Verschwiegen & Vergessen: Frauen im Vietnamkrieg - dramatisch, fesselnd & emotional!
INHALT:
Coronado Island, Kalifornien, 1966: Der zwanzigjährigen Frances Grace McGrath wurde früh beigebracht, wie man sich als junge Lady zu verhalten hat. Ihre Eltern haben eine genaue Vorstellung davon, was ihre Zukunft betrifft.
„Frankie hatte gelernt zu glauben, es sei ihre Aufgabe, eine tüchtige Hausfrau zu werden, artige Kinder zu erziehen und für ein schönes Zuhause zu sorgen.“
Doch die Unruhen im Land und der Krieg im fernen Vietnam geben der Krankenschwesterschülerin zu denken.
„An Krankenschwestern in Vietnam hatte Frankie bisher noch nie gedacht, Frauen wurden in den Zeitungen nie erwähnt. Und gesprochen wurde über Frauen im Krieg erst recht nicht.“
„Frauen können doch auch Helden sein“, hörte sie einen Freund ihres Bruders sagen.
„In diesem Moment erlebte Frankie eine Offenbarung, sie spürte einen kühnen, ungewohnten Ehrgeiz in sich aufsteigen.“
„Sie fragte sich, warum es ihr selbst noch nie in den Sinn gekommen war, dass ein Mädchen, eine Frau, ebenfalls einen Platz auf der Bürowand ihres Vaters einnehmen könnte, wenn sie etwas Heroisches oder Wichtiges getan hatte.“
Frankie möchte Leben retten! Und so meldet sie sich zum Leidwesen ihrer Eltern, als junge, frisch gebackene Krankenschwester beim Army Nurse Corps und fliegt als einzige Frau unter 257 Soldaten nach Vietnam.
Dort arbeitet sie in einem Evakuierungs-Krankenhaus und kümmert sich um Schwerstverletzte.
Sie wird ins kalte Wasser geworfen, so viel Leid, so viele tote Menschen, das hatte sie nicht kommen sehen. Doch sie wächst an ihren Aufgaben, auch wenn die Umstände noch so schwierig sind.
Frankie lernt den Arzt Jamie kennen, schließt Freundschaften fürs Leben und erfährt in all dem Chaos und Leid dennoch kleine glückliche Momente.
Der tägliche Kampf um Leben und Tod kann einen Menschen sehr verändern, ebenso den Blick auf das Leben.
Als Frankie zurück nach Hause kommt, fühlt sie sich orientierungslos. Sie muss feststellen, dass niemand etwas vom Krieg und von ihren Erlebnissen hören möchte. Die Menschen sind wütend, protestieren gegen den Krieg und beschimpfen die Veteran*innen, statt deren Leistungen anzuerkennen.
Für viele Menschen gab es in Vietnam überhaupt keine Frauen. Sie wurden verschwiegen und viele ihrer Heldinnen-Geschichten wurden nie erzählt …
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MEINUNG:
Ich liebe die Bücher von Kristin Hannah! Sie sind für mich mittlerweile ein Garant für großartige, fesselnde, dramatische Geschichten, die noch lange im Kopf und vor allem im Herzen bleiben.
Die deutschen Buchtitel und Cover der Autorin wirken manchmal etwas sentimentaler und leichter, als es die Inhalte tatsächlich sind.
Die Geschichten handeln teilweise von schwierigen Familienverhältnissen & Liebesbeziehungen, manche von ihnen haben historischen Bezug und wirken gut recherchiert. So auch „Die Frauen jenseits des Flusses.“
Das Buch spielt hauptsächlich zwischen 1966 und 1974, das letzte Kapitel 1982 (zur Orientierung: Der Vietnamkrieg war von 1955 bis 1975).
Man braucht kein geschichtliches Vorwissen, um die Handlung zu verstehen. Trotzdem lädt das Buch dazu ein, selbst noch mehr über die Vorkommnisse zu recherchieren.
