Nicht besonders spannend
Obwohl Frankie Sheehan ihren letzten Einsatz nur mit knapper Not überlebt hat und noch immer an den Folgen knabbert, setzt ihr Vorgesetzter sie aus Personalmangel an den Fall Eleanor Costello. Was zunächst nach Selbstmord aussieht, entpuppt sich schnell als Auftakt einer Mordserie. Während Frankie und ihr Team verzweifelt nach Anhaltspunkten suchen, hat sie immer wieder Flashbacks. Die Spur führt ins Darknet und immer mehr Verdächtige tauchen auf …
Der Kunstkniff, dass der Strang mit Frankies Vergangenheit quasi mehr Spannung und einen zweiten Fall ins Buch bringen soll, ist in meinen Augen gründlich danebengegangen. Auf weiten Strecken habe ich mit dem Gefühl gekämpft, versehentlich einen zweiten Teil einer Serie zu hören. Nachgeforscht und festgestellt: nein, es ist Band eins. Das half dann aber auch nicht, die nötige Ruhe und Sicherheit zu bekommen – mir fehlte einfach immer ein Stück, um alles zusammenzubringen und zu verstehen.
Dazu kommt, dass mir leider keine der Figuren auf irgendeine Weise besonders am Herzen liegen würde. Obwohl ich meist zu empathisch bin, lässt mich Frankies Drama erstaunlich kalt. Ihre Flashbacks und dazugehörigen für Außenstehende unverständlichen Reaktionen haben irgendwann genervt, statt Spannung zu erzeugen. Auch wurde irgendwann der Bogen überspannt mit zu vielen möglichen Verdächtigen, absurden Erklärungen, warum wer nicht der Täter sein kann und „erstaunlichen“ Wendungen.
Seltsamerweise habe ich aber das komplette Hörbuch fasziniert gehört. Es war trotz aller Meckerei weder langweilig, noch hatte ich den Wunsch, abzubrechen. Aber wirklich eingeprägt hat sich nicht sehr viel von diesen 445 Minuten bzw. 101 Tracks. Sabina Godec liest das Buch perfekt ein. Sie betont „ungekünstelt“ und man hört ihr einfach gerne zu. Doch das reißt das Ruder leider nicht herum – am Ende kommt es zu einem für mich fast schon an den Haaren herbeigezogenen Showdown, der mich zudem fragen lässt, wie Frankie je einen so hohen Rang erlangen konnte.
Auch fehlt mir das irische Flair. Wenn nicht hin und wieder Dublin erwähnt werden würde, würde ich komplett vergessen, dass der Plot dort spielt. Vielleicht gibt es einfach zu viele verkorkste Ermittler, die mit den eigenen Dämonen zu kämpfen haben, als dass ich Frankie als besondere Figur erachten könnte. Sie hat rein gar nichts von einer Jordan Cavanaugh oder einer Jane Rizzoli, die auf ihre Weise tough durchs Leben gehen, wild entschlossen ermitteln und damit zu einer Art mutiger Freundin werden. Sie ist blass und farblos und das ist für mich bei einem Thriller einfach ein No Go.
Obwohl die Ermittlungen zäh vonstattengehen, zu wenig auf einzelne Aspekte eingegangen wird und die Figuren austauschbar sind, hatte ich keine Langeweile beim Hören. Das ist schon fast ein Paradoxon und wundert mich, ehrlich gesagt, selbst. Für einen Thriller ist „Zu nah“ zu lahm, es ist eher ein Mittelklassekrimi. Deshalb vergebe ich drei Sterne.
(c) Catmaniac