Bühnenreife Vorstellung einer Selbstbeweihräucherung
"Das Leben ist großartig - von einfach war nie die Rede" hat mir einerseits sehr gut gefallen, in anderen Dingen leider nicht. Gaby Köster zu erleben, wie sich ins Leben zurückkämpft wirkt auf mich ehrlich und schonungslos, daher einige Pluspunkte. Die vielen Lobreden durch Bekannte, Freunde und anderen Begegnungen in ihrem Leben vor jedem Kapitel empfand ich zum Teil als sehr aufdringlich und eher auf eine Beerdigung passend, eine Hommage an den Toten sozusagen. Das mag jede/r Leser_in anders empfinden, aber eine oder auch eine zweite Lobrede hätte mir ausgereicht. Irgendwie schmälerte es meine Lesefreude. Ich bin nämlich auch davon überzeugt, das Gaby Köster eine tolle Frau ist, ansonsten hätte ich "Das Leben ist großartig - von einfach war nie die Rede" nämlich niemals zur Hand genommen. Da ich mit Menschen mit erworbenem Hirnschaden arbeite, weiß ich wie hart es ist, mit einer Hemiparese oder Hemiplegie zurecht zu kommen. Diese Einblicke in ein Handicap und das Leben damit wirkt auf mich authentisch. Klar ist auch, das ein Schlaganfall die Familie betrifft, daher empfand ich die Kapitel, die sich um Gaby Kösters Sohn drehten, als sehr aufschlussreich, denn Gaby Kösters Kampf betraf auch diesen.
Das Schicksalmemoir ist mit seinen doch recht wenigen Seiten sehr schnell gelesen. Langweilig ist es nicht, sondern sehr informativ, das "neue" Leben der Künstlerin betreffend und auch sensibilisierend den Mitmenschen gegenüber, die nicht bedenken, wie eng Gänge in Supermärkten für Rollstuhlfahrer/-innen sind, von Umkleidekabinen mal abgesehen oder auch Behindertenparkplätze, die einfach zugeparkt werden, obwohl man keinen Ausweis besitzt?
Mein Titel für meine Rezension klingt sicherlich im ersten Moment ziemlich hart, aber soll nur auf die Lobreden am Anfang jedes Kapitels hindeuten, da diese mir einfach nicht gefallen wollten, da sie mir zu geballt aufgetreten sind, aber das habe ich sicherlich schon verdeutlicht.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an alle Fans der Künstlerin, die sich dafür interessieren, wie es ihr nach "Ein Schnupfen hätte auch gereicht" ergangen ist, denn das Leben ging definitiv weiter und hat den Lebenswillen und die Freude daran nicht geschmälert.