„……….und es gibt nur eines, was wir dem Tod sagen: „Nicht heute“.“
Stärker als die Nacht – April & Storm von Karen Ashley
Die Schatten der Nächte. Sie können viel bedeuten. Zum einen Personen, die geistig und in ihrem Schatten einfach umnachtet sind. Natürlich meine ich das aber nicht. Wir verbinden Nächte mit der Dunkelheit, die ihnen anheim ist. Das Licht als Quelle des Tages, des Lebens, der Helligkeit, auch im Leben. Doch gibt es bei Sonnenschein immer Schatten, und in der Nacht Licht, selbst, wenn es so nicht scheint. Und aus diesem Grund wurde wohl seit jeher die Nacht als böse bezeichnet, während der Tag das Gute darstellt. Tatsächlich hatte ich letztens mit jemandem eine Diskussion über „Carpe Diem“ oder „Carpe Noctem“. Denn die einen leben den Tag, und die anderen die Nacht. Doch was ist, wenn die Nacht nicht von der Tageszeit abhängt, sondern eine Beschreibung dessen ist, in welcher Lebensphase wir uns befinden? Wenn wir uns in tiefster Dunkelheit unserer eigenen Nacht befinden, selbst bei Tag, und keiner uns aus dieser tiefen Nacht herausholen kann, weil die Dunkelheit von uns Besitz ergriffen hat, und nicht weichen möchte? Es gibt Wege aus dunklen Phasen herauszukommen, und das kann man alleine, aber auch mit Hilfe von anderen Menschen schaffen. Und manche Menschen kommen trotzdem nicht aus ihrer Dunkelheit heraus, weil sie an ihnen haftet. Nächte, durch die wir uns kämpfen, können also viel bedeuten. Zum einen einfach Schlaflosigkeit oder Alpträume. Sie treten auf, wenn es uns schlecht geht, aber auch manchmal wenn es uns gar gut gehen mag, und uns unterbewusst irgendwas stört. Zum anderen natürlich Lebensphasen der Dunkelheit, durch die wir uns kämpfen müssen. Und davon gibt es manchmal wahrlich mehr als genug. Denn für jeden selbst kann seine eigene längste Nacht des Lebens ein Ereignis sein, das einen so beeinflusst, dass es einen gerne mal in die Dunkelheit zieht. Warum ich das erzähle, ist diesmal ziemlich klar. Denn wer auf den Titel des Buches schaut, wird feststellen, dass hier irgendwas stärker als die Nacht ist. Was allerdings genau die Nacht bedeutet, und was stärker ist, das sollte jeder selbst bei der Lektüre herausfinden.
Die Geschichte des Buches:
Es geht um April und Storm. April, die vor einiger Zeit aus Deutschland in die USA kam, ist dort, um einen Neuanfang nach einer Krebserkrankung zu wagen. Sowohl im privaten, als auch im beruflichen Sinne. Doch wie es immer im Leben so ist, klappt nicht alles, wie geplant. Auf einmal ist der Freund, mit dem sie in die USA kam, weg, und Aprils Mieterin und Mitbewohnerin ebenfalls. Die allerdings aus anderen Gründen und mit begrenzter Zeit. Diese muss genutzt werden, um einen neuen Mitbewohner zu finden. Immerhin sind die Mieten nicht sehr günstig, und allein schwer zu tragen. Nach einigen Vorstellungs-Fiaskos steht nun also Storm vor Aprils Tür. Er, voller äußerlicher Narben und körperlich beeinträchtigt, sie, voller innerlicher Narben, und sehr misstrauisch, ob das klappen kann. Doch nicht nur April hat Narben der Vergangenheit auf ihrer Seele, denn Storm hat sowohl diese, als auch seine äußerlichen. Und zu allem Überfluss fühlen sich beide dann auch noch zueinander hingezogen, und eine Menge Dinge passieren. Doch kann etwas gut gehen, wenn beide Teile eines Ganzen Beschädigungen aus ihrer Vergangenheit mitbringen? Auch das findet man in der Geschichte heraus.
