Kaum Lesefluss und Emotionen durch fehlende Hintergrundinformationen und sehr abgehackten Sprachstil im klischeehaften Setting.
Dieses Buch geisterte schon eine Weile in den sozialen Netzwerken rum und erweckte deswegen auch mein Interesse. Als ich es dann auch auf Netgalley fand, habe ich es kurzerhand angefragt und durfte es nun freudigerweise lesen. Ein herzliches Dankeschön an den DRAGONFLY Verlag für das Vertrauen! Die Autorin Stefanie Neeb ist mir noch nicht bekannt, umso gespannter war ich nun auf diesen Titel. Es ist der erste Band einer Dilogie.
Coverbild
Das gesamte Bild ist in sehr dunklen Farben gehalten. Dunkelblaue geschwungene Ornamente verschlingen sich ineinander. Darüber ist in großen Lettern der Titel in jeweils zwei Buchstaben in drei Zeilen großflächig verteilt. Es ist mystisch, dunkel, erinnert zwar eher an ein Dark Romance, ist es aber (zumindest in diesem Teil) nicht. Mir gefällt es sehr gut.
Handlung
In Xenias Nachbarschaft zieht eine Gruppe junger Menschen, die nicht nur sehr seltsam sind, sondern auch noch gesammelt in ihrer Schule als neue Schüler auftauchen und dort einiges durcheinander bringen. Das Merkwürdigste ist aber, dass wenn Xenia diese Personen berührt, keine Geräusche hört. Denn das ist ihre Gabe. Sobald sie jemanden berührt, hört sie bei jedem unterschiedliche Geräusche. Gerade Jael zieht ihr Interesse magisch an, da er so ruhig wie eine Kathedrale ist. Aber Jael und seine Mitbewohner müssen ihren Mitmenschen die Liebe klauen, und dabei dürfen sie sich selber keine Gefühle leisten. Nach einer Einweihungsparty in dieser seltsamen WG überschlagen sich die Ereignisse und Jael kommt ins Straucheln, da er Xenia nicht in Gefahr bringen möchte, aber gerade ihre Gefühle würden ihn bei seiner Mission weiter bringen.
Buchlayout / eBook
Die Gestaltung des eBooks ist sehr schlicht. Die 421 Seiten werden in 83 - wenn ich mich jetzt nicht verzählt habe - recht kurze Kapitel und einem Prolog aufgeteilt und nur mit dem Namen der Person betitelt, aus dessen Sicht der Abschnitt handelt. Ansonsten bleibt es ohne weitere Ausführungen oder Anhänge.
Idee / Plot
Leider kann ich zu der gesamten Idee noch nicht wirklich viel sagen, da es in diesem ersten Band noch nicht vollständig zur Aufklärung des Ganzen gekommen ist, man bekommt nur ansatzweise eine Ahnung. Aber der Ansatz ist recht interessant: Was passiert, wenn jemand seiner Liebe beraubt wird? Das kann die Liebe zu seinem Kind, oder die romantische Liebe sein, aber auch die freundschaftliche und jede weitere Facette von Liebe. Und was passiert, wenn man sich in eine Person verliebt, der man eigentlich die Liebe stehlen soll? Warum allerdings der PARTEM diese Liebe sammelt, und warum die WG Mitbewohner ihre Mitmenschen anscheinend nicht freiwillig entleeren, und welche Rolle die Immuniten - zu der Xenia angehört - dabei spielen, bleibt noch absolut unklar. Genauso, was mit den Personen passiert, denen man die Liebe beraubt hat. Das wird total unter den Tisch gekehrt. Ist diese Liebe für immer verloren? Was passiert dann mit der Menschheit, wenn ein Großteil keine Liebe mehr empfinden kann? Oder können sie die Liebe wieder neu erlernen?
Emotionen / Protagonisten
Es gibt vier Protagonisten, die jeweils zu einem romantischen Paar zusammengehören: Jael und Xenia, Chrystal und Felix.
Chrystal und Jael sind Bewohner der WG, dabei ist Jael der Anführer der Truppe und hat das meiste Sagen, und spielt seine Macht auch gerne aus. Chrystal hingegen hat wohl einen geheimen Auftrag innerhalb der WG der Entleerer zu erledigen und muss Jael das ein oder andere Mal hintergehen.
Xenia und Felix haben keine romantische Gefühle zueinander, ihre Beziehung ist eher geschwisterlicher Natur. Vor allem, da Xenias Mutter psychisch sehr labil ist und Xenia kaum Gefühle entgegenbringen kann, ist Felix für sie immer zur Stelle und der emotionale Halt.
