Auf dem Weg in ein neues Zeitalter der Göttin des Himmelslichts…
Die Kinder von Nebra von Ulf Schiewe
„Kommt und folgt uns in dem Reigen. Wolln den großen Kreis beschreiben. Wenn die Felder golden stehen. Werden wir uns wiedersehen.“
Wer mich fragt, was ich an Geschichte und Archäologie so liebe, der versteht manchmal meine Antwort nicht, wenn ich ihm sage, dass es die Menschen sind. Ich sage ja immer: Andere Zeit, andere Errungenschaften, andere Erfindungen, aber dieselben Menschen mit denselben Gefühlen. DA werden Tonscherben ausgegraben, Knochen. Münzen, Ruinen und Ähnliches. Wie kann man davon also auf die Menschen schließen? Ganz einfach. Alles gibt uns Antworten auf die Lebensweise, und das ist wichtig. Aber nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht. Viel mehr interessiert es einen doch, was ein Mensch gedacht hat, während er zu einem Opferstein gegangen ist? Wofür hat er gebetet? War er verzweifelt, dass er seine Götter anrufen musste? Und wenn ja, weswegen? War derjenige vielleicht unglücklich verliebt? Oder hat er sich einfach nur eine gute Ernte gewünscht, um seine Familie ernähren zu können? Und dieser Tote, der da in der Erde liegt, wie ist er umgekommen? Wurde er gar ermordet? Und wenn ja, warum? Fragen die durchaus auch aus genau unserer Zeit kommen könnten. Und genau das ist das Faszinierende. Archäologie ist nicht nur einfach Dinge ausgraben, sondern es sind Hinterlassenschaften von Menschen, die vor uns lebten, und irgendwie damit eine Verbindung zu uns herstellen. Über Jahrhunderte, gar Jahrtausende hinweg. Und so verhält es sich auch mit der Himmelsscheibe von Nebra.
Doch was ist eigentlich Zeit? In einem Lied hieß es mal, dass man Zeit in einem Augenblick, oder einem Stundenschlag messen kann. Und dass tausend Jahre wie ein Tag sein können. Doch was ist, wenn es nicht um tausend Jahre geht, sondern um 4000? Sind diese Jahre im Vergleich zu den Jahrmillionen nicht wirklich wie ein Augenblick? Doch in unserer heutigen Zeit sind auch 4000 Jahre so fern. Man kann es nicht richtig messen, oder ermessen. Und eine richtige Vorstellung davon hat man auch nicht. Man weiß zwar, dank der Forschung, wie die Menschen damals ungefähr lebten. Doch bringt sie das näher an uns heran? Verstehen wir sie besser? Die Frage, die einen noch viel mehr beschäftigt, ist die, wie die Menschen damals ihre Zeit gemessen haben. Es gab Sommer- und Wintersonnenwende. Das waren ungefähre Richtungen, und mit unserer heutigen Genauigkeit und Pünktlichkeit hatte das wenig zu tun. Hat was, würde ich nun sagen. Dieses sich treiben lassen, und nicht unter Zeit-Druck stehen. Doch auch die Menschen damals machten sich Gedanken über Zeit. Als Instrument gab es die Natur, der Verlauf der Zeit wurde bestimmt anhand der Sonne, der Sterne, des Mondes. Und ja. Auch die Himmelsscheibe von Nebra, um die es hier im Buch geht, und welche ihm seinen schönen Namen gegeben hat, hat man vielleicht benutzt, um als Hinterlassenschaft für die nachfolgenden Menschen zu zeigen, wie man Zeit bestimmt. Faszinierend, wie ich finde. Und auch irgendwie sehr fürsorglich, an die nachfolgenden Generationen zu denken. Danke, ihr Menschen der Bronzezeit. Würden wir das genauso tun, um an die Generationen zu denken, die von unserer Zeit an, in 4000 Jahren leben? DAS…….wird wohl nur die Zeit zeigen :). Doch was seit jeher, und auch weiterhin so sein wird, das ist der Weltenlauf, der Kreislauf des Jahres. Auf den Frühling folgt der Sommer. Die Jahreszeiten jagen sich hinterher, und bestimmen so unser Leben. Für uns moderne Menschen hat es oftmals etwas Entschleunigtes, ohne Zeit, und ihren Druck, zu leben. Viele benötigen dies aber auch. Und wie war es bei den Menschen damals, die automatisch diese Entschleunigung hatten? Deren Leben nicht eingezwängt war in den Rahmen der Zeit? Wie ging es ihnen damit? Hier im Buch lernen wir ein paar Menschen aus dieser Zeit kennen. Und mit ihnen ihre Geschichte aus der Zeit ihres Lebens, einen kleinen Ausschnitt ihres Lebenskreislaufs. Und tatsächlich bin ich ein wenig froh, an dieser Entschleunigung teilgehabt zu haben. Auch wenn momentan unser Leben selbst ja ein wenig entschleunigt ist.
