Ein Sittengemälde des englischen Regency - leider hat es mich nicht überzeugen können. Schade.
Buchinhalt:
England zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Pfarrerstochter Lavinia kümmert sich um die Armen ihres Dorfes, Landpächter derer von Hawkesbury. Der junge Lord kehrt eines Tages in das Dorf zurück und Lavinia wird von den Schatten ihrer Vergangenheit eingeholt – der Bruder des Lords war seinerzeit verantwortlich für den Tod ihrer Mutter. Kann Lavinia jemals verzeihen?
Persönlicher Eindruck:
Ein typischer Regency-Roman, der ein Sittengemälde der damaligen Zeit in einer englischen Grafschaft bietet: Während die Töchter aus „besserem Hause“ sich ihre Zeit mit Teegesellschaften, Sticken und der Suche nach dem passenden Heiratskandidaten vertreiben, sorgt sich die bürgerliche Lavinia um das Wohlergehen derer, mit denen es das Schicksal weniger gut gemeint hat. Dennoch fiel es mir recht schwer, mit ihr warm zu werden: Lavinia ist eine kleine Giftspritze, die es dem Leser (und dem Grafen) nicht wirklich leicht macht.
Der Roman hat eigentlich keinen Spannungsbogen. Lange Zeit geht es nur um die Schilderung der Begebenheiten und des Lebens der damaligen Zeit. Einige Handlungsfäden werden fallen gelassen und nie wieder aufgenommen, andere hinzugenommen, die meiner Meinung nach überhaupt nicht in den Kontext passen und von denen über 350 Seiten nie auch nur ansatzweise die Rede war. Was ist denn nun mit dem Verwalter, der die Gelder des Grafen veruntreute? Hier wurde eindeutig Spannung und Potential verschenkt.
Lavinia verkörpert in ihrer Person den christlichen Bezug des Romans, Nächstenliebe und ein gottgefälliges Leben. Dazu passt meiner Meinung nach überhaupt nicht, wie leicht sie sich auf ihrer Londonreise „auf Linie bringen“ lässt und aus der gewöhnlichen Pfarrerstochter aus der Provinz schließlich ein Sternchen in der High Society wird. Entgegen ihrer Prinzipien lernt Lavinia reiten, lässt sich schicke Kleider anziehen und ist der Star auf Festen und Bällen. Nein, das hat mich leider gar nicht überzeugt, wie leicht sie sich in die vorher so verabscheute Dekadenz hinein ziehen lässt.
Durch ein paar Kniffe der Autorin und einer unerwarteten Wendung zu Schluss ist Lavinia dann wie durch Zauberhand plötzlich standesgemäß und alle Probleme verpuffen in einer rosaroten, kitschigen Wolke.
Nein, das hat mich alles andere als überzeugt – viele Ansätze verdorrten bereits im Keim und viele Wendungen waren überhaupt nicht ausgereift und dadurch nur wenig nachvollziehbar. Schade, ich hatte mir wirklich mehr versprochen.