Elisa muss nur noch kurz irgendwie die Welt retten…
Die Gilde der Iris von Sylvani Barthur
Manche Tage fühlen sich doch so an, als ob man die Last der Welt auf seinen Schultern tragen müsste. Nicht im wahrsten Sinne des Wortes, aber ungefähr doch fühlbar. Normalerweise trägt die Last der Welt ein Erlöser, ein Superheld, Spiderman …ähmmm…oder….ein Weltenbaum wie Yggdrasil? Das Geschehen ist das Gleiche. Der Weltenbaum braucht zwei Dinge: Einen starken Stamm und starke und feste Wurzeln um die Welt zu tragen. Und so ist es auch mit den Erlösern und Superhelden unserer Welt. Starke Wurzeln sind das A und O, das Menschen Vertrauen gibt, und sie zu Superhelden macht, die so manche Last tragen müssen. Diese Wurzeln, dieses Fundament, ist bei den meisten das, woher sie kommen, die Familie, Freunde …. Die die Wurzeln und die Last zusätzlich stützen, und ohne die der Baum, also wir zusammenbrechen würden. Denn wie hat mal ein bekannter Mann gesagt? „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“ (jaja okay, ich hör jetzt mit meiner Spiderman – Manie auf). Und wir wissen doch alle: Verantwortung zu haben für andere Menschen, das wiederum BEDARF dann auch wieder Kraft und Anstrengung und Stärke.
Warum ich das Ganze erzähle ist wegen der Verwurzelung von Elisa in vorliegendem Buch. Sie fühlt sich manchmal nicht zugehörig, zwischen den Stühlen, und damit ist ihre Wurzel nicht stark verankert. Trotzdem: dieses Gefühl des nicht dazu Gehörens, der Entwurzelung, das ist fühlbar. Und irgendwie muss man nach dem Roman darüber nachdenken. Natürlich könnte ich euch nun erzählen, dass ihr hier einen Urban Fantasy Roman vor euch liegen habt, in dem es darum geht, dass jemand die Welt retten muss vor den Bösen. Nämlich, und das ist kein Spoiler, Elisa. Doch ist nicht genau das auch das Schicksal aller Superhelden? Die Welt zu retten, die Bösen zu bekämpfen, und dem Rest der Menschheit eine Last abzunehmen? Manchmal offen, und manchmal im Geheimen? Familie und ein Zusammengehörigkeitsgefühl ist es hier, was uns beschäftigt, zusammen mit dem Thema des Zuhauses und einem Zugehörigkeitsgefühl. Ein ganz wichtiger Punkt und Aspekt, wenn es darum geht, seine Wurzeln festzulegen. Denn was ist ein Zuhause? Sind es die eigenen vier Wände? Ist das Zuhause dort, wo die sind, die man liebt? Kann ein Mensch, der uns alles bedeutet, ein Zuhause sein, wenn die Welt um uns herum uns keines bietet? Das ist für mich die zentral angelegte Frage im Buch, TROTZ, dass natürlich noch die Geschichte drum herum spielt. Und es ist eine gute Geschichte, die einem viel Spaß macht beim Lesen, die einen einfängt, und irgendwie bis zum Ende nicht loslässt. Doch nun erzähle ich euch erstmal, worum es eigentlich im Buch geht.
