Einzigartige und grausame Fantasy
Auf Ruann wird das Wasser von Tag zu Tag knapper. Seen, Flüsse und Bäche sind mittlerweile vollkommen ausgetrocknet und nur einige wenige Quellen halten die Bevölkerung noch am Leben.
Um die letzten Ressourcen für sich zu beanspruchen, führt Sapion verheerende Kriege gegen seine Nachbarreiche.
Inmitten dieser sterbenden Welt kämpfen Feyla, Dorgen, Alia und Tailin - vier Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten - um ihre Zukunft und ihr Überleben...
"Die Quellen von Malun - Blutgöttin" ist definitiv kein klassisches Buch aus dem Genre "Fantasy". Es handelt sich hier um keine beschönigte Welt mit magischen Blümchen und zartbesaiteten Feen. Nein, ganz im Gegenteil: Ruann ist eine Welt am Abgrund. Die Menschen bekriegen sich um das letzte Wasser, um das letzte Funken Leben in jener Welt. All dies findet in einer fast schon dystopisch anmutenden Atmosphäre, die in einem hervorragendem und ausgeklügeltem Worldbuilding ihren Platz findet, statt.
Bereits im Prolog wird deutlich, wie brutal und skrupellos die Überlebenden sein können - und in gewisser Weise auch sein müssen. Von klein auf wird Kindern eingetrichtert, dass Emotionen und Gefühle in Sapion keinen Platz haben. Jungen werden abgerichtet und an das Militär übergeben, Mädchen mit jungen Jahren verheiratet und gezwungen, binnen eines Jahres ein Kind zu gebären. Begleitet werden sie von härtesten Formen körperlicher wie auch physischer Gewalt, unverschleierte Frauen werden als Freiwild betrachtet.
Doch nicht nur die Umstände in dieser sterbenden Welt sind schonungslos. Auch der Schreibstil der Autorin stellt die dortige, grausame Realität von Grund auf ehrlich dar. Daniela Winterfeld lässt in dem Bild, das sie Stück für Stück in den Köpfen der Leser zeichnet, kein Detail aus. Niederste Triebe, skrupellose Intrigen, raue Kämpfe und deren blutige Folgen werden hier beschrieben. So erlebt der Leser hautnah mit, was es bedeutet, in solch einer Welt aufzuwachsen und jeden Tag für sein Glück kämpfen zu müssen. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass empfindlichere Leser bei zuvor beschriebenen Passagen hart schlucken müssen und möglicherweise nicht mit dem Erzählten klarkommen. Daher möchte ich an dieser Stelle eine ausdrückliche Triggerwarnung aussprechen und deutlich machen, dass "Blutgöttin" alles andere als eine leichte Kost ist. Dies hat mir zu Beginn des Buches ein wenig gefehlt.
Nichtsdestotrotz finde ich dieses Buch unheimlich gelungen. Und das nicht nur auf Grund des Schreibstils und des grandiosen Worldbuildings. Auch die unterschiedlichen Erzählperspektiven machen es zu etwas ganz Besonderem. Insgesamt vier Leute, Feyla, Dorgen, Alia und Tailin, schildern ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Dabei ist die Anordnung der einzelnen Episoden stets so gewählt, dass die Spannungskurve konstant oben gehalten wird. Es folgt nie zweimal die selbe Perspektive hintereinander und gerade dadurch, dass jede einzelne mit einem nervenzerreißenden Cliffhanger aufhört, möchte man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Mir sind die knapp 600 Seiten wie ein Katzensprung erschienen und ich konnte mich kaum davon losreißen. Binnen weniger Tage habe ich "Blutgöttin" verschlungen und bin überaus gespannt auf die Fortsetzung. Das Buch endet mit einigen losen Strängen, die sanft miteinander verflochten wurden und lässt den Leser unglaublich gespannt auf die weiteren Wendungen zurück.
5/5 Sterne