Mehr als die historische Komponente steht jedoch der Umgang mit dem Kriegsgeschehen, den Erlebnissen und den Veteran*innen im Fokus.
Mir war vorher nicht klar, dass heimgekehrte Soldaten damals beschimpft und erniedrigt wurden, bis sie sich zum Teil schämten, oder, dass die Geschichten von Frauen im Einsatz so unter den Teppich gekehrt wurden! Denn ja: Auch Frauen können Heldinnen sein und das waren sie und sind sie noch heute!
Dies wurde bei Frankie mehr als deutlich. Ihre Entwicklung fand ich klasse und ihre Arbeit als Krankenschwester wird sehr spannend und eindrücklich geschildert! Dabei sollte man wissen, dass es hierbei um schwerste Verletzungen und fehlende Körperteile geht und man viel mit Tod und Leid konfrontiert wird – es ist keine leichte Lektüre.
Obwohl ich sonst nicht so viel über Blut und Wunden lesen kann, habe ich das alles mit Spannung verfolgt.
Kein Wunder, dass Frankie nach ihrem Kriegseinsatz lange braucht, um sich im Leben zurechtzufinden. Viele Menschen werden im Krieg mit traumatischen Geschehnissen konfrontiert. So stellt sich die junge Krankenschwester danach die Frage, wie es weitergehen soll und hadert mit sich selbst und ihrem Leben.
Neben dem Thema Freundschaft, gibt es diverse Liebesgeschichten im Buch, die mir manchmal etwas zu viel und an mancher Stelle ein bisschen zu vorhersehbar waren. Gegen Ende wurde für mein Empfinden zu dick aufgetragen. Aber das bleibt mein einziger kleiner Kritikpunkt.
Sonst fand ich die Geschichte großartig, mitreißend und emotional geschildert!
Die Autorin spricht von einem „Herzensprojekt“, welches mehrere Jahre in Anspruch genommen hat. Das merkt man beim Lesen. Vor allem die Erzählungen über Vietnam wirkten auf mich äußerst authentisch und sind der Autorin mehr als gelungen!
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FAZIT: Kristin Hannah schreibt mitreißend, dramatisch und hochemotional von einer jungen Frau, die in den Vietnamkrieg zieht, ihr Leben riskiert, um andere Menschenleben zu retten, und bei ihrer Rückkehr mit Ablehnung, Beschämung, Trauma und Orientierungslosigkeit konfrontiert wird. Eine Heldinnengeschichte, die stellvertretend für all die vergessenen und verschwiegenen Frauen steht! 4,5/5 Sterne und für mich wieder ein Highlight!
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C. N.: V. a. schwere Kriegsverletzungen & abgetrennte Körperteile, Krieg, Tod, Trauer, Trauma, PTBS. Aber auch viele weitere sehr sensible Themen, die ich hier nicht nennen kann, ohne zu sehr zu spoilern!
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INFO:
Kristin Hannah selbst, geboren 1960 in Südkalifornien, hat laut ihrem Nachwort die Zeit des Vietnamkrieges als junge Schülerin erlebt und erinnert sich an die Proteste, an die düsteren Nachrichten, dass so viele junge Männer starben und wie Kriegsveteranen nach ihrer Rückkehr behandelt wurden.
Beim Lesen von Augenzeugenberichten, musste sie erkennen, dass die Heldinnengeschichten der Frauen, die dort waren, oft vergessen oder übersehen wurden.
Die Zahlen sind bis heute nur schätzbar. Laut der Vietnam Women’s Memorial Foundation, waren etwa 10.000 Frauen in Vietnam stationiert (u. a. als Krankenschwestern, Ärztinnen, Klinikpersonal, Flugsicherung und im Militärgeheimdienst).
Schön, dass die Autorin auf diese vergessene Frauen, ihre Geschichten und ihre Leistungen aufmerksam macht und ihnen dieses Buch widmet!