Die Geschichte, die uns das Buch erzählt:
Des Buches Geschichte ist eine, die man als typisch ansehen könnte, wenn man sich nicht damit beschäftigt. Denn wer das tut, und dahinter schaut, der erkennt mehr, als nur den reinen Urban Fantasy Aspekt. Elisa ist unsere Protagonistin. Sie lebt mit ihrer Mutter in Deutschland. Irgendwie doch andersartig, wird sie nicht wirklich in der Schule anerkannt. Sie spricht mit Bäumen, das ist eine ihrer großen Leidenschaften. Die Natur. Mit wem sie dagegen nicht so gerne spricht, das ist Kris, den sie bei einem Norwegisch – Sprachkurs kennenlernt, und der irgendwie …….. wie soll ich das nun ausdrücken? ……. „Babbelwasser“ getrunken hat. Für die, die damit nichts anfangen können, weil das nur in meiner Gegend so heißt: Er redet einen ständig von der Seite an, ununterbrochen, ist ständig im Redefluss und ….. Elisa ist davon wohl etwas genervt. Als plötzlich überall auf der Welt Naturkatastrophen geschehen, die nicht aufzuhalten sind, wird Elisa in ein Geschehen gezogen, von dem sie nicht begeistert ist. Denn die Katastrophen mehren sich, und sie haben einen Grund. Sind es die Bäume? Die norwegische Sprache? Die immer fortlaufenden Worte, die aus Kris‘ Mund plumpsen? Alles zusammen oder gar etwas ganz Anderes? Die Menschheit selbst? Böse Mächte? Genau das gilt es herauszufinden. Denn irgendwie muss Elisa auf einmal die Welt retten. Und wer wäre Kris, wenn er ihr nicht helfen würde. ODER doch nicht?!!? Dann ist da noch ein Geheimbund der Elisas Magie benutzen will. Denn ja, hatte ich das vergessen zu sagen? Magie gibt es auch im Buch. Sehr viel davon. Wie sonst könnte man eine Welt retten?
Cover und Titel:
Cover und Titel gefallen mir sehr gut, weil der Bezug zur Geschichte sofort gegeben ist. Wir haben die Gilde der Iris, den Geheimbund. Um welche Iris geht es hier eigentlich, und was hat sie getan, dass ihr eine Gilde gewidmet wurde? Geht es um Blumen, einen Namen? Wer oder was ist Iris? Es ist offensichtlicher, und ein wenig sieht man es auch schon auf dem Buchcover. Dass dieses so strahlend hinbekommen wurde, gefällt mir gut. Ebenso der angedeutete Geheimbund. Cover und Titel vereinen also alles in einem, und erzählen von der Geschichte des Buches, ohne zu viel zu verraten.
Fazit und Gedankenallerlei:
Erst einmal: Der Schreibstil ist anders, als man es von genretypischen Geschichten sonst kennt. Aber das hat mir selbst nichts ausgemacht. Ganz im Gegenteil war es erfrischend, diesen Mix aus Ideen und Stilen zu lesen, weil mich die Kreativität der Geschichte wirklich beeindruckt hat. Ich fand faszinierend, wie hier eine Geschichte gesponnen wurde, um ein Ereignis, das wirklich in unserer Erdengeschichte stattgefunden hat. Und zum Teil auch stattfindet. Wie sich Realität mit Fiktion mischt, und wie sie uns nachdenken lässt, obwohl die Geschichte sich um Vergangenheit, Legende und ein topaktuelles Thema dreht. Ebenso mag ich den Stilmix, den Genremix…. Wie auch immer man es nennen mag. Es springt von Urban Fantasy in alte Fantasylegenden, mit einem Spritzer Science-Fiction und einer kleinen Prise Dystopie, die dann wieder für weinige Sequenzen bei Romantasy landet und uns im Grunde genommen einfach erzählt, dass wir als Menschen besser auf unsere Erde, auf unsere Natur und unser Drumherum achten sollen, weil alles miteinander verbunden ist. Und ….. dass es immer böse Mächte gibt, die andere unterdrücken möchten, einfach wegen der Macht. Denn Macht haben über andere und alles, das ist ja DER Grund schlechthin für das Böse. Der Genrecocktail wird gerührt geschüttelt und angerichtet. Und 007 ist es diesmal nicht, der die Welt rettet, die ja auch überhaupt nicht genug ist für einige.
Die Idee die hier entwickelt wurde, hätte man anfänglich auf keinen Fall so erwartet. Selbst wenn man einiges erahnen konnte, so kamen dann in der Geschichte selbst doch Überraschungen, mit denen man nicht gerechnet hat.
Auch die Liebe zur Natur ist im Roman verwurzelt, und das im wahrsten Sinne des Wortes, spricht er doch auch über Bäume und Wälder, über die Natur, und was diese anrichten kann mit ihrer Naturgewalt.
