Verdrehte Fakten treffen auf Inkompetenz
Im Grunde ist zu diesem Pamphlet bereits fast alles gesagt. Dennoch möchte ich hier eine qualifizierte Bewertung abgeben. Meine Rezension lässt sich anhand der genannten Seitenzahlen nachprüfen.
Da ich dieses Werk auch auf anderen Plattformen rezensiert habe, bin ich so frei mich hier meiner eigenen Worte zu bedienen.
Zunächst fällt auf, dass das Buch sehr eigentümlich formatiert ist. Die Seitenanzahl wurde dadurch künstlich aufgeblasen. Ungefähr 70 von den 571 Seiten stellen den chronologischen Ablauf der Ereignisse dar, die ebenfalls gut auf 5-10 Seiten hätten reduziert werden können. Das ist nicht nachhaltig!
Der Schreibstil ist der Kinder-Jugendliteratur der Sekundarstufe 1 ähnlich und daher rezeptiv auch für diese Altersgruppe geeignet. Inhaltlich jedoch definitiv erst für Volljährige, die über eine gute Reflexionsfähigkeit verfügen.
Zudem strotzt das Buch vor faktischen Fehlern und Inkonsistenzen.
So vertauscht die Autorin zum Beispiel die Namen zweier Zeugen und damit auch den Beweiswert der Aussagen. Bei einem Buch, das mehr als 6 Monate (!) nach dem ursprünglichen Erscheinungstermin endlich veröffentlicht wird, sollten solche Fehler nicht vorkommen, denn die Zeit zur Verbesserung war mehr als genug.
Beinahe alle vermeintlichen Fakten, die Frau Hillers in dem Buch präsentiert, lassen sich durch Original-Dokumente, die freizugänglich sind, widerlegen. Zum Teil widerspricht sich die Autorin sogar selbst innerhalb weniger Seiten. So versucht sie beispielsweise dem Leser zu suggerieren, dass die Auswahl der Geschworenen im Prozess gegen Söring unfair war und diese von der Frau des anklagenden Staatsanwalts ausgewählt wurden (ein Beleg dafür bleibt sie schuldig). Wenige Seiten weiter schildert Frau Hillers dann, dass die Geschworenen (korrekterweise) von beiden Parteien im Vorfeld hinsichtlich ihrer Unvoreingenommenheit überprüft wurden und durch die Ablehnung einiger Geschworener seitens der Verteidigung letztlich die Jury nur mit Geschworenen besetzt wurde, die auch von der Verteidigung akzeptiert wurden (siehe S. 266 und S. 284). Damit widerlegt sie ihre eigene Darstellung, dass die Geschworenen-Auswahl unfair war.
Als fiktionales Buch brauchbar
J.D. am 15.05.2024
Bewertungsnummer: 2200990
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Aus dem Klappentext: "Eine bewegende Erzählung über die menschliche Psyche, die Zerbrechlichkeit von Moral und die unauslöschlichen Spuren, die ein solches Verbrechen hinterlässt." Tatsächlich ist dieser Satz bezeichnend für das vorliegende Buch! Es handelt sich um eine Erzählung, nicht um einen Tatsachenbericht oder ähnliches. Der Schreibstil und die fehlenden Belege der behaupteten Fakten, rücken das Werk nahe an fiktionale Genres. Aber mal von Anfang an: Zunächst fällt auf, dass das Buch sehr eigentümlich formatiert ist. Die Seitenanzahl wurde dadurch künstlich aufgeblasen. Ungefähr 70 von den 571 Seiten stellen den chronologischen Ablauf der Ereignisse dar, die ebenfalls gut auf 5-10 Seiten hätten reduziert werden können. Das ist nicht nachhaltig! Der Schreibstil ist der Kinder-Jugendliteratur der Sekundarstufe 1 ähnlich und daher rezeptiv auch für diese Altersgruppe geeignet. Inhaltlich jedoch definitiv erst für Volljährige, die über eine gute Reflexionsfähigkeit verfügen. Zu dem Kriminalfall Haysom/Söring gibt es mittlerweile zahlreiche, ausführliche Literatur, die den Fall in seiner Gesamtheit und Komplexität anschaulich darstellt und mit Original-Dokumenten belegt (siehe u.a. Siegfried Stang "Nebelkerzen" und Andrew Hammel "Martyr or Murderer"). Wozu also dieses Buch? Was unterscheidet das vorliegende Werk von den vorherigen? Tatsächlich ist die Unterscheidung groß. Im vorliegenden Buch liefert die Autorin keine unabhängigen Quellen, die ihre Behauptungen untermauern. An vielen Stellen werden sogar unumstössliche Fakten ignoriert und so umgedeutet, dass sie ins gewünschte Narrativ der Erzählerin ( Korrektur: Autorin) passen. Und dieses Narrativ lautet, dass Jens Söring unter garkeinen Umständen am Tatort gewesen sein kann und die Haysoms ermordet hat. Frau Hillers widerlegt ihre eigenen kruden Schlussfolgerungen selbst und entlarvt somit die fehlende Logik in ihrer Darstellung. Als weiteres Beispiel sei hier der DNA-Komplex genannt. Die DNA-Analyse konnte 2009 weder Spuren von Söring noch von Haysom am Tatort nachweisen. Es wurden 4 Blutgruppen gefunden und nicht identifizierte männliche DNA in verschiedenen Blutproben, die sich in allen am Tatort vorhandenen Blutgruppen wiederfindet. Frau Hillers ist - wie viele, die Jens Söring unkritisch betrachten- fest davon überzeugt, dass es daher mindestens 2 weitere Täter gegeben haben muss. Dazu schreibt sie auf Seite 338: "Ein starker Hinweis darauf, dass mindestens zwei Täter am Tatort gewesen sein müssen." Dabei ignoriert sie geflissentlich das Zitat ihres Experten für DNA, das sie auf Seite 349 präsentiert:" Die fraglichen Proben wurden nicht vermischt und haben nur einen Urheber". Frau Hillers hat einen Bachelor-Grad im Bereich Politikwissenschaften. Aber man muss kein Biologe sein, um zu wissen, dass es unmöglich ist, dass eine Person mehrere Blutgruppen hat.
Diese Inkonsistenzen ziehen sich durch das gesamte Werk.
Gespickt ist das Buch auch mit unbewiesenen Anschuldigungen gegenüber der damaligen Ermittler, die Diffamierungen gleichkommen.
Fazit: Dieses Buch zeigt was passiert, wenn jemand, der keine Ahnung von einer Materie hat, seine Kompetenzen überschreitet!