Fesselnder Psychothriller
Der Roman „Schrei nach Rache“ ist Matthias Bürgels zweiter Thriller um den nach einem Unfall querschnittgelähmten Profiler Falk Hagedorn.
An vier deutschen Flughäfen wird innerhalb kurzer Zeit jeweils die grausam zugerichtete Leiche eines Mannes aufgefunden. Obwohl es zunächst keine erkennbaren Gemeinsamkeiten zwischen den Ermordeten gibt, weisen die Tatortspuren auf einen Serientäter hin. Die ermittelnden Beamten des LKA sind jedoch überrascht, als sich herausstellt, dass die hinterlassenen DNA-Spuren von einer Frau stammen. Daraufhin bittet das LKA den griesgrämigen Fallanalytiker Falk Hagedorn, der eigentlich nicht mehr für die Polizei tätig werden will, als externer Berater ein Profil der Täterin zu entwerfen. Widerstrebend lässt sich der an den Rollstuhl gefesselte Hagedorn auf den Auftrag ein. Doch anhand seines Psychogramms keimt in ihm der Verdacht, dass er die Mörderin persönlich kennen könnte. Der sich daraus entwickelnde Fall fordert Hagedorn physisch und psychisch bis auf das Äußerste.
Wenn ein Autor, der im Hauptberuf Polizist im Range eines Kriminalhauptkommissars ist, Kriminalromane schreibt, darf man als Leser ein gehörige Portion Realismus erwarten, denn schließlich weiß der Mann, wovon er spricht. Nun ist echte Fahndung nicht immer so spannend wie fiktive, so dass es gilt, einen Mittelweg zwischen Dramaturgie und Authenzitätsanspruch, den man als Fachmann sicherlich an sich selbst hat, zu finden. Vielleicht ist es da von Vorteil, dass hier weniger die polizeiprozedurlichen Ermittlungen im Zentrum stehen als die Leistungen eines Fallanalytikers sowie zwischenmenschliche Beziehungen und seelische Abgründe. „Schrei nach Rache“ ist nach „Dunkler Hass“ der zweite Auftritt des als knorrig beschriebenen Psychotherapeuten und Profilers Falk Hagedorn, und der Thriller dreht sich wie sein Vorgänger um einen Serienmörder, wobei es Matthias Bürgel durchaus gelingt, dem Thema einen originellen Twist zu geben, da es sich hier – ohne jetzt zu viel zu verraten – um keinen typischen Serienkiller handelt. Doch auch wenn die reine Polizeiarbeit eher in der Nebenhandlung vorkommt, hat man doch den Eindruck, dass diese glaubwürdiger geschildert ist als in den meisten Krimis. Hier brillieren in vielerlei Hinsicht Fachwissen und saubere Recherche.
Hagedorn ist eine tatkräftige Figur mit Ecken und Kanten, die einem bei aller Kauzigkeit schnell sympathisch wird. Seine Behinderung wird thematisiert, aber nicht problematisiert. Ein beträchtlicher Teil der Handlung wird aus seiner Perspektive erzählt. Auch die ermittelnde Beamtin Nadine Adler, Kriminalrätin des Landeskriminalamtes und Leiterin der Sonderkommission, ist ein interessanter Charakter mit Stärken und Schwächen. Die beiden ergänzen sich zu einem guten Team, von dem man gerne mehr lesen möchte.
Bürgel versteht es, vom Prolog an fesselnde Spannung aufzubauen, und verknüpft nach und nach die einzelnen Handlungsfäden in sich schlüssig, bis sich aus dem Puzzle ein Gesamtbild ergibt. Die verschiedenen Handlungsorte, Personen und Geschehnisse fordern die Aufmerksamkeit des Lesers. Doch als die Täterin feststeht, folgt eine überraschende Wendung bis zu einem dramatischen und tragischen Showdown, der schockiert. Der Schreibstil ist modern, locker, unterhaltsam und flüssig lesbar. Das Ende lässt auf eine Fortsetzung hoffen.
Insgesamt ist „Schrei nach Rache“ ein rasanter Thriller, der sich hervorragend für einen entspannten Leseabend eignet.