Die Geschichte ist minimalistisch in ihrer Erscheinungsform, denn sie spielt fast die ganze Zeit in einer Höhle, in der sich aber so viel ereignet, dass es nicht langweilig wird. Dieser begrenzte Raum macht das im Buch erlebte dann aber umso intensiver, weil alles auf diesen Punkt, die Höhle und ihre Bewohner, fixiert ist. Dass das Ganze nur dort spielt, bzw. an einem Ort, bringt einen gewissen „Schutz“ von außen. Es ist wie als ob man auf die Gemeinschaft der Gilde in der Höhle schaut, und sich dort alles abspielt. Die Geschichte, die Gefühle, eine kleine Prise Lagerkoller, den wir von Formaten kennen, in denen Menschen auf begrenztem Raum aufeinandersitzen, und sich merkwürdige Emotionen entwickeln? Der Widerspruch im Buch ist unheimlich gut beschrieben. Elisa, die nicht vertrauen kann, weil sie enttäuscht wurde, was Gedanken in ihren Kopf bringt, die zumindest ich vollkommen nachvollziehen konnte. Dieses Misstrauen gegenüber allem. Der Mix aus Verlassen, Allein sein, Geborgenheit und Zugehörigkeit. Und schon wieder ….. dem verwurzelt sein. Es geht darum seinen Glauben zu verlieren, und zwar nicht den in eine Religion, sondern in alles um einen herum, in die Menschen, in das Vertrauen selbst, und in sich selbst.
Elisa unsere Protagonistin erscheint vielleicht manchmal trotzig und pubertär, aber diesmal ist es wirklich eine Geschichte, in der ich dieses Verhalten nachvollziehen konnte (was ich manchmal sonst nicht so gut kann). Weil es später eine Wandlung gibt, und sie ihrer Verantwortung nicht mehr entrinnen möchte. Und weil ihr Dinge erklärt werden, die vorher verheimlicht wurden (und belogen wird ja niemand gerne). So ist das Ganze dann auch wieder altersgerecht, und wir haben nicht das Problem, dass wir sagen könnten, die Protagonistin würde sich nicht ihrem Alter entsprechend verhalten. Denn wer große Verantwortung hat ………. Ihr wisst Bescheid ;). Elisa ist nun mal ein Buchwurm, so wie wir alle (und falls nicht … ihr wisst ja gar nicht, was ihr in Büchern alles verpasst :)). Sie liest, träumt sich hinweg, flüchtet aus ihrer Realität …. Weil sie tief in ihrem Inneren weiß, dass da etwas ist, wo es sie hinzieht. Ein Sehnen, etwas tief in ihr verborgen, das sie nicht benennen kann, und was sie völlig überrumpelt. Dann sind da noch die Selbstzweifel, Zweifel an anderen und in andere, und nicht mehr vorhandenes Vertrauen. Eine falsche Selbstwahrnehmung, und ein Leben, in dem man nicht mehr weiß, wer man eigentlich ist. Das Ganze ist rein aus Elisas Sicht geschrieben. Und ja, ich mag es normal lieber, wenn man mehrere Perspektiven hat, oder zumindest eine kleine Sequenz aus einer anderen Sichtweise, um die anderen Charaktere besser kennenzulernen. Hier war das aber tatsächlich nicht nötig, weil die Hauptgeschichte und der Fokus auf Elisa lagen, und ihrer Magie und Wandlung. Deswegen war ich in diesem Punkt über mich selbst überrascht. Für mich lebt die Geschichte wirklich von Elisas Gedankenwelt, da diese wichtig für die Entwicklung und den Verlauf des Buches ist. Dieser Struggle, den man beim Lesen selbst fühlt, und sogar verstehen kann, da Verantwortung einem manchmal Angst machen kann. Was die Geschichte die eigentlich erzählt wird aber nicht unwichtiger macht. Denn in allen Einzel – und Teilstücken ist irgendeine Wichtigkeit, eine Botschaft, die es zu erkennen gibt. Stilmix eben :)