Cover und Titel:
Das Cover gefällt mir sehr gut, weil es nicht einfach nur ein Farbcover ist, sondern auch die Silhouette der Häuser zeigt, und damit auf das Thema des Buches und der Wohnungssuche anspielt. Denn ja. Die Geschichte um April und Storm wird eine Trilogie werden, und „Stärker als die Nacht“ ist Band 1. Womit wir auch beim Titel wären, denn dieser bezieht sich auf die Nacht und das Starksein. Auf die Dunkelheit der Vergangenheit. Und was beides miteinander zu tun hat. NACH der Lektüre wird man dann auch genau wissen, was es damit auf sich hat. Aber der Titel gefällt mir, weil er sich wirklich auf den Inhalt bezieht. Sowohl auf Szenen, als auch darauf, dass man manchmal stärker als die Nacht, also als seine eigene Dunkelheit sein muss, um diese zu vertreiben.
Fazit und Gedankenallerlei:
Wie schon erwähnt, ist Stärker als die Nacht Teil 1 einer Trilogie um April und Storms Geschichte. Es wird also weitergehen. Erwähnt haben will ich es trotzdem. Schon allein deswegen, damit man einiges besser versteht, was ich hier schreibe. Am Anfang kam ich nämlich wirklich mit allem sehr gut zurecht. Mit dem Schreibstil, mit der Atmosphäre, und sogar mit der Thematik. Nur mit einer Sache nicht: Mit April! Gelegen hat das Ganze daran, dass sie, aufgrund ihrer Vergangenheit, und der Angst vor dem Kontrollverlust, und dem Ausgeliefertsein an eine Krankheit, alles total durchplant. Sie erscheint oft recht kalt, unnahbar. Für mich als Mensch, der gar nicht so ist, und mit solchen Menschen auch oft nicht klarkommt, war das recht schwierig. Sind doch die Protagonisten bei mir das Wichtigste. Ich habe April oft verstanden in ihrem Agieren, und warum sie etwas tut. Habe aber nicht verstanden, warum sie es so tut, wie sie es eben getan hat. Ihre Kühle war zusätzlich nochmal etwas, womit ich anfänglich nicht gut klarkam, weil ich Menschen mag, die Wärme ausstrahlen. Und mit einigen ihrer Äußerungen habe ich dann auch nicht übereingestimmt. Es hat also eine Weile gedauert. Aber Tatsache ist auch, dass irgendwann der Punkt kam, wo ich April so hingehend verstanden habe, wovor sie Angst hat, und warum sie nur in ihren Planungen ihr Leben in den Griff und unter ihre eigene Kontrolle bekommen will. Und um das zu kapieren hat es eine Weile gebraucht. Denn April möchte die Kontrolle über sich selbst behalten, andernfalls würde sie die Kontrolle über sich niemand geringeres überlassen als dem Tod. Und der kann ja wirklich sehr bedrohend sein. Das also gleich am Anfang, damit ihr versteht, in welchem Zwiespalt ich gesteckt habe. Diese tolle Geschichte, und April, die ich verstehe, und doch nicht verstehe. Und die Hoffnung auf die Fortsetzungen, denen ich wirklich mit Spannung entgegenblicke. Nicht nur im Hinblick auf eine Wandlung von April, sondern weil ich wirklich so neugierig zurückgelassen wurde, und unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht. Deshalb liebe April, bekommen du und Storm 4,5 Sterne, die ich aufrunde in den Buchcommunities, bei denen es keine Halbsterne gibt.
Es geht im Buch um eine Vielzahl von Themen, die alle wichtig sind uns aufgegriffen werden müssen, die aber auch belasten können, schwer zu verdauen sind, tiefgehend, oder einen einfach erstmal erschlagen können. Es geht um Tod, Krankheit, das Leben, Verantwortung für sich selbst, einen anderen Menschen, ein anderes Lebewesen, wenn man sich selbst keine Verantwortung zutraut. Um Vertrauen in sich selbst, das man hat, mal hatte, nicht mehr hat, das wiederkommt. Um Liebe Gefühle, Emotionen, und den Kopf, der einen mit seinen planungsmäßigen Gedanken einfach fern davon halten will, diese Gefühle auszuleben und sich auf sie einzulassen. Um Sicherheit geht es auch, und zwar in allen Dingen. Sicherheit, dass man nicht verlassen wird in jeder Form. Denn der Tod kann ein Verlassen bedeuten, und andere Dinge natürlich auch.
