Schatten der Vergangenheit
Nach dem Tod ihres Onkels kehrt Levander widerwillig auf die Insel Malcolm Island zurück. Nach einem Unfall vor 12 Jahren hatte sie diese verlassen, um nie mehr zurückzukehren. Doch nach dem Abbruch ihres Studiums hat sie keinen andere Möglichkeit als vorläufig in dem Haus, das sie von ihrem Onkel geerbt hat zu wohnen, bis sie es gewinnbringen verkaufen kann. Noch nicht mal angekommen, trifft sie auf einen freundlichen jungen Mann, Jonne, dessen Augen ein Lichtblick in ihrem trostlosen Dasein bilden. Auch er ist sofort in ihren Bann geschlagen... bis er merkt, wen er da kennengelernt hat. Für ihn ist Levander die Frau, die Schuld ist an den Dingen, die ihm widerfahren sind und deshalb hasst er sie. Doch die Insel ist klein und so laufen sich die beiden öfter über den Weg, als ihnen lieb ist. Und auch wenn beide es nicht wollen, lässt sie ihre erste Begegnung nicht los.
Mir gefiel auf Anhieb das Cover, das im Nachhinein sehr gut zu dem Roman passt, da hier die Gefühle genauso aufgewühlt sind, wie das rauhe Meer. Nicht nur die Beziehung der beiden Protagonisten untereinander ist schwierig. Jeder der beiden hat seine ganz eigenen Dämonen zu bekämpfen. Levander hat unglaublich große Schuldgefühle, weil sie nach einem Unfall ihren Onkel im Stich gelassen hat, weil sie nicht mal zu seiner Beerdigung gekommen war. Zudem steckt sie an einem Punkt in ihrem Leben fest, an dem sie nicht weiß, wie es weitergehen soll. Man spürt, dass mehr hinter ihrer vorsichtigen, unsicheren Art steckt. Jonne hingegen ist voller Hass auf jemanden, den er gar nicht persönlich kennt. Er glaubt sie sei Schuld daran, dass ein Freund leiden musste. Mit sich selbst schon nicht im Reinen, ist jede Begegnung der beiden sehr emotional beschrieben. Fast greifbar sind die inneren und äußeren Konflikte. Abwechselnd wird aus Levanders und Jonnes Perspektive erzählt. Neben den Protagonisten gibt es allerdings auch viele andere, tolle Charaktere. Inselbewohner, die das Flair einer solchen Gemeinschaft einfach toll transportieren und als Vermittler zwischen den Fronten dienen.
Doch nicht nur durch die Figuren erhält man einen guten Einblick in das Leben auf der kleinen kanadischen Insel, es sind auch die Beschreibungen von Wind und Wetter, von Meer und Natur, die das Geschehen authentisch machen und die Zerrissenheit der Protagonisten perfekt transportieren. Stellenweise nehmen die trüben Gedanken, vor allem die von Levander, sehr ein, so dass man wirklich aufpassen muss, dass man davon nicht mit runtergezogen wird. Ein entsprechender Trigger-Hinweis ist vorhanden. Natürlich bietet das Buch neben allem Tiefgang auch Romantik und sogar einige lustige Begebenheiten, über die ich schmunzeln konnte. Der Schreibstil sorgte dafür, dass ich mir die ein oder andere unfreiwillig fast bildlich vorstellen konnte. Ein tolles, einfühlsames, manchmal bedrückendes Buch, das ich gern allen empfehle, die düstere Gedanken ertragen können und gerne Lesen, wie aus Feinden Freunde werden. Oder mehr. 4,5 Sterne
PS: Das dazugehörige Hörbuch finde ich leider furchtbar, da ich mir die Stimme und Intonation der Sprecherin einfach nicht anhören konnte. Ständig wurde hier die letzte Silbe beim Lesen unendlich lang gezogen, was bei der ohnehin geringen Lesegeschwindigkeit nervtötend war und ich auf 2-fache Geschwindigkeit hören musste. Zudem haben mir hier komplett die Emotionen gefehlt. Die männliche Stimme war ok, da aber immer gewechselt wird, ist für mich das Selberlesen die einzige Alternative.