen Orchester und Chor hervorgebracht wurden.
Nach einer Begegnung mit Vivaldi in Venedig im Jahre 1739 berichtete der französische Jurist Charles de Brosse:
... nehmen an jedem Konzert etwa vierzig Mädchen teil. Ich schwöre Ihnen, dass es nichts so Unterhaltsames gibt wie den Anblick einer jungen und hübschen Nonne in weißer Tracht, mit einem Strauß Granatapfelblüten über dem Ohr, die das Orchester dirigiert und mit aller nur denkbaren Anmut und Präzision den Takt schlägt.
Ein weiterer Beweis für die unglaubliche Qualität (und Anziehungskraft) dieser Konzerte wird von niemand geringerem als dem kultivierten französischen Philosophen (und Teilzeitkomponisten) Jean-Jacques Rousseau geliefert, der 1743 nichts als Lob für die Leistungen der jungen Mädchen übrig hatte:
Jeden Sonntag wird Vokalmusik für einen großen Chor mit großem Orchester, die von den größten Meistern Italiens komponiert und dirigiert wird, in abgesperrten Galerien ausschließlich von Mädchen aufgeführt, von denen die älteste keine zwanzig Jahre alt ist. Man kann sich nichts so Sinnliches, so Bewegendes wie diese Musik vorstellen.
Wenn man zum Beispiel weiß, dass J. S. Bach hörte seine eigene geistliche Musik nur öffentlich in der Kirche von Jungen und Männern und nie von Frauen gesungen. Wir können nur vermuten, wie sehr die Erregung durch diese aufregenden Gerüchte über den Frauenchor und das Orchester in Venedig die Fantasie der Musikliebhaber nördlich der Alpen angeregt haben muss.
Im Verlauf der vorliegenden Aufnahme bewegen wir uns von Vivaldis Beschreibung des Krieges zu seiner musikalischen Darstellung der Freuden des Friedens.
Juditha triumphans
Juditha triumphans aus dem Jahr 1716 ist das bekannteste der Vivaldi-Oratorien (von denen nur vier erhalten sind). Mit dem Untertitel Sacrum Militare Oratorium erzählt es die grausame alttestamentarische Geschichte von Judith, einer schönen Witwe, die von Gott auserwählt wurde, dem Leben des assyrischen Generals Holofernes – der ihre Heimatstadt zerstören wollte – ein Ende zu bereiten, indem sie ihn enthauptete.
Als das Oratorium komponiert wurde, befand sich die Republik Venedig in ihrem 6. Krieg gegen das Osmanische Reich, und trotz ihres endgültigen Triumphs im Jahr 1718 sah die Lage zwei Jahre zuvor nach zwei aufeinanderfolgenden vernichtenden Niederlagen durch die starke osmanische Armee ziemlich düster aus. In einem typisch barocken Crossover, das religiöse und weltliche Angelegenheiten auf demselben Schlachtfeld vermischte, zielte das Oratorium Juditha triumphans offensichtlich darauf ab, die Kriegsanstrengungen der Republik Venedig zu stärken.
Wir wissen, dass dieses Oratorium im Ospedale della Pietà aufgeführt wurde, wobei sowohl die Gesangs- als auch die Instrumentalpartien ausschließlich (junge) Frauen waren. Es konnte die ohnehin schon große Bandbreite exotischer Empfindungen nur noch verstärken, als der überwältigte Zuhörer diese jungen Frauen in Nonnentrachten in einen musikalischen Krieg verwickelt hörte.
Gloria, RV 588
Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass Vivaldis Talent auch auf die Darstellung des Friedens strahlte. Das eindringliche Plädoyer Et in terra pax (aus Gloria RV 588) mit seinen packenden harmonischen Spannungen dient als würdiger Abschluss dieser Aufnahme, in der der Krieg allmählich durch die Hoffnung auf Frieden ersetzt wird.
Psalmen, Konzerte, Motet
Auf dem Weg zum Frieden begegnen wir brillanten Psalmvertonungen mit kraftvollen Rhythmen in Chor und Orchester (In exitu Israel RV 604, Laudate Dominum RV 606), zwei virtuosen Konzerten für mehrere Solisten (RV 566 und RV 563) und einem wunderschönen Solomotett O qui coeli terraeque serenitas RV 631, das die Gelassenheit im Himmel und auf Erden lobt.
Vivaldi pflegte sowohl als darstellender Künstler als auch als Komponist eine enge Beziehung zu Dresden, dem Elbflorenz; seine Stücke wurden tatsächlich häufig am Hof aufgeführt. Einer seiner berühmten Kollegen in Dresden, Jan Dismas Zelenka, ließ sich offensichtlich von Vivaldis geistlicher Musik inspirieren, als er die herzzerreißende Klage Misera Madre komponierte, in der Marias Leiden am Fuße des Kreuzes für hohen Chor vertont ist. Dass der Übergang vom Krieg zum Frieden nicht immer leicht ist, wird an den markanten Dissonanzen in diesem Stück deutlich...
