Kreatives Mitmach-Buch
Das Kinderbuch „Das Geheimnis der Pirateninsel“ aus der Reihe „1000 Gefahren junior“ von den Autoren Fabian Lenk und Jan Saße wartet mit einem für mich innovativen Konzept auf, weil es Aufmerksamkeit und Neugier beim Zuhören fordert und fördert. Man wird als junger Leser beim Leseprozess interaktiv einbezogen, indem man an bestimmten Stellen im Buch Rätsel lösen muss und Entscheidungen treffen kann, so dass sich viele verschiedene Variationsmöglichkeiten innerhalb ein- und derselben Geschichte ergeben. So sind die Zuhörer durchweg aktiv dabei, was ich großartig finde. Auch wird durch die verschiedenen Lesarten die Neugier der Kinder geweckt, weil diese wissen wollen, wie sich die Geschichte entwickelt, wenn sie eine andere Entscheidung fällen.
Insgesamt werden im Buch 16 Entscheidungsfragen gestellt, die alle wieder zu anderen Verläufen führen, so dass Abwechslung garantiert ist. Ich und meine Kinder fanden es toll und spannend, auf diese Weise ein Buch mehrmals neu und anders lesen zu können. So kann man beispielsweise entscheiden, ob man das Angebot eines Piraten, an Bord anzuheuern, annehmen oder ablehnen will, ob man jemandem helfen will oder nicht, ob man sich gegen jemanden wehren möchte oder eben nicht, ob man jemandem folgen will oder nicht, ob man jemandem eine Falle stellen oder sich lieber verstecken möchte usw. Das einzige, was man als Vorlesenden dabei mehr leisten muss als in klassischen Büchern, ist das vermehrte Hin- und Herblättern zwischen den Seiten. Mich hat das aber nicht gestört.
Außer den Entscheidungsfragen kommen im Buch auch insgesamt 9 Rätselfragen vor, bei denen die Kinder selbst knobeln müssen, bevor sie weiterlesen dürfen. Als Aufgabenformat taucht z.B. auf, den richtigen Weg suchen zu müssen, den Inhalt der Bilder genauer untersuchen zu müssen oder eine Schatzkarte richtig zusammenzusetzen. Die Lösung wird dann natürlich auch verraten, so dass kein Frust aufkommt. Der Nachteil bei den Rätseln ist allerdings, dass sie „nur“ bei den ersten zwei bis drei Malen spannend sind, danach sind sie bereits bekannt und weniger interessant. Auch fand ich das Rätsel um die Schatzkarte etwas aufwändig, so muss man erst die Seite kopieren und die Kinder sollen dann die Schatzkartenteile ausschneiden und zusammenfügen. Die übrigen Rätsel sind aber ohne größeren Aufwand lösbar.
Inhaltlich bietet der Band klassischen Piratenstoff, den man auch aus anderen Kinderbüchern kennt. Der raue Umgangston unter den Piraten gehört ebenso dazu wie die klassische Schatzsuche, das Gold, der Landgang, die Schatzkarte, das Zusammentreffen mit Eingeborenen und das Leben an Bord. Auch wird natürlich gekämpft. Im Prinzip gibt es zwei Haupthandlungsstränge: Entweder folgt man Kapitän Perkin oder Kapitän Dodder. Wichtig zu erwähnen, ist in diesem Zusammenhang, dass trotz der verschiedenartigen Variationen innerhalb der Geschichte, der Inhalt nie seine Kohärenz einbüßt. Alles bleibt logisch und nachvollziehbar. Lediglich das Ende kommt stellenweise etwas abrupt. Die Kinder haben auch recht schnell raus, dass die Geschichten länger ausfallen, wenn sie eher mutig in die Handlung eingreifen.
Abschließend noch ein Satz zur Bebilderung und Sprachgestaltung: Beides ist kindgerecht konzipiert worden. Die Bilder beziehen sich stets passend auf den Inhalt. Als besonders gelungen habe ich die großflächigen Illustrationen empfunden, das waren v.a. solche, bei denen die Kinder anhand der Bilder Rätsel lösen sollten. Bei der Sprachgestaltung ist noch auffällig, dass die Kinder direkt mit „du“ angesprochen und auf diese Weise in die Handlung einbezogen werden („Du bist Nick“). Das schafft Aktivierung.
Fazit: Ein Kinderbuch mit einem innovativen Konzept, das die jungen Zuhörer durch Entscheidungs- und Rätselfragen aktiv miteinbezieht und so Aufmerksamkeit fördert und Neugier weckt. Ein Buch, das man mehrmals neu und anders lesen kann, Abwechslung ist garantiert. Sollte man mit seinem Nachwuchs einmal ausprobiert haben. Ich würde es weiterempfehlen!