Die Geschichte des Buches:
…..muss man einfach selbst gelesen haben. Denn sie ist so umfangreich, dass man gar nicht alles ausplaudern kann, um den Inhalt wiederzugeben. Aber einen Versuch ist es wert. Rana lebt in der Bronzezeit Mitteleuropas, und ist 18 Jahre alt. Zu dieser Zeit gibt es verschiedene Klans, mit Oberhäuptern, und alle gemeinsam haben einen Fürsten, dem sie unterstehen. So soll der Frieden gewahrt werden. Eigentlich. Ihre Mutter ist Herdis, die Priesterin der Göttin Destartes, ihr Vater Schmied, und ihr Bruder Arni ist auch noch da. Sie umweht der Hauch der Jugend. Nicht ernstgenommen wird sie. Weil sie noch so jung ist, und weil sie eine Frau ist, und dazu noch hitzköpfig. Doch oftmals sind die Ideen der Jugend auch ratsam, um frischen Wind in etwas zu bekommen, eine Wiederbelebung von etwas, das sich festgesetzt hat, und nun droht, in eine schlechte Situation zu kippen. Denn diese ist da. Während Rana unter Selbstzweifeln leidet, und nicht weiß, ob sie ebenso wie ihre Mutter Priesterin werden soll, muss sie diese Entscheidung fällen, denn die Menschen im Land werden immer unruhiger. Denn der Fürst aller Klans, Orkon, behandelt alle Menschen nicht gut, sein Sohn Arrak ist auf Aggression, Schändungen und dem Beweis seiner Stärke aus. Unterwerfung, und das Zeigen ihrer Macht ist wohl am Wichtigsten. Rana, die sich entscheidet das Amt der Priesterin anzunehmen, will den Menschen helfen, denn ist das nicht die Aufgabe von Priestern? Als Werkzeug der Götter hilft ihr dabei eine Scheibe, die von ihrem Vater geschmiedet wurde, und die das Himmelsgebilde darstellt. Während sie also viel erlebt, in missliche Lagen kommt, mal Erfolge feiert, und mal Niederlagen, kommen noch viele andere Menschen dazu, aus anderen Klans, und sogar anderen Gemeinschaften, um ihr, und ihrer Himmelsscheibe zu dienen. Denn diese hat eine Botschaft der Götter, die in den falschen Händen gefährlich sein kann, und in den richtigen das Licht einer neuen Göttin, aber vor allen Dingen Hoffnung bringt. Denn Orkon und sein Klan huldigen Hador, dem Gott der Dunkelheit und Unterwelt. Was sonst noch passiert, und wen ihr auf der Reise in die Bronzezeit alles kennenlernt, das ist nicht nur spannend, sondern auch faszinierend. Und muss, wie schon gesagt, am besten selbst gelesen werden. Denn Ulf Schiewe schafft es den Menschen der Bronzezeit ein Gesicht, Worte, ja sogar eine Geschichte zu geben, und ihnen so Leben einzuhauchen. Mit allen Mitteln, die zum Leben der Menschen dazugehören. Man hat das Gefühl, dass Rana mit ihren Aufgaben wächst und erwachsen wird. Am Anfang noch trotzig und störrisch merkt sie mit ihrer Berufung, dass sie Gutes tun kann. Und ja, eine bisschen Liebe ist wohl auch enthalten. Wäre ja auch blöd, wenn nicht, wenn es schon eine Göttin der Liebe in diesen Zeiten gab :). Aber das Ganze ist nicht vordergründig. Es ergibt sich eben, und ist dann da, und passt sich wunderbar an die Geschichte an. Und das recht langsam. Will man dieses Buch verstehen, so muss man die Menschen von damals verstehen, oder es zumindest versuchen. Einiges mag uns heute befremdlich erscheinen, hat aber durchaus seinen Sinn und Zweck für die damalige Zeit, und auch seine Daseinsberechtigung. Und ja, jedes Buch braucht seine Hassfigur, und ich denke, ich habe in diesem meine gefunden.
