Gelungener Roman über Künstlerin Niki De Saint Phalle, ihr Leben und ihre Werke!
INHALT:
New York, 1947: Catherine Marie Agnès De Saint Phalle, genannt Niki, lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in einer noblen Stadtwohnung in der Park Avenue.
Bereits zweimal ist die 17-Jährige von der Schule geflogen, hatte sich immer wieder neue Schandtaten ausgedacht und damit die Lehrer und Nonnen in den Wahnsinn getrieben. Doch nun hat sie endlich das Abitur bestanden.
Die Eltern erwarten nach ihrem Schulabschluss, dass Niki standesgemäß heiraten wird. Doch Niki möchte kreativ sein, sich selbst verwirklichen und sich nicht in diesen Käfig einer sich unterwerfenden Hausfrau sperren lassen.
„Ich werde Regisseurin und Dramaturgin, vielleicht auch Malerin oder Bildhauerin. Auf jeden Fall würde sie ihre Liebe, ihre Angst und ihren Schmerz artikulieren und die Welt verändern. Die Macht, die sich Niki erträumte, wurde Männern in die Wiege gelegt. Frauen mussten sie sich erkämpfen. Aber sie war kampfbereit.“
Tatsächlich brennt sie kurze Zeit später mit einem Navy-Soldaten durch und zieht mit ihm und der gemeinsamen Tochter nach Frankreich.
Doch sie muss sich eingestehen, dass ihre eigene Kindheit tragischer gewesen sein muss, als bisher vermutet. Und plötzlich öffnet sich unter ihr ein Abgrund, der sie zu verschlingen droht. Wäre da nicht die Kunst, die ihr auch in schweren Zeiten Kraft schenkt und ihr als rettendes Ventil dient…
„Sie malte jeden Tag und hielt damit die Dunkelheit in Schach, die sie verschlingen wollte.“
(TRIGGERWARNUNG: Suizidversuch, Selbstverletzendes Verhalten, Depression, sexueller Missbrauch)
MEINUNG:
Tatsächlich wusste ich vor diesem Roman nicht allzu viel von der Künstlerin Niki De Saint Phalle. Lediglich ihre sogenannten „Nana“- Figuren, mit denen sie in Deutschland hauptsächlich bekannt wurde, hatte ich schon gesehen. Diese farbenfrohen, bunten Frauenfiguren erschafft die Künstlerin erst am Ende des Buches (in den 60ern).
Umso interessanter fand ich es, mehr von ihrem bisherigen Lebensweg, ihren Hintergründen und ihren künstlerischen Kreationen zu erfahren.
Die Figuren im Buch haben mir sehr zugesagt. Manche waren mir überaus sympathisch, andere das genaue Gegenteil (manchen hätte ich gerne die Meinung gegeigt). Auch Niki selbst hat hier ihre Ecken und Kanten, was für mich authentisch rüberkam.
Sie legt viel Wert auf Selbstständigkeit, möchte sich verwirklichen und die Kunst zu ihrem Beruf machen, statt die brave Ehefrau zu spielen und nur daheim zu sitzen und auf ihren Mann zu warten. Ihr starker, feministischer Charakter und dass sie weiß, was sie will, macht sie schnell sympathisch.
Ich konnte verstehen, dass sie nicht gerne von ihren Eltern kontrolliert wurde. Und es tat mir leid, wie sie von der Mutter teilweise behandelt wurde (Abwertung, wenig Hilfsbereitschaft, …) und was sie sonst noch als Kind erleben musste.
Ihr Leben wirkte auf mich äußerst unruhig, was gut zu ihrer Vergangenheit passte. Mit der Zeit bekommt man immer mehr Verständnis für ihren inneren Schmerz, weil man immer mehr Einblicke in ihre Kindheit und die damaligen Geschehnisse bekommt.
Bewundernswert, wie sie es schließlich aus Krankheit und Leid zur Künstlerin schafft und wie es ihr gelingt, u. a. ihren Schmerz, ihre Zerstörungswut und ihre Rachegelüste kreativ zu verarbeiten! Damit sieht man manche ihrer Werke mit ganz anderen Augen.
Und auch der damaligen Rolle als Frau möchte sie in ihrer Kunst Ausdruck verleihen:
„Ich bin eine Künstlerin der Frauen, dachte sie. Es geht um mich, aber es geht auch um uns alle. Unser Leben ist von der Geburt bis zum Tod durch gesellschaftliche Konventionen vorherbestimmt. Ich werde unsere Rollen ausloten und wenn möglich aufbrechen.“
Zwischendurch war ich von den ganzen Affären etwas genervt, es gab ein paar Längen und am Anfang ging mir Nikis Annäherung mit dem Navy-Soldaten etwas zu schnell.
Sonst hat mir das Buch aber gut gefallen.
FAZIT: Insgesamt ein gelungener Roman über Niki De Saint Phalle. Ich konnte einiges über die Künstlerin, ihre Werke und ihre interessante Lebensgeschichte erfahren. Danach sieht man ihre Kunst möglicherweise mit anderen Augen. 4/5 Sterne!