Rechtsradikale Terroristen im jüdischen Kindergarten - spannend, politisch aktuell!
(CN: v. a. Rechtsextremismus, Antisemitismus, Mord; sowie kurze Szenen mit: häuslicher Gewalt, Selbstverletzendem Verhalten & Tierquälerei)
INHALT:
2020: Noch immer geht vom Turm, der vor zehn Jahren (in Band 1) Schauplatz einer dramatischen Geiselnahme war, eine gewisse Kälte aus. Erst ist er zur Touristenattraktion geworden, um angeblich Albträume zu bekommen, und zog zahlreiche Jugendliche zum Campen an.
Doch seit einigen Jahren befindet sich im Turm nun ein jüdischer Kindergarten. Das Gelände wurde dafür eingezäunt und mit einer Hecke bepflanzt. Alles wird von Security-Leuten streng überwacht.
Dennoch verschaffen sich eines Tages rechtsextreme Terroristen Zutritt zum Gebäude und haben plötzlich zehn jüdische Kinder und zwei Erzieherinnen in ihrer Gewalt.
Sie verlangen nach ihrem ehemaligen Kameraden Karl Rieger, der die Seiten gewechselt und gegen sie ausgesagt hat und mittlerweile im Zeugenschutzprogramm lebt. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht!
Weder die Polizei noch die Rechtsextremisten ahnen, dass sich unter dem Turm ein Labyrinth an Katakomben befindet.
Doch jemand anderes vermutet dort unten noch etwas viel Wertvolleres und begibt sich ebenfalls auf die Suche …
Aber wie sollen Kriminaloberrat Schuster und sein Team die Festung des Turms bezwingen und die Kinder und Erzieherinnen retten, ohne dass die Lage völlig eskaliert?
MEINUNG:
Dieser 2. Band spielt 10 Jahre später als Band 1. Ich würde empfehlen, mit dem vorherigen Buch zu starten, da die Bücher etwas aufeinander aufbauen, bzw. Personen auftauchen, deren Vorgeschichte für die Handlung nicht irrelevant ist.
Trotzdem wird vor allem am Anfang vieles wiederholt, was ich als hilfreich empfunden habe, um in die Geschichte einzusteigen, da ich einiges wieder vergessen hatte.
Nachdem „Turmschatten“ bereits ein großes Highlight für mich war, war ich natürlich neugierig, ob Peter Grandl mich auch mit der Fortsetzung überzeugen würde.
Erneut fand ich die Themenmischung besonders gelungen!
Ja, man sollte sich schon für Politik interessieren. Der Autor greift im Buch mehrere reale Ereignisse auf, so z. B. das rechtsextremistische Attentat auf Politikerin Henriette Reker, 2015 beim Wahlkampf oder aber die Ermordung von Walter Lübcke. Und auch der Rechtspopulismus mancher AfD-Politiker wird deutlich gemacht.
Dazu die Reichsbürgerszene, die leider nach wie vor unter uns weilt, was die Geschehnisse in letzter Zeit, wieder einmal bewiesen haben! Dies lässt erschreckenderweise vieles im Buch noch realistischer wirken und gar mehr als zu weit hergeholt …
So vermittelt das Buch gleichzeitig einiges an Sachwissen über Politik und Rechtsextremismus, ohne dass es zu trocken wirkt.
Man bekommt den Eindruck, dass hier viel und detailreich recherchiert wurde. Und auch bei der ganzen Konstruktion der Geschichte wirken die Details gut durchdacht und ausgefeilt.
Dazu die jüdischen Kinder und Erzieherinnen, die in Lebensgefahr schweben – das hat mich an dem Buch ebenfalls sehr gereizt.
Das Verhalten und die Worte der Kinder empfand ich überwiegend als authentisch geschildert und dem Alter entsprechend dargestellt - etwas, worauf ich automatisch immer achte. Ab und zu musste ich trotz der ernsten Lage schmunzeln, weil mir manche Aussagen so typisch für Kinder erschienen.
Die Geschichte wird aus sehr vielen verschiedenen Perspektiven erzählt und springt außerdem häufig in Gegenwart und Vergangenheit hin und her.
Dadurch hatte ich am Anfang etwas Schwierigkeiten, in das Buch hineinzufinden. Doch mit der Zeit konnte ich mich immer besser damit anfreunden und letztendlich fügten sich alle Puzzleteile nach und nach zu einem ganzen Bild zusammen.
Aber es erfordert natürlich Konzentration und möglichst keine allzu langen Pausen zwischen den Kapiteln.
Spätestens ab dem zweiten Drittel konnte ich das Buch kaum noch zur Seite legen. Es blieb fast dauerhaft spannend und die Geschichte war richtig, richtig gut!
So gut, dass ich auch über kleinere Kritikpunkte hinwegsehen kann, bzw. muss, wie z. B., dass ich es als etwas unrealistisch empfunden habe, dass ein Kindergarten in einen Turm zieht, in dem die Jahre vorher Rechtsextremisten auftauchten, die es auf einen Juden abgesehen hatten (auch wenn dieser den Spieß letztendlich umgedreht hat).
Oder, dass am Ende vielleicht etwas dick aufgetragen wurde.
Mich hat die Story so gepackt, dass mich das nicht weiter gestört hat.
Was ich mir aber noch gewünscht hätte, ist ein Nachwort, in dem nochmals deutlich wird, was sich wirklich ereignet hat (z. B. bzgl. AfD-Politikern, Rechtsextremisten und AfD-Gegnern), und was erfunden wurde. Klar, einiges weiß man aus der Presse oder findet es im Internet. Doch da habe ich bei Geschichten, in denen Realität auf Fiktion trifft, immer gerne danach noch ein paar aufklärende Worte.
Aber sonst bin ich ausgesprochen begeistert und hoffe sehr auf eine weitere Fortsetzung!
FAZIT: Eine gelungene Fortsetzung, wieder mit einem außergewöhnlichen Szenario, welches mich schwer beeindrucken konnte! Wen eine spannende Geschichte über rechtsradikale Terroristen im Kindergarten lockt und wer Interesse an politischen Themen hat, dem möchte ich das Buch gerne empfehlen! Wieder ein Highlight und 4,5-5/5 Sterne!