Anschaulich, persönlich und inspirierend
Josh Kelley ist mit „Voll Jesus. Null Druck“ ein sehr interessantes Buch gelungen. Sein Thema ist die Suche nach dem goldenen Mittelweg: Wie lässt sich ein gottgefälliges Leben führen, ohne arrogant und fundamentalistisch zu werden, aber auch ohne ein ständiges schlechtes Gewissen? Wie kann das Leben in vollen Zügen genossen werden, ohne sich dabei von Gott zu entfernen? Er wählt das Bild eines schmalen Grats, auf dem man als Christ balanciert – links und rechts zwei Abgründe, der eine symbolisiert Ungehorsam gegenüber Gott, der andere einen zwanghaften Glauben, der zu radikal ist. Der Autor Josh Kelley empfiehlt Christen zwar Radikalität, er meint damit jedoch „radikal NORMAL“ zu leben. Was ein radikal normales Leben für ihn bedeutet, leitet er Kapitel für Kapitel, Thema für Thema sehr anschaulich her.
Josh Kelley ist Vater, Pfarrer und hat außerdem einige Zeit bei Starbucks gearbeitet. Das Buch ist auch eine Sammlung seiner persönlichen Erfahrungen, die er offen und ehrlich mit seinen Lesern teilt. Seine lockeren Schilderungen machen seinen Ratgeber sehr lebendig und gut lesbar. Wegen der Vielfalt der Themen sind kleinere und größere Lesepausen von Vorteil, um die Ideen des Autors auf sich wirken zu lassen. Egal ob es um Begabungen, Geld, Freude, Sünde oder Leben nach dem Tod geht: Josh Kelley arbeitet sich durchweg nachvollziehbar an den einzelnen Themenkomplexen ab. Er schafft das ohne erhobenen Zeigefinger und ohne den Eindruck zu vermitteln, die einzig gültige Wahrheit gepachtet zu haben. Was mir mit am besten gefallen hat: Er ist kein Freund von starren Vorgaben, sondern geht vom mündigen Christen aus. Er will kein Regelwerk zusammenstellen, sondern den Einzelnen dafür sensibilisieren, Entscheidungen selbst verantwortungsvoll zu treffen. Das Leben seiner Leser macht er damit nicht unbedingt bequemer, bietet ihnen aber Hilfestellung und eine Vielfalt gedanklicher Anregungen.
Manches in „Voll Jesus. Null Druck“ war mir jedoch auch fremd. Einiges schien mir einfach sehr amerikanisch: Homeschooling, die Begeisterung für Starbucks und Disneyland, die Beschreibung des Autors, wie er als Teenager ein „Superchrist“ sein wollte … Josh Kelley widerlegte manchen radikalen Gedanken, den er in seiner Jugend entweder selbst hatte oder mitbekam. Ich dagegen hatte von einigen dieser radikalen Ideen noch nie gehört und konnte mit manchen doch sehr wenig anfangen. Dennoch fand ich die Auseinandersetzungen damit immer interessant. Das Buch enthält sehr viel Input, weswegen ich das letzte Kapitel besonders zu schätzen weiß: Hier komprimiert Kelly seine Kernaussagen nochmal und fasst seine Grundthesen zusammen. Er selbst will sein Buch übrigens als „Sprungbrett“ verstanden wissen – ob und wie seine Leser springen, ist ihre Entscheidung. Ich bin sicher, dass mich das Buch gedanklich noch eine ganze Weile beschäftigen wird – und dass ich immer mal wieder reinlesen werde. Die Lektüre hat mich auf jeden Fall inspiriert.