Lässt bibliophile Herzen höher schlagen!
„Bücher wurden meine Zuflucht, und meine Welt war aus Papier, lange bevor Amalia mir beibrachte, ihre heiligsten Schätze mit Sorgfalt und Liebe zu restaurieren, sodass sie weiterleben und jemand anderem eine Zuflucht bieten konnten.“
INHALT:
Seit dem Tod ihrer Tante Amalia, bei der sie gemeinsam mit ihrer Schwester Milena aufgewachsen ist, lebt Sarah allein und zurückgezogen in der alten Kölner Villa mit Garten und den Schildkröten Bonnie und Clyde.
Sie hat es nicht so mit Menschen. Schon als Kind verkroch sie sich viel lieber zwischen den Seiten ihrer Bücher.
„Ich bin nicht besonders gut mit Menschen, besonders nicht darin, ihre Gefühle zu lesen. Milena hat immer gespottet, dass ich die ältesten Karten und Handschriften lesen könne, Gesichter aber ein Buch mit sieben Siegeln für mich seien.“
Das ganze Haus ist von Bücherstapeln übersät, ein einziges Labyrinth.
Hier restauriert Sarah alte Handschriften, Manuskripte und Karten, die sie als Bücherjägerin und Kartensammlerin bei Haushaltsauflösungen, in Antiquariaten, bei Nachlässen oder im Internet ausfindig macht.
Derzeit versucht sie die letzten Aufträge ihrer verstorbenen Tante zu Ende zu führen, als eines Tages plötzlich Bibliothekar und Wissenschaftler Benjamin aus London vor der Tür steht. Auch er scheint mit Amalia zusammengearbeitet zu haben und ist auf der Suche nach einer wertvollen alten römischen Straßenkarte, deren Aufenthaltsort Amalia gekannt haben könnte.
Sarah fällt es zunächst schwer, sich auf Ben einzulassen. Doch dann studiert sie gemeinsam mit ihm die alten Unterlagen von Amalia und begibt sich mit ihm im Auto auf eine Reise nach Frankreich, England, in die Vergangenheit ihrer Tante und zu sich selbst …
„Es war, als hätte Amalia ihre Hände auf meine Schultern gelegt, als hätte sie eine Spur hinterlassen, ein Rätsel erschaffen, das ich lösen musste. Mir eine Chance gegeben, ihr Haus zu retten und ihrer Erinnerung gerecht zu werden.“
MEINUNG:
Zugegeben, meine Erwartungen an dieses Buch waren nicht besonders groß, nachdem ich ein paar negative Stimmen dazu überflogen hatte.
Das war vielleicht gar nicht schlecht, denn tatsächlich konnte mich das Buch so positiv überraschen!
Man wird bereits auf den ersten Seiten von Bücherstapeln begrüßt, die sich in der Villa türmen, was bibliophile Herzen augenblicklich höherschlagen lässt. Ebenso Sarahs Restaurationsarbeit und ihre Liebe und Leidenschaft für Bücher werden beim Lesen spürbar.
Die Autorin beschreibt, wie sich das Papier anfühlt, wie es riecht, raschelt und aussieht.
Für Bücherliebhabende wirklich ein Träumchen!
Auch der Schreibstil hat mir gut gefallen. Es sind zahlreiche wunderschöne und bewegende Sätze dabei, die ich mir herausgeschrieben habe – immer ein gutes Zeichen, wenn meine Sammlung an Buchzitaten wächst!
Die abwechselnden Zeitebenen haben gut miteinander harmoniert, auch wenn inhaltlich etwas mehr Gewicht auf der Vergangenheit und dem Tod von Amalia lag, als gedacht. Denn Sarah trauert verständlicherweise noch immer um ihre Tante, die wie eine Mutter für sie war, ihre Eigenarten verstanden hat und ihr so viel Halt und Zuversicht gegeben hat.
Die Protagonistin wirkt, als könnte sie autistische Züge haben. Eine Diagnose gibt es jedoch nicht. (Die Autorin schreibt aber im Nachwort, dass sie anfangs überlegt hatte, „einen autistischen Charakter darzustellen.“ Doch ihr schien es zu heikel, diesen authentisch wiederzugeben. Dass sie es daher offengelassen hat, finde ich legitim.)
Auf mich machte Sarah beim Lesen einen etwas kühlen, unnahbaren Eindruck, was sicherlich zu ihrem Charakter passt, aber hin und wieder etwas zu viel Abstand zu den Lesenden aufbaut.
Sowohl bei den Figuren, als auch beim Inhalt, hätte es für meinen Geschmack noch etwas mehr in die Tiefe gehen können.
Die Liebesgeschichte war nicht allzu kitschig, was mir sehr entgegengekommen ist.
Dass im Buch gegendert wird, ist mir irgendwann gar nicht mehr aufgefallen. Ich denke, da können die eigene innere Einstellung und Gewohnheit mit eine große Rolle spielen.
FAZIT: Wer Bücher liebt, könnte großen Gefallen am hiesigen Buch finden, denn es lässt bibliophile Herzen definitiv höherschlagen! Ich persönlich habe Sarah gerne auf ihrer Reise begleitet, auch wenn ich mir noch etwas mehr Tiefe bei Figuren & Inhalt gewünscht hätte. Von mir gibt es eine Empfehlung und 4/5 Sterne!
(C.N.: Tod, Trauer, Krebs)