Und dann ist da ja noch Kris …… Ein Charakter den ich anfänglich nicht so gut greifen konnte, das gebe ich zu, der aber wichtig für das Buch ist. Elisa hatte dasselbe Problem. Hier gilt es also wieder hinter die Fassaden zu schauen, warum jemand so ist, wie er ist. Sowohl bei Elisa, als auch Kris. Mit Fortführung der Lektüre hat alles einen Sinn ergeben. Alles was anfänglich noch im Dunkeln geschlummert hat, wurde später gelichtet. Im wahrsten Sinne der Worte wurden einem die Augen geöffnet, warum agiert wurde, wie manche es getan haben. Und so konnte man sich mit jedem Benehmen und allen Charaktereigenschaften aussöhnen. Ein Überraschungsbuch eben, das einem ein wahres Feuerwerk an Ideen geboten hat, das dem Feuerwerk einer Iris gleichkommt. Womit wir beim eigentlichen Thema des Buches wären. Die Iris und ihre Gilde….. ähm tja. Ich mal wieder und mein Versuch Brücken zu bauen :D
Mir gefällt die alte Druidenthematik, die Runen im Zusammenspiel mit dem modernen Thema des Schutzes unserer Erde und ihren Naturkatastrophen, die nicht durch Magie oder böse Menschen im eigentlichen Sinne entstehen, sondern durch etwas, das uns alle bedroht. Schmelzendes Eis der Erde und Überflutungen, so wie andere Katastrophen. Außerdem fand ich die Beschreibung und die Namen der Runen samt ihrer Bedeutung sehr gut beschrieben und faszinierend, wie alles miteinander zusammenhängt. Druiden, Runen, Natur und Magie, die alles zusammen innehat. Und als Pluspunkt ebenfalls das angeschnittene Thema der nordischen Mythologie.
Und hier nochmal alles zusammen in kleinen Stichpunkten zum Merken: Spielt erst in Deutschland, dann in Norwegen. In einer Höhle. Beklemmendes Gefühl das schwankt zwischen Schutz und nicht vertrauen zu können. Wo ist das eigentliche Zuhause? Wer ist das Zuhause? Wem kann ich trauen und wer ist meine Familie? Das Thema durchzieht den ganzen Roman. Eine Bedrohung, die über eine dunkle Macht hinausgeht. Verantwortung für sich und für die Anderen, große Verantwortung für die Welt, nicht gewollt, überfordert. Druiden, Runen, Natur, Magie. Naturkatastrophen.
So und nun…..Irgendwie erhoffe ich mir, dass es einen zweiten Band gibt, in der die Geschichte weitererzählt wird. Auch wenn es für den ersten Band erstmal ein Ende gab. Ich bin guter Dinge, dass da etwas kommen MUSS.
Liebe Leute. Zuhause ist da, wo man sich sicher fühlen kann, dort wo man vertraut, da wo man sich fallen lassen kann, und ganz man selbst sein darf, egal was in der Welt für Probleme auf einen warten, und wer man ist. Und ebenso ist ein Zuhause auch bei den Menschen, die für uns genau dasselbe ausstrahlen und sind, bei denen wir uns nicht verstellen müssen, und denen wir vertrauen. Und wenn wir diese starken Wurzeln haben, dann können wir vielleicht auch eines Tages die Welt retten, wenn wir nicht alles alleine auf unseren Schultern tragen müssen.
Heutiges Rezensionslied. Denn es ging mir tatsächlich während der Lektüre ständig im Kopf herum, weil ich diesen ganzen Gedankengang dazu hatte, dass man ein Zuhause braucht, wie auch immer das aussehen mag, um Dinge stemmen zu können. Sein es Welten, oder die Rettung der Menschheit:
„Just to be sure these last days are better. And if I have any enemies, to give me the strength to look the Devil in the face, and make it home safe.
Now tell me: how did all my dreams turn to nightmares? How did I lose it when I was right there? Now I'm so far, that it feels like it's all gone to pieces. Tell me why the world never fights fair?
I'm trying to find Home. A place where I can go. To take this off my shoulders. Someone take me home.“