Cover:
Da braucht es nicht vieler Worte, das Cover ist wunderschön. Es bildet die Himmelsscheibe ab, die in Nebra gefunden wurde. Und wer sie anschaut, entdeckt all ihre Schönheit, und vielleicht auch ihr Geheimnis.
Gedanken und Fazit zum Buch:
Eines Tages, in 4000 Jahren, werden Archäologen diese Rezension finden, und sich fragen, was die Schreiberin damit sagen wollte :D. Tatsächlich gebe ich ihnen mit diesem Satz einen Tipp. Nur ob sie ihn auch verstehen werden? Was wird in der Zukunft anders sein? Jaja. Ich könnte nun stundenlang von der friedlichen Lebensweise der Menschen der Bronzezeit erzählen, gäbe es da im Buch nicht diese Tyrannen. Doch wer sind diese? Es gibt sie immer, zu jeder Zeit. Menschen die andere unterdrücken wollen, und es auch tun. Und wenn das geschieht, muss sich ein Volk oder eine Gemeinschaft dagegen wehren. Kämpferisch. Denn solche Dinge führen meist zu Aufständen, oder anderen kriegerischen Handlungen. Ja, teilweise ist das Buch grausam, ob genau dieser kriegerischen Handlungen. Aber für einiges lohnt es sich doch zu kämpfen, oder? Wir haben Verrat, Verrat, und ein bisschen Verrat, gepaart mit…. Verrätern, Machtkämpfe, und Ränkeschmieden. Teilweise war ich in einer Mischung aus dem Lied von Eis und Feuer, Vikings und den Nebeln von Avalon, gemischt mit den Säulen der Erde, und ein wenig Tudors, komprimiert auf ein Buch, und zu einer ganz anderen Zeit. Und trotzdem ist es ein völlig selbstständiges Buch, mit eigener Geschichte. Es sind nur Erinnerungen, an Dinge, die ich mag. Wie das alles zusammenpasst, obwohl hier doch gar alles in verschiedenen Zeiten spielt? Nun ja. Die Zeiten ändern sich. Aber die Menschen wohl nicht. Man muss sich auf das Buch einlassen, und verstehen. Verstehen, dass alles was darin passiert, zum einen natürlich fiktiv ist. Zum anderen, dass die Scheibe wirklich existiert, und die Menschen vielleicht wirklich damals genauso gelebt haben. Und auch wenn uns Menschen im Heute vieles fremd erscheint, so sollte man Fremdartigkeit doch auch immer erstmal interessiert betrachten, und versuchen zu verstehen, warum Menschen damals dies uns das getan haben.
