Klasse Anfang, kann das Niveau aber nicht halten
Inhalt:
New York, in naher Zukunft. Es ist etwa zwei Jahre her, dass eine Seuche die Menschheit stark dezimierte. Erwachsene und kleine Kinder fielen ihr zum Opfer, nur Jugendliche überlebten. Doch sobald sie erwachsen sind, werden auch sie sterben.
Die meisten Jugendlichen von New York haben sich in Clans organisiert. Jefferson und seine Freunde gehören zum Clan vom Washington Square. Als sie Kenntnis davon erlangen, dass sie irgendwo im Norden von New York einen Hinweis auf mögliche Hilfe erhalten könnten, machen sie sich zu fünft auf die abenteuerliche Reise.
Meine Meinung:
Der Anfang des Buches ist wirklich toll. Der Autor wirft uns gleich mitten in die Handlung, eine Auseinandersetzung zwischen zwei Clans. Kurz darauf stirbt der Anführer des einen Clans, es muss ein Nachfolger her. So wird man perfekt in diese postapokalyptische Welt eingeführt und kann sich schnell ein Bild davon machen. Die Spannung ist anfangs sehr hoch, leider flacht der Spannungsbogen aber immer mehr ab. Der Adrenalinspiegel steigt später nur noch aufgrund in meinen Augen sinnloser blutiger Kämpfe, von denen es leider viel zu viele gibt. Auch manche Szenen und Beschreibungen waren mir einfach zu langatmig. Außerdem ging mir mit der Zeit die Bezeichnung „Das, Was Passiert Ist“ ziemlich auf die Nerven. Warum muss man das in Harry-Potter-Manier ausdrücken? Warum kann man nicht einfach „die Seuche“ oder „die Katastrophe“ sagen?
Gut gefallen hat mir die Zusammensetzung unserer kleinen „Reisegruppe“. Es sind ganz verschiedene Charaktere, somit dürfte für jeden Leser eine Identifikationsfigur dabei sein. Hier hat mich nur gestört, dass in einer einzigen Figur sämtliche Quoten erfüllt wurden: Peter ist ein christlicher, homosexueller Afroamerikaner. Das schien mir etwas zu dick aufgetragen.
Chris Weitz ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor, Regisseur und Produzent (z.B. „About a Boy“, „Der goldene Kompass“, „New Moon“). Ich finde, das merkt man auch seinem Debütroman „Young World. Die Clans von New York“ stark an. Auf mich wirkte das Buch von Anfang wie ein Film bzw. so, als hätte der Autor immer im Hinterkopf, wie sich eine Szene publikumswirksam verfilmen lässt. Das ist ja per se nicht unbedingt schlecht, wirft es doch auch das Kopfkino an, was ich eigentlich sehr gerne mag. Hier ist es nur leider so, dass dabei viele Emotionen auf der Strecke bleiben. Die Liebesgeschichte zwischen Jefferson und Donna schien mir zum Beispiel wie aus dem Hut gezaubert. Es war nicht wirklich nachvollziehbar, worin die Anziehung zwischen den beiden besteht und wie sie sich entwickelt hat. Ziemlich enttäuschend fand ich auch die Lösung gegen Schluss des Buches. Hier fehlt mir jeder Erklärungsversuch, alles geht schnell und einfach.
Erzählt wird die Geschichte von zwei Ich-Erzählern im Wechsel. Dabei sind die jeweiligen Kapitel entweder mit „Jefferson“ oder „Donna“ überschrieben. Außerdem ist beiden Protagonisten ein anderes Schriftbild zugeordnet, sodass man sie gut unterscheiden kann. Anfangs ist auch der Sprachstil von beiden verschieden. Jefferson drückt sich wesentlich gewählter aus, während Donna schon fast mit Gossensprache daherkommt. Im Lauf des Buches wird dieser Unterschied allerdings verwischt. Nur eines bleibt: Wenn Donna Dialoge nacherzählt, liest sich das wie ein Drehbuch.
Brainbox: „Mit einem Cocktail dürfte die Sache …“
Ich: „Klappe, Brainbox. Du weißt, was ich meine.“
Jefferson: „Wenn wir gar nichts unternehmen, wird alles nur noch schlimmer.“
Ich: „Was soll das denn heißen? Wie kann es denn noch schlimmer werden?“ (S. 150)
Positiv anzumerken ist die ab und zu durchblitzende Gesellschaftskritik, die man teils direkt, teils zwischen den Zeilen lesen kann. Zwar habe ich das Buch ganz gern gelesen, und es hat auch wirklich sehr gute Ansätze, trotzdem konnte es mich im Ganzen nicht überzeugen. In den Folgebänden hat der Autor viele Möglichkeiten, das wiedergutzumachen.
Der 2. Band „Young World - Nach dem Ende“ erscheint voraussichtlich am 27. Mai 2016
Die Reihe:
1. Die Clans von New York
2. Nach dem Ende