Hanns-Josef Ortheil: Das Glück der Musik
Das Glück der Musik
Buch
- Vom Vergnügen, Mozart zu hören
- Luchterhand Literaturvlg., 06/2006
- Einband: Kartoniert / Broschiert, ,
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783630620824
- Bestellnummer: 4268578
- Umfang: 224 Seiten
- Copyright-Jahr: 2006
- Gewicht: 217 g
- Maße: 188 x 119 mm
- Stärke: 22 mm
- Erscheinungstermin: 6.6.2006
- Serie: Sammlung Luchterhand - Band 62082
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Beschreibung
Zwanzig Jahre nach seiner klassisch gewordenen Studie Mozart im Inneren seiner Sprachen sucht Hanns-Josef Ortheil erneut einen erzählerisch-essayistischen Zugang zu diesem Genie. Der Autor schildert seinen Zugang zu Mozart, führt von diesen persönlichen Eindrücken hin zu den Kompositionen, untersucht berühmte Musikstücke, um dann von dessen einzigartigem Opern-Kosmos neu zu erzählen. Eines vor allem versteht Ortheil dabei hervorragend: das Vergnügen Mozarts Musik für uns heutige Hörer neu zu erschließen.Klappentext
Über 20 Jahre nach seiner klassischen Studie "Mozart im Inneren seiner Sprachen" setzt sich Hanns-Josef Ortheil von Neuem intensiv mit dem Geheimnis der Mozartschen Musik auseinander. In seinem groß angelegten Buch, einer Mischung aus Tagebuch, Erzählung und Essay, geht er auf sehr persönliche Weise dem Faszinosum Mozart nach, lässt den Leser an seiner Art zu hören teilnehmen und entschlüsselt dabei nicht nur viele der bekannten und auch weniger bekannten Musikstücke dieses großen Komponisten, sondern kommt auch ausführlich auf dessen Opern und deren Entstehung zu sprechen. Damit wendet sich dieses Buch an alle, die Näheres über Mozarts Genie erfahren möchten, die seine Musik intensiver hören und die ihr Verständnis von Mozarts Lebens-, Denk- und Empfindungskosmos vertiefen wollen.Auszüge aus dem Buch
"VorbemerkungIm Januar 2005 las ich durch Zufall, daß Rossini empfohlen habe, jeden Tag eine oder zwei Kompositionen Mozarts zu hören. Die Empfehlung gefiel mir und brachte mich auf den Gedanken, durch ein solches tägliches Hören meinen Mozart-Hörsinn zu schärfen. Jeden Tag würde ich mich fragen: Was höre ich und wann höre ich es?, täglich gäbe es, wo auch immer ich unterwegs wäre, zumindest eine kleine Mozart-Séance, ja ich könnte diese Unterbrechung des Alltags sogar mit bestimmten Ritualen verbinden und dadurch zu einem besonderen, herausgehobenen Tagesmoment machen. Darüber hinaus aber würde ich auch notieren, wie Mozarts Musik auf mich wirkt, wie sie die jeweilige Umgebung verwandelt und was mir durch den Kopf geht, wenn ich sie höre.
Hatte das schon einmal jemand versucht, hatte schon einmal ein Hörer möglichst genau und über einen längeren Zeitraum davon erzählt, wie er Mozarts Musik hört und warum sie ihn mehr als jede andere animiert und begeistert? Genau das, dachte ich damals sofort, müßte man aber einmal genauer erkunden, anstatt immer nur ins Biographische oder Analytische zu flüchten, zu Lebensdetails also oder in das oft hilflose Sezieren der Stücke und damit in Sätze von der Art "Es folgt eine Auflösung von H nach Ais mit einer sich anschließenden chromatischen Stufensequenz, die, rückgeleitet zur Grundtonart A-Dur, nach dem Doppelstrich in Krebsführung erneut auftritt".
Anstatt mich an solche Sätze zu klammern, wollte ich an den verschiedensten Orten und zu den unterschiedlichsten Zeiten möglichst genau hinhören: In der Abgeschiedenheit eines Musikzimmers, in einem Café, in der Natur, mitten in einer Großstadt, frühmorgens, spät in der Nacht, im Sitzen, in Bewegung, in allen nur denkbaren Konstellationen.
Am 27.Januar 2005, Mozarts 249.Geburtstag, habe ich meine ersten Notizen gemacht, genau ein Jahr lang habe ich meine Höreindrücke notiert, dann habe ich die Notate gekürzt und eine Auswahl von ihnen für dieses Buch zusammengestellt. Allzu private Eintragungen habe ich ausgelassen, dafür habe ich manchmal aber auch kurze Notizen aufgenommen, die den Blitz der Überwältigung nur registrieren, gerade durch ihre Sprachlosigkeit und Erstarrung vielleicht aber besonders deutlich von jenen intensiven Momenten des Glücks handeln, die Mozarts Musik immer wieder beschert.
27. Januar 2005.
Heute vor 249 Jahren wurde Wolfgang Amadeus Mozart gegen 8 Uhr abends im Wohnhaus seiner Eltern und seiner viereinhalb Jahre älteren Schwester Nannerl in der Salzburger Getreidegasse 9 geboren und am darauf folgenden Tag im Salzburger Dom auf die Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft. Fast genau fünf Jahre später, Ende Januar 1761, notiert Leopold Mozart, der Vater, die ersten Kompositionen des Sohnes in ein Notenbuch, das er zunächst für Nannerls Klavierunterricht angelegt hatte. Es handelt sich um zwei kurze, kaum eine halbe bzw. eine viertel Minute lange Klavierstücke, ein Andante und ein Allegro, beide in C-Dur, am frühen Vormittag habe ich sie mir angehört und damit mein Hör- und Aufzeichnungs-Projekt begonnen. Ich saß im Musikzimmer und spitzte die Ohren, ich war etwas aufgeregt und ermahnte mich, genau zuzuhören, Takt für Takt, ohne mich ablenken zu lassen, es gelang aber nur zum Teil, denn ich hatte laufend die Zimmer des Salzburger Geburtshauses vor Augen, diese dunklen Höhlen mit ihren spärlichen Fensterlöchern, die ich bereits seit meiner Kindheit kenne. Ich sah Mozarts Vater und den kleinen, fünfjährigen Sohn, ich sah ein Kind, das sich über ein Klavier beugt und immer neue Varianten erprobt: So nicht , vielleicht aber so, hier weiter , nicht dort. Zwei kleine Hände gehen auf den Tasten spazieren und erkunden noch nichtsahnend die Gesetze und Grenzen eines gewaltigen großen Terrains. Die kurzen, überschaubaren Stücke haben etwas immens Rührendes, sie handeln von Laut und Leise, Vor und Zurück, beinahe wie Elementarskizzen...
Biografie
Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln geboren, er lebt in Stuttgart, Hildesheim und Wissen a.d. Sieg. Er gehört zu den bedeutenden deutschen Schriftstellern der Gegenwart, sein Werk ist mit vielen Preisen ausgezeichnet worden, u.a. mit dem Brandenburger Literaturpreis und dem Thomas-Mann-Preis der Hansestadt Lübeck. 2009 erhielt Hanns-Joseph Ortheil den Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis der Stadt Alzey. Der Autor lehrt als Professor für Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim.Anmerkungen:
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