Die Atmosphäre der Bronzezeit ist einfach da, alles wirkt authentisch. Selbst wenn man das gar nicht so genau sagen kann, weil wir dieses Leben nur aus Wissenschaft und Erzählungen kennen, und selbst da sehr wenig. Und doch fühlt man sich, als ob man an diesem Leben teilgenommen hätte. Denn wenn die Vergangenheit im Präsens geschrieben ist, dann ist man unmittelbar im Geschehen dabei. Wer sagt also die Vergangenheit und unsere gegenwärtige Sprache passen nicht zueinander? Der irrt. Wir lernen so viel über das Leben in der frühen Bronzezeit kennen. Da gibt es Kriege, kämpferische Handlungen, Gewalt, Tyrannei, aber auch Bauern auf dem Feld, Frauen, die Wäsche aufhängen, oder Kinder, die zusammen auf einem Hof spielen, umringt von einem Hund. Oder gar ein Fest, das vorbereitet wird. So wie Handwerksarbeiten. Normalität und Ausnahmesituation. Natürlich darf ich das Buch und diese Zeit nicht zu sehr romantisieren. Denn Tatsache war sicherlich, dass es gar keine so romantisch anheimelnde Zeit war, denn sie war sehr geprägt vom Glauben an die Götter, die in das Leben eingreifen, und denen man huldigt. Tatsächlich gab es über jedem Kapitel eine Gottheit, die angerufen wurde, so dass man in diesen Riten drin war. Es gab klare Rollenteilungen für Mann und Frau (Und diese sind dabei meist nicht gut weggekommen, so, dass wir es uns oftmals heute nicht vorstellen wollen, oder es als grausam ansehen). Und ja, Gewalt war allgegenwärtig. Wie hätte man sonst seine Ansprüche und seine Macht zeigen sollen, wenn nicht dadurch, wie sehr man Macht über andere hat, oder ihnen Angst machen kann? Andererseits ist dies alles nichts Neues. Man muss in der Vergangenheit darauf achten, dass es in allen Epochen grausame Dinge gab, so auch in dieser. Wahrlich würde man heute sagen, wie schrecklich das alles ist, und dass es doch gut ist, dass wir in einer zivilisierten Welt leben. Aber ist das wirklich so? Außerhalb der Komfortzone gibt es sie immer noch. Die Tyrannen, die Gewalttätigen. Man hat es vielleicht nur etwas mehr ausgeblendet. Sicherlich gab es damals aber auch die Netten, die Friedvollen, die, die einfach nur ein gutes Leben mitsamt ihren Familien haben wollten. Man kann also nicht sagen, dass es eine grausame und barbarische Zeit war, denn dann müsste man sich eingestehen, dass wir immer noch in solch einer leben. Jede Zeit hat also ihre dunklen und lichten Seiten, Schwarz und Weiß, Licht und Schatten. Doch immer gemeinsam ist, dass die Zeit hier und dort vergeht. Und was sich in dieser Epoche ereignet, unterscheidet sich wohl manchmal. Nicht aber die Menschen in ihren Bedürfnissen und Gefühlen.
Wir haben Schicksalsräder, Sonnenräder, Wagenräder, und eine HimmelsSCHEIBE im Roman. Die Himmelsscheibe überdauert. Sie war Symbol für etwas Unendliches, sich immer wiederholendes. Eine Art von Zeit, die Bestand hat, in unserer Welt. Und ja, das ist tröstend. Denn egal was uns auch heute passieren mag, die Sterne und Zeiten überdauern, und drehen sich weiter in ihrem Zeitenrad. Die Jahreszeiten kommen immer wieder. Und nach der Nacht der Tag. Dies sind Dinge mit Bestand. Und so wie auf die Nacht der Tag folgt, auf den Winter der Frühling, auf das Dunkel das Licht, so folgt auch eine Periode im Leben von Rana von Dunkel zu Hell, und wieder zu Dunkel……ob am Ende dann wieder Licht erscheint? Das Wechselbad ist wie im richtigen Leben auch, ein Kreislauf der Zeit…… der bis heute andauert. Erneuerung des Tages, Erneuerung der Jahreszeiten, Erneuerung der Ordnung, und das Ende von etwas ist auch immer der Anfang von etwas Neuem. Ein Kreislauf. Immerwährend. Eine Wiedergeburt in der Bronzezeit, eine „Renaissance“ sozusagen. Licht vertreibt Dunkelheit. Leben den Tod.