Die ganze Geschichte hat eine Spur und ein Touch von Dunkelheit, eben von jener Nacht und Dunkelheit des Menschen. Uns erwartet also im Buch keine Atmosphäre der Leichtigkeit. Und das wäre auch nicht passend zu den Thematiken, die im Buch beschrieben werden, und um die sich alles dreht. Das Buch strahlt eine gewisse Düsternis aus, eben wie die Nacht, und nicht wie das Licht des Tages, der alles erhellt mit seiner Positivität. Und trotzdem. So wie es in jeder Nacht auch schöne Augenblicke gibt, so scheinen auch durch die Düsternis und Dunkelheit einige Stellen, in denen man schmunzeln kann. Die sogar häufiger, denn es gibt Charaktere, die das Buch auflockern mit ihrer Art, und ihrer Ausstrahlung durch die Seiten hindurch. Wir finden Ansätze von Menschen, die einem nur Gutes wollen, und welche, die einem Böses wollen. Menschen, die mit verschiedenen Dingen verschieden umgehen, die zu uns stehen, wenn wir Mist bauen, und die uns verlassen, nicht nur wegen des Mistbauens, sondern weil sie einfach nur an sich denken. Und auch das ist nicht immer nur schlecht. Es geht um den Umgang mit Krankheit, und darum, dass es Menschen in unseren Leben gibt, die nur das Perfekte mit uns erleben wollen, und uns fallen lassen, wenn wir nicht mehr ganz perfekt sind, wenn wir ein wenig zerbrochen sind, und nicht mehr ganz und vollkommen. Doch hier kommt es dann auch immer darauf an, ob wir als angebrochene Wesen ganz zerbrechen, oder ob wir angebrochen weiterleben, mit dem Makel, dass wir eben angeknackst sind, und daraus Stärke beziehen. Stärker als die Nacht quasi.
Was das Buch uns nochmal bewusst macht ist unsere eigene Sterblichkeit, und die hält es uns auch in allen Facetten vor Augen in Form von Krankheiten, die überlebt werden, gefährlichen Situationen, gestorbenen Menschen, die uns immer noch im Leben begleiten, und den Orten, die für Sterblichkeit stehen, nämlich Friedhöfe (die fotografiert April nämlich gerne, und DAS kann ich verstehen). Es ist mahnend, das Leben zu genießen, und alles rauszupressen was geht, denn es könnte jeden Tag zu Ende sein. Ja, unser Leben ist endlich, und es ist ein unangenehmes Thema, worüber die meisten nie reden wollen. Doch der Tod schwebt immer mit und ist überall dabei.
Tatsächlich fiel es mir aufgrund Aprils Art etwas schwerer in die Geschichte hineinzufinden. Wieso das Ganze? Weil sie einfach so ganz anders war, als ich es bin. Planend, mit Listen, kühl, immer alles vorausschauend. Alles in allem keine schlechten Dinge möge man meinen. Trotzdem war mir das Ganze zu pedantisch. Als April sich dann später etwas fallen lassen konnte, fand ich es schön. Ich mag Menschen, die ihren Instinkten nachgehen, die sie nicht unterdrücken rein aus Kopfgründen. Deshalb hat der zweite Teil mir dann auch so sehr gefallen, dass ich ihn richtig intensiv wahrnehmen und als Leseerlebnis erleben konnte. Überhaupt: Das mit April und mir, das war ein einziges Hin und Her. Ich habe sie verstanden und doch nicht verstanden. Oder besser gesagt, anders herum. Erst habe ich sie kein bisschen verstehen und nachvollziehen können. Das hat sich später im Buch relativiert. Und trotzdem: Dieser Rest der Planung und des durch Strukturierens und Planens, war der kleine Tick zu viel, genau wie, dass sie immer die Kontrolle behalten muss, und nicht locker sein kann. Was tatsächlich nicht an der Geschichte an sich lag, sondern an meinen Vorlieben von Menschen. Denn ich bin sicher, dass April sich uns noch offenbaren wird, und dafür hat sie ja auch noch zwei Bücher bis zur Beendigung der Trilogie Zeit. Unnahbar, kalt und abweisend. Seufz. Was steckt unter Aprils Schutzschicht wirklich außer das Offensichtliche? Ich hoffe, dass ich April in den anderen Teilen noch anders erleben darf. Wärmer, offen mitfühlender (denn sie kann sehr mitfühlend sein) und ihr Mitgefühl nicht unter ihrer Unnahbarkeit versteckend. Ich habe auch mit April gehadert wegen ihrer Vorurteile gegenüber Storm, die zwar real aus ihr heraus sprechen, die ich trotzdem nicht so gut fand. Weil es beschädigte Menschen nicht gibt. Und weil man nicht über Aussehen und Narben urteilen sollte, oder sich gar davor ekeln, oder jemanden verurteilen sollte, als ob man das dürfte. Aber das hat sich später etwas gelegt, nachdem April ihre Skepsis gegenüber Storm niedergelegt hat, die sicherlich unter ihrer eigenen Unsicherheit geschlummert hat. Denn kann jemand mit eigenem Makel über jemand andren urteilen? Und kann überhaupt irgendjemand über jemand andren urteilen, ohne ihn richtig zu können, und ganz vorbehaltlos in ein Kennenlernen hineingehen? Kann man urteilen ohne die gesamte Wahrheit zu kennen? Und nun die Frage an mich: Kann ich über April urteilen, einfach so, nur, weil ich eventuell ein wenig mehr Team Storm bin? :D.
