Richtig mies
(Rezension by Furbaby_Mom)
Selten habe ich so mit mir gekämpft hinsichtlich einer Rezension. Ich finde, eine Buchbewertung sollte die ehrliche Meinung des Lesers widerspiegeln und nach Beendigung der Lektüre frage ich mich stets: würde ich dieses Werk einer Freundin empfehlen? Hierzu kann ich sagen: definitiv nicht! Mein Konflikt: die Autorin Kara Atkin kommt auf ihrem Instagram-Kanal unheimlich sympathisch rüber, weshalb ich es umso trauriger finde, dass "Forever Free" mich wirklich entsetzlich enttäuscht hat und ich beinahe nichts Positives darüber berichten kann. Hätte ich es nicht im Rahmen einer Leserunde gelesen, hätte ich den Roman gewiss noch vor der Mitte abgebrochen.
Zunächst fing alles ganz wunderbar an; ehrlich, ein richtig interessanter Start in die Handlung – tatsächlich habe ich mich im Nachhinein gefragt, ob die Einleitung von einer anderen Person geschrieben worden war, weil der Schreibstil sich anschließend dermaßen ins Negative wandelte. - Abgehackte, unrunde Kapitel- und Szenenübergänge, bei denen einfach ein Gedanke, eine Idee, eine Entwicklung nicht weitergeführt wird und im Sande verläuft…eine mehr als vorhersehbare und fade Hintergrundstory, mit der man sich die Erklärung gewisser Verhaltensweisen ziemlich einfach gemacht hat… eine unglaubwürdige, oberflächliche Love Story… eine unheimlich nervige, weltfremde, ich-bezogene Hauptfigur, die man einfach nur schütteln möchte ob ihrer devoten Haltung gegenüber allem und jedem (- Miss Ich-bin-so-schüchtern-ich-hatte-nie-Freunde findet endlich Anschluss in Form von 2 herzlichen Mädels und lässt diese dann direkt links liegen, kaum dass der erste sexy Typ auftaucht; ihre Mom wird als Psycho hingestellt, aber wenn man vor Problemen weglaufen will, ist Mami plötzlich wieder supidupi, usw. -) … Höchst anstrengend! Raelyn ist für mich keine "Frau", sondern ein unreifes, verzogenes Gör. Manche Personen werden zudem als 'typische Bösewichte' oder als wichtiges Element (Schauspielgruppe) aufgebaut und sind später komplett irrelevant.
Die Beschreibungen der 'Ausflüge' nach San Francisco sind so halbherzig, dass es mir als Fan der Stadt in der Seele weh getan hat – hier und da werden schnell ein paar Sehenswürdigkeiten genannt, so als würde man eine Liste abarbeiten. Vom einzigartigen Flair der Stadt liest man nichts. Null Authentizität! Von jedem unnötigen Mist (z.B. einer Haarfärbe-Prozedur!) wird jeder kleine Handgriff geschildert, anstatt sich wirklich wichtigen Dingen zu widmen, wie z.B. einer logischen Abhandlung von Szenen. Über den aktuellen U.S. Präsidenten Donald Trump wird herablassend gemault, weil dies momentan wohl 'hip' ist, gleichzeitig werfen gewisse Figuren mit degradierenden, chauvinistischen Ausdrücken wie "Frischfleisch“ nur so um sich, was hingegen als 'ganz normal' und gesellschaftskonform präsentiert wird – also, wenn schon eine ach-so-liberale Linie verfolgt wird, dann bitte konsequent. Abgesehen davon möchte ich von dieser Politisierung nicht auch noch in Büchern dieses Genres verfolgt werden, dazu reichen mir die Nachrichten.
Ebenso lieblos wurde scheinbar bei der Recherche und dem Lektorat vorgegangen: es wimmelte nur so von wahnsinnig nervigen Wiederholungen, sei es in Form von Satzstrukturen (immer wieder der gleiche Satzanfang) oder Wortwiederholungen (- ich kann das Wort "ozeanblau" nicht mehr hören! -). Und wenn schon ein international anerkannter Klassiker wie Tony Kushners "Angels in America" genannt wird, sollte doch zumindest der Titel richtig geschrieben sein, alles andere ist einfach nur peinlich. Auch die Uni-Aufgaben sind komplett unrealistisch, was sich – erneut – durch gescheite Recherche hätte vermeiden lassen.
Am schlimmsten fand ich, welche Werte der Leserschaft vermittelt werden: geh egoistisch durchs Leben und kümmere dich nicht um Freunde, erwarte aber, dass andere Menschen sich immer ein Bein für dich ausreißen… sei fein unterwürfig, damit du deinen 'Boyfriend' bei Laune hältst, denn Gott bewahre, er verlässt dich…steig ruhig zu quasi Fremden mit aufs Motorrad…lass dir mal eben ein Tattoo stechen…pfeif auf Konsequenzen für deine Handlungen, irgendwer wird schon alles retten für dich… Was wird da bitte für ein (Frauen-)Bild propagiert?! Himmel hilf!!
Gab es auch etwas Gutes? - Die Nebenfiguren sind weitaus sympathischer als Raelyn und das Cover ist hübsch gestaltet.
Dieses Buch war mit Abstand der schlechteste New-Adult-Roman, den ich je gelesen habe und meine erste richtige Enttäuschung aus dem LYX-Verlag. Meine 1,5 von 5 Sternen basieren auf der Covergestaltung und der Grundidee (Figuren, Schreibstil, Handlung waren leider allesamt für die Katz). Schade!!