Aber es geht auch um alte Ansichten, und neue Einsichten. Um alt gegen neu. Alte Denkweisen, und die Handhabe „Alles soll so bleiben, wie es ist“ gegen „Etwas Neuem vertrauen, einsehen, und die Chancen darin sehen“. Es geht um Erneuerung, Neubeginn. So wie die Sonne jedes Jahr neu beginnt, die Welt und das Leben aufzuwecken, und den Frühling zu rufen, und die Natur mit Leben zu beschenken, in einem Kreislauf der Zeiten. Es geht um Ideen der „Jungen“, auch bei ihnen um einen Neubeginn. Ein neuer Abschnitt des Lebens, um eine Gemeinschaft in ein neues friedvolles Leben zu führen. Altes hinter sich zu lassen. Welch wundervolle Symbolik der Sonne, die den Tag hinter sich lässt, den Winter, die Kälte, und die Dunkelheit. Doch ist auf der Scheibe eine Sonne oder ein Vollmond? Was es auch sein mag. Die Sonne bringt das Licht, die Hoffnung ins Leben. In welcher Zeit auch immer. Im Buch die Hoffnung auf Gerechtigkeit, und einen gerechten Herrscher, der ein friedliches Leben ohne Grausamkeit bringt. Die Himmelsscheibe symbolisiert hier die genaue Bestimmung der Zeit, eine Einteilung, die durch die Natur nur grob vorgenommen werden kann, dadurch aber sehr genau, weil in ihr das Wissen um Gezeiten und Mondgezeiten steckt. Für Fürsten und Edelleute kann dieses Wissen Macht bedeuten. Macht über die Zeit. Das Ganze auf Metall, dass selbst schon Begehrlichkeiten weckt, und symbolisch darstellt, unzerstörbar zu sein. Und schon beginnt die Jagd, nach einem Artefakt, was damals sehr viel bedeutet hat. Denn ein unzerstörbares Artefakt, welches Wissen über die Zeit in sich trägt, muss einem Fürsten wohl das Gefühl gegeben haben, ein Herrscher über die Zeit zu sein. Überhaupt, diese Jagd. Oftmals kommt es einem vor wie die wilde Jagd. Doch wonach? Eine Jagd der Jagd wegen? Nach 7 Jungfrauen im Himmelsgestirn? Nach dem Wohlwollen der Götter? Nach glänzenden Materialien, einem Fürstenthron, der Macht, nach Tieren……. Oder einfach nach hübschen Frauen oder Anerkennung? Es ist ein Machtgefüge. Macht über Frauen, Macht über die Elemente, Macht der Götter über die Menschen und, Macht über eine Gemeinschaft, und mehrere Klans. Macht einfach aus dem Grund heraus, Macht spüren zu wollen. Und Macht, weil man etwas besitzt, das alle besitzen wollen. Wie zum Beispiel eine Himmelsscheibe. Das Ganze ist wie eine Symbiose aus Macht und Tyrannei, gegen die Macht der Götter, der Göttin des Lebens und des Gottes des Todes. Der Dunkelheit und dem Licht. Zwischen Gut und Böse. Und Tag und Nacht. Wobei das die schönste Symbiose ist, denn die Himmelsscheibe, zeigt sie auch die Nacht mir ihren Sternen und den Monden, so ist sie doch dafür da, Sonnenrunden zu zählen. Quasi eine schöne Kombination dieser Symbiose, die in Frieden zusammenwirkt. Alles in einem Rhythmus der Jahreszeiten. Und diese waren den Menschen damals sehr wichtig, waren sie doch ihre Zeitbestimmung. Die Scheibe ist ein Vermächtnis, etwas das überdauert. Wissen das weitergegeben wird an nachfolgende Generationen. Über die Zeiten hinweg. Alles im Buch hat seine Bedeutung, so wie alles auf der Himmelsscheibe eine Bedeutung hat. Was also Götter mit Sternen, mit Gestirnen, dem Mond, dem Lauf der Zeit, einer Himmelsscheibe und die Macht der Menschen miteinander zu tun haben, das erfahrt ihr in diesem Buch.