Es ist nämlich gar nicht so einfach (Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, Schatten dazwischen, Grautöne). Erst meint man, dass April die Abweisende ist, dann merkt man aber, dass Storm derjenige ist, auf dem der Fokus der Abweisung liegt. Weil er sich selbst auch erst als Freak sieht, als Teil einer Selbststrafe und Geiselung, natürlich nicht in ihrer eigentlichen Form. Das Ganze ist wie ein langsames aneinander gewöhnen, und diesmal nicht unbedingt mit Liebe gespickt. Zumindest nicht anfänglich. Denn da spürt man die Ablehnung ganz wirklich. Hier müssen sich wirklich erstmal Menschen aneinander gewöhnen, die in ihrer Einsamkeit gefangen sind, und die nun zusammen auskommen müssen.
Hier muss man sich wirklich auf mehrere Thematiken einschießen, die gar nicht so leicht verdaulich sind. Und trotzdem ist dies erst Band 1. Man kann also getrost auf viel Dramatik hoffen, und einen Verlauf, der sich nicht einfach in rosarote Wölkchen auflösen wird. Denn so einfach ist es eben meist nicht. Und das ist auch eine Stärke vom Roman und des Buches. Dass er Realität widerspiegelt, nichts beschönigt, und uns das vollkommene und ganze „Kaputte“ zeigt, das doch gar nicht kaputt ist, sondern von der Welt eventuell nur kaputt angesehen wird, in sich selbst aber vollständiger ist, als so manch oberflächlicher Perfektionismus. Aber auch die Drogenabhängigkeit, Medikamentenabhängigkeit, und Alkoholsucht wird thematisiert.
Die Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit von uns Menschen ist allgegenwärtig und durchzieht den Roman. Und das ist auch gut so. Mahnt es uns doch, und zeigt uns auf, dass ALLES IMMER JEDERZEIT zu Ende sein kann, und wir die Zeit bis dahin leben sollten. Und zwar richtig leben, um alles aus dem Leben herauszuholen, auch in Nächten. Die Schatten der Vergangenheit und der Nacht sind allgegenwärtig und immer da. Nicht nur in den Nächten erscheinen sie. Man muss mit ihnen laufen, oder um die Wette rennen, dass sie einen nicht einholen. Schatten aus einer Nacht, die ein altes Leben zerstört hat, und Schatten aus einer Zeit, die einem das Leben beinahe genommen hätte, um im Tode zu gipfeln. Es geht also auch darum, aus sich herauszukommen, und zu leben. Und das ist vielleicht das Geheimnis von April. Dass man sie erst anders erleben muss, um sie locker und lebendig zu erleben. Aus sich herauskommen und leben vs. Gefangensein des Todes.
Ganz komplex habe ich auch hier wieder in der Geschichte mehr gefunden, als sie als erstes von sich preisgibt. Gebrochene Menschen, die gebrochen sind, aber nicht daran zerbrechen, oder zerbrochen sind, und somit stärker als die Nacht, und sogar die eigenen Schatten.
Das heutige Rezensionslied musste ich also nehmen, weil es ganz einfach von einem Rennen mit den Schatten der Nacht handelt. Und diese nicht unbedingt für jeden dasselbe bedeuten. Es kam mir trotzdem sofort in den Kopf beim Lesen, weil es oftmals ja auch eine kalte Welt ist, in der wir leben, wenn man den ganzen Schmerz für sich selbst behält:
„You said, "Oh girl, it's a cold world, when you keep it all to yourself"
I said, "You can't hide on the inside, all the pain you've ever felt. Ransom my heart but baby don't look back, cause we got nobody else."
We're running with the shadows of the night. So baby take my hand, you'll be alright. Surrender all your dreams to me tonight. They'll come true in the end.“