Und so wie unser Plädoyer für den Frieden hier mit Musik aus der Vergangenheit vorgetragen wird, hoffen wir inständig, dass in unserer Gegenwart und Zukunft Frieden herrschen möge: Et in terra pax!
© Matthias Maute, Montreal, 2011
Bis heute scheint es fast unglaublich, dass diese sehr anspruchsvollen Partituren von jungen Frauen erfolgreich aufgeführt werden konnten. Gemessen an dem Berühmtheitsstatus, den sie in ganz Europa genossen, müssen ihre Konzerte jedoch von sehr hohem Niveau gewesen sein.
Natürlich beflügelte das malerische Szenario junger Frauen, die in der Kirche auftraten, zweifellos die Fantasie unzähliger Zuhörer, die von weit her kamen, um die musikalischen Wunder der Waisen in Venedig zu hören.
Im Jahr 1720 berichtete uns der englische Reisende Edward Wright folgendes über diese Ereignisse:
Jeden Sonntag und Feiertag gibt es in den Kapellen dieser Krankenhäuser eine musikalische Darbietung, vokal und instrumental, gespielt von den jungen Frauen des Ortes, die in einer Galerie oben sitzen und, obwohl sie keine Profess haben, durch ein Gitter aus Eisen vor den Blicken derer unten verborgen sind. Die Orgelstimmen sowie die anderer Instrumente werden alle von den jungen Frauen gespielt. Sie haben einen Eunuchen als Herrn, und er komponiert ihre Musik. Ihre Darbietung ist überraschend gut, und viele hervorragende Stimmen sind unter ihnen. Und das ist umso amüsanter, da sie vor den Blicken verborgen sind.
Es war sowohl absurd als auch komisch von Wright anzunehmen, dass der Komponist ein Eunuch war, aber es zeigt, wie die Fantasie der männlichen Zuhörer mitgerissen wurde, als sie diese himmlischen, engelhaften Klänge hörten, die von einem unsichtbaren weiblichen Orchester und Chor hervorgebracht wurden.
Nach einer Begegnung mit Vivaldi in Venedig im Jahre 1739 berichtete der französische Jurist Charles de Brosse:
... nehmen an jedem Konzert etwa vierzig Mädchen teil. Ich schwöre Ihnen, dass es nichts so Unterhaltsames gibt wie den Anblick einer jungen und hübschen Nonne in weißer Tracht, mit einem Strauß Granatapfelblüten über dem Ohr, die das Orchester dirigiert und mit aller nur denkbaren Anmut und Präzision den Takt schlägt.
Ein weiterer Beweis für die unglaubliche Qualität (und Anziehungskraft) dieser Konzerte wird von niemand geringerem als dem kultivierten französischen Philosophen (und Teilzeitkomponisten) Jean-Jacques Rousseau geliefert, der 1743 nichts als Lob für die Leistungen der jungen Mädchen übrig hatte:
Jeden Sonntag wird Vokalmusik für einen großen Chor mit großem Orchester, die von den größten Meistern Italiens komponiert und dirigiert wird, in abgesperrten Galerien ausschließlich von Mädchen aufgeführt, von denen die älteste keine zwanzig Jahre alt ist. Man kann sich nichts so Sinnliches, so Bewegendes wie diese Musik vorstellen.
Wenn man zum Beispiel weiß, dass J. S. Bach hörte seine eigene geistliche Musik nur öffentlich in der Kirche von Jungen und Männern und nie von Frauen gesungen. Wir können nur vermuten, wie sehr die Erregung durch diese aufregenden Gerüchte über den Frauenchor und das Orchester in Venedig die Fantasie der Musikliebhaber nördlich der Alpen angeregt haben muss.
Im Verlauf der vorliegenden Aufnahme bewegen wir uns von Vivaldis Beschreibung des Krieges zu seiner musikalischen Darstellung der Freuden des Friedens.
Juditha triumphans
Juditha triumphans aus dem Jahr 1716 ist das bekannteste der Vivaldi-Oratorien (von denen nur vier erhalten sind). Mit dem Untertitel Sacrum Militare Oratorium erzählt es die grausame alttestamentarische Geschichte von Judith, einer schönen Witwe, die von Gott auserwählt wurde, dem Leben des assyrischen Generals Holofernes – der ihre Heimatstadt zerstören wollte – ein Ende zu bereiten, indem sie ihn enthauptete.
Als das Oratorium komponiert wurde, befand sich die Republik Venedig in ihrem 6. Krieg gegen das Osmanische Reich, und trotz ihres endgültigen Triumphs im Jahr 1718 sah die Lage zwei Jahre zuvor nach zwei aufeinanderfolgenden vernichtenden Niederlagen durch die starke osmanische Armee ziemlich düster aus. In einem typisch barocken Crossover, das religiöse und weltliche Angelegenheiten auf demselben Schlachtfeld vermischte, zielte das Oratorium Juditha triumphans offensichtlich darauf ab, die Kriegsanstrengungen der Republik Venedig zu stärken.