Die Situationen greifen ineinander über und eins führt zum anderen. Ein Ereignis folgt auf das andere. Und jedes ist wichtig. Der Reigen dreht sich, und schon wird etwas ins Rollen gebracht, was man mit Widerstand gegen Menschen und Unterdrückung bezeichnen kann. Alte Versprechen werden gebrochen, und neue Schwüre werden geleistet. Ein neuer Wind weht und bringt Veränderung einer Zeit, die im Einklang mit den Göttern gelebt hat, und uns etwas hinterlassen hat. Etwas für die Nachwelt. Ihr Wissen, gebannt auf das, was ihnen damals am wertvollsten war. Wissen mit den Materialien, die überdauern, für nachfolgende Generationen. Und wer weiß. Vielleicht sitzt ja irgendjemand hier, der diesen Text liest, und wirklich ein Nachfahre dieser Menschen ist, die vor 4000 Jahren in Nebra gelebt haben. Am Anfang dachte ich: Wie kann man eine Welt vor 4000 Jahren mit unserer vergleichen? Die Menschen, das Leben? Aber ist das nicht immer so, wenn wir uns in ferne Kulturen und Zeiten hinwegträumen, wie in Büchern? Und auch in der Realität? Da gibt es Urinstinkte, die bei uns heutigen Menschen etwas entschwunden sind, weil wir sie mehr unterdrücken, und alles sehr wissenschaftlich sehen. Aber die Instinkte sind da.
Mir gefällt Rana, unsere Hauptfigur, und wie sie sich wehrt. Gegen das Schicksal. Gegen die Stellung von Frauen zu dieser Zeit. Ebenfalls schön finde ich, dass Rana sich dagegen sträubt, wie die anderen zu sein. Das macht sie besonders. Sie ist nicht das typische Mädchen, das immer still ist, sondern sie ist neugierig. Alleine in den Wäldern unterwegs. Und tut Dinge, die Mädchen nicht tun. Wir haben in ihr Aufmüpfigkeit, aber auch ein Wehren gegen Ungerechtigkeiten, Mut, und die Lehre, dass es niemals zu spät ist, sich gegen Etwas zu wehren, was einem angetan wurde. Auf kluge, wenn möglich wenig kämpferische, Seite.
Wir lernen in diesem Buch alle möglichen Götter kennen, doch nicht die, die nun alle vor Augen haben. Mit antiken griechischen Göttern hat es wenig zu tun, und doch auch wieder viel. Die Namen sind anders, doch die Funktionen sind dieselben. Der Kult der Menschen ist ursprünglicher. Das Ganze ist geschrieben in einer Sprache, nämlich der Gegenwart, die man auch heute anwenden könnte, und das ist so besonders an dem Buch. Man fühlt eigentlich nicht mit einem Menschen aus der Vergangenheit. Sondern es könnte genauso gut ein Mensch aus unserer Gemeinschaft sein. Die Figuren sind einem näher. Und auch, wenn die Figuren natürlich ausgedacht sind, so erfahren wir anhand von Menschen der Bronzezeit, wie ihr Alltag, ihr Miteinander, und ihre Rituale und Bräuche waren. Die Bronzezeit wird hier lebendig vor den eigenen Augen. Und alles ist so beschrieben, als ob man direkt dabei wäre. Die Lebensgewohnheiten, Bräuche, Rituale, der Alltag, und der Krieg. Mir gefällt die Nähe zu den Charakteren, die sich mit der Geschichte ergibt. Sie sind einem nicht fern, man wähnt sie als ob sie neben einem stehen. Und es passiert genau DAS, was ich so sehr an Geschichte und Historie liebe. Alles wird lebendig, und die Zeitepoche wuselt um einen herum. Die Frage wie sehr die Menschen vor Jahrtausenden und ähnelten, ist hiermit beantwortet, wenn man das Buch liest. Natürlich ist die Geschichte fiktional. Doch nur die Figuren. Alles ist eng und super recherchiert. Und schließlich erkennt man, dass sie uns mal