Eine erste Einführung
Es vergeht kaum ein Tag, da man nicht irgendwo etwas über den Islam liest oder hört, meist in Verbindung mit geplanten oder durchgeführten Terroranschlägen.
Da der Autor vergleichende Religionswissenschaft studiert hat, hatte ich einige Erwartungen an das Buch in Bezug auf Sachinformation, die jedoch nicht vollständig erfüllt worden sind. Erst im Verlauf des Buches wird erwähnt, daß Nachtigall etliche Jahre als Missionar tätig war, und das taucht dann als Tendenz auch an einigen Stellen im Buch auf. Konkret und vor allem geht es um das Kapitel 4 „Die Herausforderung, Muslime zu erreichen“, in dem es ihm um Möglichkeiten der Mission geht. Das mag für manche ein interessantes Thema sein; in einem Buch, welches vor allem informieren und die „Angst nehmen“ will, ist so ein Abschnitt für meine Begriffe eher unpassend - oder wäre höchstens am Ende als eine Art Epilog denkbar, nicht jedoch an zentraler Stelle des Buches.
Ob es dem Autor gelungen ist, Angst vor dem Islam zu nehmen oder zu mindern, wird wohl jeder für sich selbst entscheiden müssen. Er gibt einen Überblick über die historische Entwicklung einschließlich der Beschreibung der größten islamischen Richtungen. Schon dadurch wird deutlich, daß es „den Islam“ bzw. „die islamische Welt“ nicht gibt, sind doch manche Richtungen miteinander dermaßen verfeindet, daß eine Versöhnung weit außerhalb des Denkbaren erscheint.
„Jesus befahl seinen Jüngern, das Schwert beiseitezulegen und endete am Kreuz. Mohammed führte Krieg und gewann.“ (S. 99) „Wie das Christentum ist auch der Islam ein absolutistischer Glaube: ‘Es gibt nur einen Weg.’ Doch die Botschaft kam aus einem Land mit bewaffneten Männern, nicht von zwölf staubigen Jüngern.“ (S. 101) In seinen ersten Jahrhunderten erlebte der Islam eine rasche und weite Verbreitung - vor allem durch Krieg, Eroberung und Unterwerfung. Im Gegensatz dazu litten die Christen in den ersten Jahrhunderten unter ständiger Verfolgung. Diese Grunderfahrungen prägen das Wesen beider Religionen bis heute und sind, wie der Autor schreibt, quasi in deren DNA übergegangen. Während der Gründer des Christentums gemartert und getötet wurde und dennoch zum Frieden aufrief, führte derjenige des Islam aktiv Kriege.
„Das Chaos, das die Vereinigten Staaten im Nahen Osten anrichten, betrifft Europa viel direkter als die USA - zum Beispiel in Form der Flüchtlingskrise“. (S. 143) Der Autor macht deutlich, daß ausgerechnet die USA, die am Wenigsten betroffen sind, am Härtesten und Militantesten reagieren. Während die USA ihre Mittel zunehmend ins Militärische stecken, investieren die europäischen Staaten vor allem in Sicherheit, wie Polizei. Und erreichen damit deutlich mehr mit deutlich weniger finanziellem Einsatz.
Einen vollständigen Überblick kann so ein relativ kurzes Buch naturgemäß nicht vermitteln, sondern nur Eckpfeiler. So wird der Koran kurz vorgestellt, auf „Der Koran und die Gewalt“ sowie das Recht der „Scharia“ eingegangen oder die „5 Säulen des Islam“ angerissen. Mit am Interessantesten fand ich das letzte Kapitel „Die Zukunft der islamischen Welt“, in dem er nach Ländern bzw. Weltregion gegliedert eine kurze Istbeschreibung sowie einen Ausblick, wie es sich dort möglicherweise entwickeln könnte, gibt.
Insgesamt vermag das Buch zu einem ersten Überblick zum Thema zu verhelfen, wer sich näher für die Thematik interessiert, wird jedoch nicht umhin kommen, sich weitere Literatur zu Gemüte zu führen.