Wir wissen, dass dieses Oratorium im Ospedale della Pietà aufgeführt wurde, wobei sowohl die Gesangs- als auch die Instrumentalpartien ausschließlich (junge) Frauen waren. Es konnte die ohnehin schon große Bandbreite exotischer Empfindungen nur noch verstärken, als der überwältigte Zuhörer diese jungen Frauen in Nonnentrachten in einen musikalischen Krieg verwickelt hörte.
Gloria, RV 588
Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass Vivaldis Talent auch auf die Darstellung des Friedens strahlte. Das eindringliche Plädoyer Et in terra pax (aus Gloria RV 588) mit seinen packenden harmonischen Spannungen dient als würdiger Abschluss dieser Aufnahme, in der der Krieg allmählich durch die Hoffnung auf Frieden ersetzt wird.
Psalmen, Konzerte, Motet
Auf dem Weg zum Frieden begegnen wir brillanten Psalmvertonungen mit kraftvollen Rhythmen in Chor und Orchester (In exitu Israel RV 604, Laudate Dominum RV 606), zwei virtuosen Konzerten für mehrere Solisten (RV 566 und RV 563) und einem wunderschönen Solomotett O qui coeli terraeque serenitas RV 631, das die Gelassenheit im Himmel und auf Erden lobt.
Vivaldi pflegte sowohl als darstellender Künstler als auch als Komponist eine enge Beziehung zu Dresden, dem Elbflorenz; seine Stücke wurden tatsächlich häufig am Hof aufgeführt. Einer seiner berühmten Kollegen in Dresden, Jan Dismas Zelenka, ließ sich offensichtlich von Vivaldis geistlicher Musik inspirieren, als er die herzzerreißende Klage Misera Madre komponierte, in der Marias Leiden am Fuße des Kreuzes für hohen Chor vertont ist. Dass der Übergang vom Krieg zum Frieden nicht immer leicht ist, wird an den markanten Dissonanzen in diesem Stück deutlich...
Und so wie unser Plädoyer für den Frieden hier mit Musik aus der Vergangenheit vorgetragen wird, hoffen wir inständig, dass in unserer Gegenwart und Zukunft Frieden herrschen möge: Et in terra pax!
© Matthias Maute, Montreal, 2011
- Tracklisting
- Details
- Mitwirkende
Disk 1 von 1 (CD)
Juditha Triumphans R 644 / Oratorium in 2 Teilen (Cassetti) Ausschnitte
- 1 Teil 1, 1 Arma, caedes, vindictae, furores (Chor)
- 2 Teil 1, 11 O quam vaga, venusta, o quam decora (Vagaus, Quartett)
- 3 Teil 2, 20 Armatae face et angulibus (Vagaus)
- 4 Teil 1, 24 Mundi Rector de caelo micanti (Chor, 2 Frauen)
- 5 Teil 2, 9 Plena nectare non mero (Chor)
- 6 Teil 2, 18 Si fulgida per te (Abra)
- 7 Teil 2, 23 Salve invicta Juditha formosa (Chor)
Concerti F 12 / (Konzerte für verschied. Ensembles) zum Teil bearbeitet Nr. 31 (d-moll, PV 297 R 566 für je 2 Blockflöte
- 8 1. Satz: Allegro assai
- 9 2. Satz: Largo
- 10 3. Satz: Allegro
- 11 Laudate Dominum R 606 (Psalm 116)
- 12 Gesù al Calvario Z 62 (1735) / Passions-Oratorium (Boccardi) O figlie die Sionne (Rezitativ)
- 13 Gesù al Calvario Z 62 (1735) / Passions-Oratorium (Boccardi) Misera Madre (Duett)
- 14 In exitu Israel R 604 (Psalm 113)
O qui coeli terraeque serenitas R 631 Es-dur ((op. 101, 6) Motette für Sopran, Streicher und B. c.)
- 15 Nr. 1 O qui coeli terraeque serenits (Allegro)
- 16 Nr. 2 Fac ut sordescat tellus (Rezitativ)
- 17 Nr. 3 Rosa quae moritur (Arie)
- 18 Nr. 4 Alleluia (Allegro)
Concerti F 12 / (Konzerte für verschied. Ensembles) zum Teil bearbeitet Nr. 50 (D-dur PV 210, R 563 für 2 Oboen (Trompet
- 19 1. Satz: Allegro
- 20 2. Satz: Grave
- 21 3. Satz: Allegro
- 22 Gloria R 588 D-dur / op. 109, 7 (m.Introduktion R 639 A) 2. Satz (Et in terra pax)
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