wieder gar nicht so unähnlich waren. Auch wenn wir unsere Vergangenheit oft vergessen, unsere Vorfahren und Ahnen, so haben sie genauso geliebt, gelebt, sind unterdrückt worden, tyrannisiert, und hatten einen Glauben an höhere Wesen, in diesem Falle Götter. Man hat ihnen gehuldigt, so wie man es heute seinem Gott gegenüber tut. Und auch wenn viele es als heidnisch ansehen. So ist es nur die andere Ausdrucksweise einer Zeitepoche, die uns voraus war. Man darf im Buch nie vergessen, dass diese Menschen 4000 Jahre vor uns gelebt haben, und man das NIEMALS mit unserem Heute vergleichen kann. Mit unseren Freiheiten, unserer Selbstverwirklichung, unserer Demokratie. Und doch sieht man immer wieder auch in unserer heutigen Gesellschaft Dinge aufblitzen, die sich ähneln. Da ist auf einmal doch ein Unterdrücker da, die Stellung der Frau ist immer noch rückständig, und einige glaube sogar an Götter, statt an einen Gott. Auch der Konflikt, der vor langer Zeit in der Bronzezeit geherrscht hat, welchem Gott nun gehuldigt werden soll, ist ähnlich unseren Konflikten, die ebenfalls mit Tod und Verderben in die Welt kommen, um sich gegenseitig zu vernichten, weil jeder denkt, er glaubt an das einzig Wahre. Dabei ist das nicht der Sinn. Der Hintergrund hinter allem ist es, friedlich miteinander zu leben. Die Religion von damals war aufgebaut auf der Natur der Götter, dem Beisammensein, und dem Miteinander und den Zusammenhängen von allem, dem Lebenskreis, der anfängt, und endet, so wie die Natur der Jahreszeiten. Alles ist auf Zeit aufgebaut. Und auf einmal erscheinen Rana und die Menschen im Buch wirklich wie Freunde.
Tatsächlich war es so, dass man nach der Lektüre erst mal wieder in unserer Zeit ankommen musste. Auch kopftechnisch. Es ist fast so, als ob man dort gewesen wäre, die Ereignisse miterlebt hat. Eine Reise in die Vergangenheit. Und am Ende war es schwer für mich, diese Zeit zu verlassen, und wieder in unserer modernen und technisierten Welt anzukommen. Man fiebert mit, die Figuren werden lebendig. Man kann ihre Gefühle nachvollziehen, ihre Denkweise, ihre Lebensart. Für die Dauer der Lektüre werden sie zu Freunden…… die so lange vor uns gelebt haben. Und auch wenn keiner genau weiß, wie es vor 4000 Jahren hergegangen ist, so könnte man sich nach der Lektüre vorstellen, dass sich alles genau so zugetragen hat. Ja, man weiß wirklich nicht, wie sich damals alles zugetragen hat. Aber ich wäre froh drum, wenn es so wie im Buch gewesen wäre :). Und ich fürchte fast, dass jeder, der die Himmelsscheibe heute im Museum anschauen wird, nun ab heute und nach der Lektüre immer an dieses Buch als Geschichte der Himmelsscheibe denken wird. Selbst wenn sie fiktiv ist.
Heutiges Rezensionslied: Auch wenn es die falsche Zeitepoche ist, und auch die Jahreszeit nicht übereinstimmt, geschweige denn das richtige Land, so fand ich doch, dass das Lied hier als heutiges Rezensionslied passt. Denn alles ist gleich, und wiederholt sich durch die Zeiten hindurch:
„König Sommer führt den Tanz, dem ich folg im Blütenkranz…….und so dreht sich unser Kreis, in der alltbekannten Weis'
Du lässt deine Raben ziehn. Wenn die Felder golden stehn. Und das helle lichte Rad, dreht sich über Lughnasad.
Bald schon wird das Rad sich drehn. Werden wilde Stürme wehn. Mit Rauhgesang der Winter nah‘n. So fängt der Kreis von vorne an.“