Mustergültige Interpretationen!
Durch überraschend gute Erfahrungen mit Aufnahmen von Alfén (4te), Skrjabin (alle Sinfonien) und Myaskovski (alle Sinfonien) aus dieser Svetlanov-Reihe von Warner angeregt habe ich nach langem Zögern auch den Kauf der Glasunov-Box gewagt - und wie froh bin ich jetzt darüber, mich dazu überwunden zu haben!
Viele Jahre lange habe ich immer wieder versucht, mich mit diesem Komponisten anzufreunden und war dann neben vielem Schönen doch auch immer wieder stellenweise gelangweilt oder fand etwas unstimmig, zu lang oder uninspiriert. Von Mravinskys 4ter und 5ter war ich begeistert, die 3te mit Butt hat mich zum großen Teil überzeugt. Mit Serebrier bin ich trotz des feinen Orchesterspiels noch nocht so ganz warm geworden (kommt jetzt vielleicht nach dem "Svetlanov-Erlebnis" noch, denn Serebrier erkennt durchaus die Seele der Werke), Ivanov klingt mit einfach zu grob und ungeschickt aufgenommen. In Otaka habe ich etwas reingehört und es zündet nicht bei mir. Die Aufnahmen mit Rozhdestvensky kenne ich noch nicht.
Svetlanov hat es geschafft, mir alle Werke näher zu bringen - und das ist das allergrößter Kompliment, dass ich einem Dirigenten nur machen kann! Er kennt die Werke von innen(!) heraus so gut und liebt(!) sie offensichtlich so sehr, dass ihm alles(!) überzeugend gelingt. Er versteht über den Mut zur klanglicher visionärer Größe, manchmal jugendlich unbekümmerter Frische, starker und tief empfunder lyrischer Intensität und immer hervorragender und raffinierter rhythmischer Prägnanz (welche im lyrischen durch leichtes Stauen und wieder Fließen lassen ein "russisches Wiegen" und in Scherzi Tänzerisches ergibt) allen scheinbaren Schwächen Sinn und den Werken einen großen Zusammenhang und Größe zu geben! Oder er zeigt einfach nur das in den Sinfonien, was andere nicht zu sehen oder zumindest nicht auszudrücken vermögen . . .
Das Orchester spielt ebenso mit Herzblut und großer (intonationssauber und von Svetlanov animiert teilweise höchst virtuos) Orchesterkultur - selbst die Holzbläsersoli sind ganz hervorragend. Auch wenn Svetlanov oft kräftig zupacken und manchmal in rasantem Tempo die Fetzen fliegen lässt, so wirkt doch nichts grobschlächtig umgesetzt - besonderns weil immer auf Disziplin, rhythmisches Federn und eben die schlüssige Stimmigkeit solchen Tuns im Zusammenhang geachtet wird.
Die Übernahme der Melodiya-Aufnahmen (Moskau, 1989-1990) durch Warner ist klanglich ausgezeichnet gelungen. Der Höreindruck des Orchesters ist durchweg in "mittlerer Entfernung" - also keine nahe Tonabnahme, aber auch kein verschwimmen der Details im deutlich vorhandenen Raumklang. Es ergibt sich ein ziemlich natürliches und klares Klangbild mit weitem aber angenehmen Raumklang, in dem sich alle durchaus verhandene klangliche Pracht entfalten kann.
Die CD-Box ist stabil, die CDs sind in 6 Pappschubern untergebracht - somit ist das Ganze mit 3 cm Dicke auch platzsparend :-)
Ein kleiner aber wirklich ärgerlich doofer (weil unsinniger und einfach vermeidbarer) Unsinn ist, dass die Pause zwischen zwei Werken auf einer CD manchal nur eine(!) Sekunde beträgt - also wesentlich weniger als zwischen einzelnen Sätzen einer Sinfonie. Nun jetzt weiß ich es und muss halt - so ablenkend es auch sein mag - im Geiste am Ende einer Sinfonie schon am Stopknopf sein. Das reicht aber ebensowenig wie das beigelegt Heftchen ohne Infos zu den Werken und zudem falscher Aufteilung nicht für einen Punktabzug und somit eine Schmälerung der großartigen Einspielungen.
Sowohl für an Glasunov neugierig Interessierte und Kenner und Verehrer seiner Sinfonien und Orchesterstücke unbedingt erste Wahl. Was die Lebendigkeit, Tiefe, Emotionaliät und Frische angeht kommt da vielleicht nichts Vergleichbares mehr nach! Svetlanov schafft zudem immer wieder wirklich magische Momente und zutiefst zu rühren. Ebenso versteht er die Momente hörbar zu machen, wo ein ganz neuer Wind durch die Partituren streicht.
P.S.:
Mein Exemplar hat auf CD 4 im ersten Satz der 6ten (Track 4) von etwa 1:40 bis 2:10 Minuten Probleme mit der Fertigung oder einen Masterfehler, sodass sich drei hörbare Knackser ergeben. Gibt es jemanden der eine eigene Erfahrung bezüglich dieses Fehlers hier kundtun kann?