Gefühlvolle Suche nach Familie, Freunden und Liebe
“Never let me down” ist der neuste Titel von Sarina Bowen aus dem LYX Verlag. Es handelt sich um einen Einzelband, der weder Prequel noch Spin-Off ist, also vollständig unabhängig gelesen werden kann.
Im Zentrum der Erzählung steht Rachel Kress, deren Mutter gerade verstorben ist. Dadurch trifft sie mit 17 Jahren zum ersten Mal auf ihren Vater, einen berühmten Rockstar. Ihr offenbart sich ein ganz neues Leben, was durch den Start an ihrer Traumschule in Claiborne perfekt erscheint. Dort trifft sie auf Jake und verliebt sich in ihn. Sie merkt allerdings, wie schwer es ihr fällt, sich auf all das Neue einzulassen, solange noch Fragen aus der Vergangenheit unbeantwortet sind.
Die Farbgebung des Covers gefällt mir gut, auch wenn sie etwas gegensätzlich ist. Das Orange ist warm und freundlich und erschafft durch das Blatt ein herbstliches, sonniges Bild. Das Lila ist kühler und fühlt sich wie Winter an. Zusammen mit dem rosafarbenen Blatt entsteht dann allerdings eine Schnittmenge in einem schönen sanften Rot, die auf einmal alles harmonisch wirken lässt.
Passend zum musikalischen Thema, sind immer mehrere Kapitel unter einem Musikbegriff zusammengefasst. Es startet beispielsweise mit der „Ouvertüre“. Das hat mir sehr gut gefallen, weil es zum einen ein Leitmotiv des ganzen Buches aufgreift, zum anderen aber auch jeder Abschnitt einzeln inhaltlich zu seiner jeweiligen Überschrift passt.
Mir gefällt es darüber hinaus sehr gut, dass es hier nicht nur um die Liebesgeschichte zwischen Rachel und Jake geht. Das Kennenlernen zwischen Rachel und ihrem Vater, das Aufbauen ihrer Beziehung, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Diese Art von Liebe geht im Genre häufig unter. In „Never let me down“ wird klar, wie wichtig das ist.
Rachel ist ein sympathischer Charakter. Sie hat viel durchgemacht, schafft es aber, nach vorne zu sehen. Sie hat häufig Sorge, andere vor den Kopf zu stoßen und ist sehr rücksichtsvoll. Im Verlaufe des Buches findet Rachel zu mehr Selbstvertrauen und es ist faszinierend, sie dabei zu begleiten.
Sarina Bowen hat auch ein paar wunderbare Nebencharakter erschaffen. Jake ist ein witziger und kluger Typ. Es gibt in dem Genre viel zu wenige Jungs bzw. Männer, die wirklich humorvoll sind und deshalb habe ich die Szenen mit ihm sehr genossen. Rachels Vater ist sehr facettenreich dargestellt. Er ist nicht der perfekte Muster-Vater, er hat keine Erfahrung damit und auch viel mit seinen eigenen Gefühlen zu kämpfen und die Vergangenheit zu bewältigen. Das lässt ihn für die Leser*innen menschlich und authentisch erscheinen.
Das Buch ist vollständig aus Rachels Perspektive geschrieben. Ich war wirklich beeindruckt, wie gut ich ihre Gefühle spüren konnte. Sarina Bowen hat es geschafft, dass ich mit Rachel gemeinsam aufgeregt war, mir sogar ein bisschen schlecht war vor dem ersten Treffen mit ihrem Vater. Auch die Schilderungen vom Krankheitsverlauf ihrer Mutter haben mich sehr mitgenommen. Obwohl all das für mich glücklicherweise unbekannte Situationen sind, hat die Autorin mir die damit verbundenen Emotionen so nahegebracht, als wären es meine eigenen. Zum Ende nur so viel: Ich musste ein paar Tränen wegwischen.
Wenn ich allerdings nochmal über alle inhaltlichen Aspekte reflektiere, bin ich nicht ganz zufrieden. Es gibt im Laufe der Erzählung viele Punkte, bei denen ich etwas verloren dastehe. Es sind keine klassischen, offenen Punkte, die nicht zu Ende geführt werden, sondern einfach Aspekte, die in der Geschichte sehr viel Erwähnung finden und dann zu nichts Wichtigem führen. Ich kann damit nur schwer etwas anfangen, wenn diese angedeuteten Ereignisse einfach ins Leere laufen.
Zusammenfassend hat mir diese gefühlvolle Geschichte sehr gut gefallen, sodass ich trotz einiger inhaltlicher Mängel zu 4 von 5 Sternen komme. Der Schreibstil zieht die Leser*innen direkt in einen Strudel aus intensiven Emotionen, was mich darin bestärkt, mehr von Sarina Bowen lesen zu wollen.