Ein emotionaler Sog
„Bad at love“ ist der neue New Adult Roman von Morgane Moncomble aus dem Lyx Verlag. Es handelt sich um einen Einzelband und zudem um das erste Buch, das ich von der Autorin gelesen habe.
Azaléa hat vor vier Jahren ihre Heimatstadt verlassen und wollte nie wieder zurückkehren. Zu furchtbar sind die Erinnerungen an ihre Vergangenheit. Der Tod ihrer Mutter zwingt sie jedoch zu einem Besuch. Dabei lernt sie ihren Nachbarn Eden kennen. Dieser lässt sie an ihren beiden Entschlüssen zweifeln: zum einen, möglichst schnell wieder zu verschwinden, zum anderen, keine echte Beziehung einzugehen.
Das Cover ist eher künstlerisch und abstrakt, was seit einiger Zeit im Trend liegt. Obwohl mir Cover mit Bezug zum Inhalt besser gefallen, ist dieses trotzdem schön gestaltet. Mir gefällt der hohe Grauanteil und dass es nicht so bunt und quietschvergnügt aussieht – alles andere wäre Hohn bei so einem ernsten Thema. Die goldenen Flocken, die nach oben und unten vom Titel wegbrechen, setzen farblich einen schönen Akzent. Die schmutzig-schwarze Schrift lässt goldene Buchstaben durchblitzen. Eine Anspielung auf den Inhalt?
Azalée ist ein wundervoller Charakter. Sie hat schreckliche Dinge erlebt und bei der Beschreibung ist mir richtig schlecht geworden. Ihr bissiger Humor ruft neben einem ersten Lachen auch immer einen faden Beigeschmack hervor, weiß man doch genau, dass sie nur ablenken will. Auch Edens Vergangenheit war nicht immer strahlend. Doch er macht sich frei von Vorurteilen und Gerüchten, ist äußerst sensibel, geht meistens sehr gut auf Azaléa ein und ist einfach der beste Partner, den die Autorin für ihre Protagonistin hätte erfinden können.
Das ist mein erster Roman von Morgane Moncomble und endlich verstehe ich, woher die Schwärmereien über ihre ersten beiden Bücher kommen. Ihr Schreibstil ist wirklich mitreißend und sehr gefühlvoll. Ich hatte zum Teil selbst Gänsehaut, so gut konnte ich mir die Umgebungsgeräusche, Stimmen und Situationen vorstellen.
Nach einem schnellen Einstieg in Azaléas Leben und ihre Vergangenheit war ich bereits vollkommen sprachlos. Eine tolle Abwechslung, dass die Leser/innen direkt mit den vergangenen Erlebnissen der Protagonistin konfrontiert werden und kein langes Rumrätseln der anderen Charaktere ertragen müssen, wobei man selbst ab Seite 20 weiß, was los ist. Dennoch muss man das Gelesene erstmal verarbeiten. Bitte beachtet, dass das Buch Triggerwarnungen zu verschiedenen Themen enthält.
Doch Morgane Moncomble belässt es nicht bei der Bewältigung traumatischer Kindheitsereignisse. Die Geschichte erhält zudem einen spannungsgeladen Handlungsstrang in der Gegenwart, der mich sehr gefesselt hat, aber gleichzeitig auch Azaléas Unbehagen auf mich übertragen konnte. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich beim Lesen ein Strudel aus vielen verschiedenen Emotionen gebildet, ein verhängnisvoller Sog, den ich so gut spüren und ihm nicht entkommen konnte und der mich vollumfänglich mitgerissen hat. Dieser explosive Cocktail entlädt sich zum Höhepunkt des Romans mit einem Knall, der mich eiskalt getroffen hat. Ich hatte von Beginn an das Gefühl, dass ich diese Geschichte nicht ohne Tränen hinter mich bringen könnte und das ist in Ordnung.
Es ist nicht leicht mit einigen Wahrheiten konfrontiert zu werden, aber ich bin froh, dass Morgane Moncomble nichts beschönigt. Genauso, wie sie schreibt, ist auch die echte Gesellschaft und jeder kann eine Lektion aus dieser Geschichte mitnehmen und für sich selbst reflektieren. Fast schon nebenbei lässt die Autorin noch das Thema Feminismus mit kurzen und gut platzieren Kapiteleinleitungen einfließen.
Zusammenfassend komme ich zu 5 von 5 Sternen! Es war eine emotionale Achterbahnfahrt mit kleinen Erfolgen und großen Rückschlägen, Liebe und Freundschaft. So einen Tiefgang findet man selten in dem Genre! Morgane Moncombles nächstes Buch, „Back to you“ (ET 26.03.2021; ebenfalls ein Einzelband) werde ich mir definitiv kaufen und auch ihre „Never“-Reihe nachholen, aber meine Erwartungen sind jetzt unermesslich hoch!