Plötzlich tritt in Xenias Leben aber dieser unverschämte Jael, der ihr anfangs aus dem Weg geht. Und trotzdem ziehen sich beide magisch durch eine höhere Kraft an. Und klar, allen Versuchen zum Trotz, sich von ihr fern zu halten, werden seine Gefühle ihr gegenüber nur mehr angefacht. Und obwohl sich Jael ihr gegenüber oft echt scheiße verhält, entwickelt sie auch Gefühle für ihn. Leider kann ich das nicht so ganz nachvollziehen, zumal die Anziehung nicht aus natürlichem Ursprung kommt, sondern wohl eine höhere, magische Macht dahinter steckt.
Bei Chrystal und Felix finde ich die Entwicklung natürlicher und kann ich besser nachvollziehen, was mir deswegen auch besser gefällt.
Handlungsaufbau / Spannungsbogen
Die Handlung baut sich über das Buch eher sanft auf. Durch den ständigen Perspektivenwechsel haben wir auch mehrere Handlungsstränge, vor allem die beiden Liebesgeschichten zwischen Jael und Xenia, und Felix und Chrystal. Daneben gibt es aber auch den Handlungsstrang zwischen den Sammlern, die die Liebe einsammeln, und dem PARTEM, oder auch der Konflikt zwischen Mutter und Xenia.
Für mich wirkt deswegen alles wie ein Flickenteppich und kann bei mir kaum Spannung oder Emotionen erzeugen, zumal die Autorin sich mit Hintergrundinformationen bis zum Schluß sehr zurückhält und für mich lange alles sehr verwirrend war. Wir erfahren zwar, dass der PARTEM Gefühle, insbesondere Liebe sammelt und eine Untergrundorganisation sind, die auch vor Mord nicht abschreckt. Aber wofür diese Organisation diese Gefühle benötigt, und warum die Jugendlichen zu Entleerer ausgebildet wurden, bleibt immer noch ein absolutes Geheimnis.
Die Liebesgeschichte zwischen den beiden Pärchen entwickelt sich sehr sanft, was ich im Grunde ganz gut finde, vor allem bei Felix und Chrystal gefällt mir der Aufbau und die Entwicklung sehr gut. Bei Jael und Xenia ist mir das zu ambivalent und unrealistisch. Der Mutter-Tochter-Konflikt wird gar nicht weiter ausgebaut, obwohl hier die Autorin ein paar Andeutungen macht.
Es gibt für mich aber keine wirklichen Spannungshöhepunkte oder interessante Plottwists. Auch das Ende ist einfach plötzlich da, ohne Cliffhanger oder Showdown. Das Buch endet einfach. Das spannendste am Buch war tatsächlich der Prolog, der einen richtig gebannt in die Geschichte einsteigen ließ, der aber im gesamten Buch nicht mehr aufgetaucht ist.
Szenerie / Setting
Wir sind irgendwo in irgendeiner Großstadt. Vom Gefühl her hätte ich gesagt Deutschland. Vielleicht Hamburg? Aber richtig klar wird es nie benannt. Ansonsten könnte man das Setting auch als typischen London-Highschool-Romantasy bezeichnen. Eine Highschool-Schülerin trifft auf einen mysteriösen absoluten bad-boy der sie magisch anzieht, er sie aber einfach scheiße behandelt. Der Grund bleibt ihr verborgen und sie weiß auch nicht, dass sie eine besondere Gabe besitzt und einer Personengruppe angehört, die der größte Feind der Gemeinschaft ist, der der junge Mann angehört. Und wahrscheinlich liegt die Wahrheit genau darin, dass nur sie beide gemeinsam die Welt retten können, weil sie wie auf magische Weise zusammengehören. Leider schon zu oft gelesen.
Sprache / Schreibstil
Sprachlich hatte ich auch immer wieder meine Probleme mit der Geschichte. Stefanie Neeb benutzt die Multiperspektive als personaler Erzähler im Präteritum. Dabei hat sie einen extrem abgehackten Sprachstil, die Sätze sind oft sehr kurz und werden aneinandergereiht. Gedanken werden oft nur in Einwortsätzen formuliert. Das beeinträchtigt meinen Lesefluss total und hat mich zeitweise auch genervt. Vor allem konnte ich dadurch auch wenig Zugang zu den Protagonisten aufbauen, und kaum die Emotionen nachempfinden, da es auf mich doch ziemlich distanziert wirkt.
FAZIT
Leider für mich nicht so sehr überzeugend, weil mir doch zu viele Hintergrundinformationen fehlen und ich durch den sehr abgehackten Sprachstil kaum Lesefluss und Emotionen aufbauen konnte. Die Idee fand ich super interessant, aber bis zum Ende wird daraus noch ein zu großes Geheimnis gemacht, so dass es mich nicht so wirklich fesseln konnte. Ob ich den zweiten Band noch lesen werde, weiß ich nicht.