Liebesgeschichte anders definiert als erwartet
"Anatomy – Eine Liebesgeschichte" von Dana Schwartz ist vom Titel her ein wenig irreführend, denn ich hatte angenommen, dass sich Liebesgeschichte darauf bezieht, dass sich eine Romanze zwischen zwei Charakteren entwickelt. Dies ist auch der Fall, allerdings so sehr im Hintergrund und auch recht spät, dass dies sicherlich nicht damit gemeint ist, sondern wohl eher die Liebe zur Anatomie. Anders kann ich mir diesen Zusatz nicht erklären, denn die Liebesgeschichte macht vielleicht zwanzig Prozent des Inhalts aus. Sicherlich agieren sie etwas mehr zusammen, aber das liegt eher daran, dass sie zusammen Leichen ausgraben und Patienten behandeln. Was mich gleich zum ersten Punkt bringt: Leser, die ein sehr sanftes Gemüt haben, sollten dieses Buch wohl eher nicht lesen. Es wird oftmals sehr detailliert beschrieben, wie Leichen ausgegraben, wie diese aufgeschnitten werden usw. Das kann manchmal doch ein wenig auf den Magen schlagen, wenn man eine gute Vorstellungskraft hat und ich denke das geht den meisten Lesern so. Sicherlich finde ich es gut, dass die Praktiken zu der Zeit, es spielt in 1817, thematisiert wurden, aber manchmal war es doch zu ausführlich geschrieben.
Spannend fand ich es zu lesen, wie sehr Hazel darum gekämpft an, als Ärztin praktizieren zu können, beziehungsweise erstmal studieren zu dürfen. Was für uns heute einfach völlig normal ist, war für ihre Zeit undenkbar und das war hervorragend herauszulesen. Aber Hazel ist eine sehr starke, unabhängige Frau, die zwar als Lady geboren wurde, sich aber nicht zu fein ist, die Finger dreckig zu machen und mit anzupacken. Sie ist sehr neugierig und erfinderisch und ich habe sie sehr schnell ins Herz geschlossen. Wen ich weniger mochte war ihr Cousin und Verlobter Bernard, der immer nur darauf bedacht war, gut auszusehen und all das, auch wenn er Hazel zumindest ein wenig unterstützt hat, wohl aber weitestgehend in der Hoffnung, dass sie ihr Hobby selbst irgendwann aufgibt – hatte ich jedenfalls immer das Gefühl. Jack fand ich auch sehr interessant, gerade weil er als Auferstehungsmann einen recht interessanten Beruf ausübt. So nannten sich Männer, die Leichen vom Friedhof besorgt und vorwiegend an Universitäten zu Studienzwecken verkauft haben. Die beiden haben sich unter ungewöhnlichen Umständen kennengelernt und ich habe deren Chemie ziemlich gemocht, auch deren leichte Romanze fand ich schön, obwohl ich mir da mehr gewünscht hätte. Ich fand es doch sehr mau, gerade weil ich mir durch den Titel etwas Anderes vorgestellt hatte.
Die Story dreht sich vor allem um Hazel und wie sie alles um das Thema Anatomie aufsaugt, wie sie lernt und versucht Ärztin beziehungsweise Chirurgin zu werden und dabei verschiedene Hindernisse meistert. Dabei trifft sie auch die unterschiedlichsten Charaktere, wie Dr. Beecham, der sie später unterrichtet. Manchmal wurde es mir zu ausführlich, zu detailliert. Sicherlich war es manchmal recht positiv, weil man sich die Orte sehr gut vorstellen konnte, aber so wurde es mir dann doch manchmal etwas langweilig, weil ich mich eben nicht so für Medizin begeistern konnte, wie die liebe Hazel, auch wenn es doch oft recht spannend wurde, gerade als dann immer wieder Personen verschwanden. Aber dann kam das „Ende“. Ab einer bestimmten Stelle wurde es mir dann zu fantasymäßig und passte absolut nicht mehr zu dem restlichen Inhalt der Geschichte. Es fühlte sich fremdartig an und machte irgendwie alles kaputt. Es war als würde ich ein ganz anderes Buch lesen und irgendwie war ich enttäuscht. Sicherlich konnte mich diese ganze Leichenausgrabung und das Aufschneiden usw. auch nicht immer vollends begeistern, aber es war gutgeschrieben und es passte alles zusammen und dann kam plötzlich so etwas. Das war für mich unnötig und hat vieles kaputt gemacht. Gerade auch, weil es noch einen zweiten Teil geben soll, der dann darauf aufbaut. Aber diesen werde ich dann nicht weiterlesen.
So gebe ich dem Buch drei Sterne, da es durchaus interessant war über die ganzen Praktiken des 19. Jahrhunderts zu lesen und die Charaktere sehr interessant und vielseitig gestaltet waren und es oft auch sehr spannend wurde. Aber das Ende hat viel kaputt gemacht und oftmals war es mir zu detailliert und zu langatmig.