Sich finden
Die Schönheit der Nacht, Roman von Nina George, 315 Seiten, erschienen bei Droemer Knaur.
Eine Geschichte vom Werden, vom Versteinern und vom Aufbrechen übers Frau sein und frei sein.
Seit ihr Sohn Nico erwachsen ist, haben Claire und Gilles nicht mehr viele Gemeinsamkeiten. Sie schlafen getrennt, Gilles hat verschiedene Affären und auch Claire verbringt anonyme, amouröse Stunden mit fremden Männern. Nach einem dieser Treffen trifft sie im Hotelflur auf Julie. Am selben Abend will Nico Claire und Gilles Sohn, den Eltern seine neue Freundin vorstellen. Und Claire fällt aus allen Wolken, es ist die junge Frau vom Hotelflur – Julie.
Soweit die Leseprobe, ich war sofort von dieser Geschichte begeistert. Ein Frauenroman, eingeteilt in 33 Kapitel, die französischen Phrasen, Liedzeilen, bzw. die Gedanken der Charaktere sind kursiv gedruckt und heben sich deutlich ab. Anfangs war ich hellauf begeistert von der wunderbaren Sprache, der bildhaften Beschreibung und der Lebhaftigkeit der beschriebenen Dialoge. Bis ich mit der Zeit realisiert habe, dieses Buch hat eine äußerst schwache Handlung, die Spannung die ich mir anfangs erhofft habe blieb jedoch äußert flach. Zwar konnte ich der Handlung folgen und sie auch nachvollziehen. Jedoch blieben mir die Beweggründe der Charaktere oft verschlossen. Zu jeder Zeit konnte ich die Lektüre unterbrechen, das Buch auch einige Tage aus der Hand legen. Dabei hat mich aber die Sprache, mit der Nina George Bilder vom Meer, Häusern, Landschaften und Stimmungen „gemalt“ hat, total überwältigt. Wenn ich zu lesen begonnen habe, meist gleich viele Seiten. Die Sprache der Autorin hat alle meine Sinne beschäftigt, Gefühle Gehör, sehr oft werden Lieder und Tänze erwähnt, oder die Geräusche der Natur. Die Schilderung vom Geschmack der Speisen oder von Weinen, all das hat mir sehr gut gefallen.
Mit Claire, der Professorin für Verhaltensbiologie konnte ich mich absolut nicht identifizieren. Sie ist die Versteinerte, die Felsin. Ich finde, für eine Frau die so erfolgreich, klug, gut aussehend und nicht unvermögend ist. Ist sie mit ihrem Leben einfach viel zu unzufrieden. Eine Frau an der man sich wehtun konnte wenn man ihr zu nahe kam. Auch ihre Ansichten über ihre Mutterschaft fand ich unmöglich, mehrmals wird im Buch betont, dass sie nie ein Kind wollte. Wie sie Schwangerschaft und Muttersein als Last empfand. S. 34/35 Der Körper fremdbenutzt, die Seele wird auseinandergerissen und ein Teil von ihr gehört dem Kind und geht mit ihm, egal wohin, für immer. Oder S. 67. Und wie ihr Sohn da so saß, wurde ihr bewusst, dass er sie als Frau ohne Frausein sah. So wie alle Söhne dies tun…. und doch war es so ungerecht, dass Claire ihrem Sohn am liebsten eine Ohrfeige gegeben hätte, stellvertretend für alle Mütter. Auch die psychologischen Analysen und Gedanken der Protagonistin über Verhaltensweisen ihrer Gegenüber, waren m. M, nach zu ausschweifend, zu langweilig. Die Person Julie fand ich interessant, ihre Ängste waren für mich eher nachvollziehbar sie hat im Laufe der Geschichte die größte charakterliche Wandlung durchgemacht. Die männlichen Charaktere sind im vorliegenden Roman sehr schlecht „weggekommen“ gerne hätte ich etwas mehr über Gilles erfahren, auch Nicolas der Sohn des Paares blieb relativ blass. Das Ende der Geschichte fand ich schön. Trotz einiger Kritikpunkte bin ich froh, das Buch gelesen zu haben. Schon der schönen Sprache wegen. Von mir 3 von 5 Sternen.