Bekenntnis zur spannenden Story
„Silver Crown“ ist der Auftakt zu Julie Johnsons „Forbidden Royals“-Trilogie. Emilia lebt seit ihrer Geburt unter dem Namen Lennox ein bürgerliches Leben. Als ihr Vater jedoch unerwartet zum König gekrönt werden soll, wird sie als sein einziges, wenn auch uneheliches, Kind die Thronerbin der Familie Lancaster. Das Leben als Prinzessin ist allerdings ganz und gar nicht märchenhaft und insbesondere Carter Thorne, der Sohn ihrer Stiefmutter, macht es ihr nicht leicht. Emilia fühlt sich dennoch von seinen düsteren Blicken angezogen.
Das Cover ist ein atemberaubender Blickfang. Die weiß-grauen und silbernen Farbtöne dominieren klar und spiegeln so den Titel „Silver Crown“ hervorragend wider. Hier gefällt mir die Mischung aus dem handschriftlichen Wort „Silver“ und dem klaren, gradlinigen „Crown“ sehr gut. Es sind zwei Gegensätze, die aufeinandertreffen, sich aber miteinander vereinen müssen – wie Emilias privates, bürgerliches Leben bis heute und ihr zukünftiges, öffentliches und zu einem großen Teil fremdbestimmtes Leben. Das absolute Highlight ist natürlich das elegante Diadem im Vordergrund. Es ist so detailgetreu herausgearbeitet, dass es einen Glanz verströmt, nach dem man meint greifen zu können. Es steht für all die hübschen, oberflächlichen Dinge an die man denkt, wenn es darum geht, eine Prinzessin oder Königin zu sein. Doch das Diadem zieht auch eine dunkle, schmutzige Partikelwolke hinter sich her. Diese überschattet alles, was vorher war und verdunkelt auch das Strahlen der Krone, denn die Position bringt nicht nur Freude und schöne Dinge mit sich. Diese Wahrheit, die uns das Cover bereits zeigt, wird Emilia vermutlich noch auf schmerzhafte Art lernen müssen.
Das Buch ist ausschließlich aus Emilias Perspektive geschrieben. Mittlerweile empfinde ich das als Ausnahme, weiß es aber sehr zu schätzen, da es den Lesefluss fördert und man sich voll und ganz auf Emilia konzentrieren und in sie hineinversetzen kann. Emilia ist mir sympathisch, weil sie sehr mitfühlend ist. Das Schicksal der Königsfamilie nimmt sie stark mit, auch wenn sie es nicht wahrhaben will. Sie ist sensibel und erscheint zunächst etwas zu zart und lieb um am Königshof bestehen zu kennen. Zu erleben, wie sie an dieser Herausforderung wächst, war sehr eindrucksvoll.
Dass Julie Johnson einen ganz besonderen Schreibstil hat, zeigt bereits das Vorwort. Sie schafft es, neugierig zu machen ohne etwas von der Handlung zu verraten. Ihre Überleitungen wirken sehr natürlich und nahbar, was mir gut gefällt. Auch das Durchbrechen der Vierten Wand im Prolog, zieht die Leser*innen sofort in die Geschichte hinein. Julie Johnson verrät hier ebenfalls wenig und facht die Neugier noch stärker an. Als die Handlung dann tatsächlich beginnt, ist mir sofort aufgefallen, wie intensiv die Autorin Emilias Gefühle beschreibt. Ihre eigene Beklemmung bis hin zur leichten Panik, genauso wie ihre Wahrnehmung der Stimmung gaben mir das Gefühl, selbst dort zu sein. Verwirrung, Verzweiflung, Sorge – alles fühlte sich ganz real an. Eine tolle Fähigkeit von Julie Johnson und ich bedauere, dass ich nicht schon früher mal ein Buch von ihr gelesen habe.
Gut gefallen hat mir, dass die Autorin manche Klischees aus Young-Adult Liebesromanen aufgebrochen hat. So ist beispielweise Emilia diejenige, die zum Teil verletzende Worte von sich gibt, anstatt diesen zum Opfer zu fallen. Auch gibt es viele schöne Szenen, die man so nicht schon dutzende Male in anderen Romanen gelesen hat, ohne abgedroschene Gesten, sodass mich diese Ereignisse in ihrer Einmaligkeit wirklich berührt haben.
Ein Pluspunkt ist außerdem, wie viel Wert die Autorin auf die Story legt. Es dreht sich nicht alles um Emilia und Carter, um Liebe und Sex, sondern im Mittelpunkt steht immer Emilias Schicksal, wie sie damit hadert und wie jeder Charakter versucht, seine Ziele zu erreichen. Es ist keine Aneinanderreihung romantischer oder dramatischer Szenen, aber es liegt eine konstante Spannung in der Luft, die in einem unerwarteten Finale gipfelt. Man spürt die ganze Zeit, das etwas passieren muss, gerechnet habe ich mit diesem Ausgang allerdings nicht.
Weniger gut zu lesen waren manche Dialoge. Gerade das erste Treffen zwischen Emilia und Carter ist sehr aufgeladen, körperlich intensiv und leidenschaftlich beschrieben. Das steht in starkem Kontrast zu dem künstlichen, unglaubwürdigen Dialog, den sie dabei führen. Diese Gegensätzlichkeit – Gesprochenes versus Gefühl – hat manchmal verhindert, dass sich die Stimmung einer Situation auf mich übertragen konnte.
Ähnliches gilt für einen Konflikt des Buches: An manchen Stellen hat man das Gefühl, das Thema „Verbotene Beziehung“ soll aufgegriffen werden. Es wird gesagt, man solle oder dürfe etwas nicht tun, aber gleichzeitig fehlte mir die ganze Zeit die Begründung dafür. Ich konnte nicht nachvollziehen, woraus dieser Konflikt resultiert und mich so nicht in das Problem einfühlen. Dadurch empfand ich das Drama zuweilen als übertrieben.
Was man beim Lesen leider auch sehr gut merkt, ist, dass dieses Buch eine Einleitung für die Geschichte der nächsten zwei Bände ist, was ich schade finde. Band eins legt inhaltlich den Grundstein für die folgenden Romane, ist aber für sich alleine nicht aussagekräftig – das geht bei Trilogien durchaus auch anders.
„Silver Crown“ hat vieles sehr gut und vor allem besser als andere Bücher des Genres gemacht: Der Fokus liegt klar auf der Story, welche zudem spannend ist und die romantischen Szenen sind kreativ und neu. Es gibt zwar einige Aspekte, die mir nicht gefallen haben, aber das sind vor allem Kleinigkeiten, sodass ich insgesamt zu 4 von 5 Sternen komme. Band zwei, „Golden Throne“ (ET 27.11.2020), und Band drei, „Diamond Empire“ (ET 26.02.2021) werden von mir mit Spannung erwartet und sofort verschlungen.