Leider völlig enttäuschend...
Nach einer guten Kritik im Deutschlandfunk habe ich mir dieses Buch voller Vorfreude bestellt. Generell liebe ich derartige Romane und schätze jüdische Schriftsteller.
Fand diesen Roman fürchterlich. Wenn der Autor damit mehr Verständnis zwischen den Juden und den übrigen Menschen bezweckt hatte, misslang dieser Versuch kläglich. Es handelt sich bei den Cohens um eine Art jüdische "Waltons", dazu extremst versnobt, unglaublich prätentiös, pseudo-intellektuell, möchtegern-elitär und vollkommen unsympathisch. Jedes (jüdische) Familienmitglied ist nobler, attraktiver, intelligenter, charmanter, charaktervoller als das andere und natürlich, selbstredend als jeder Moslem und Christ. Die Umsetzung erinnert mich mit der absolut nicht mehr zeitgemäßen Handlung an Hedwig Courths-Mahler oder Barbara Cartland. Keine junge Frau des Bildungsbürgertums entscheidet wichtige Dinge im Leben nur, wenn der Bruder mit der Entscheidung einverstanden ist. Ebenso werden Rechtsanwalt und Pilot in mittleren Jahren ihre Lebensentscheidungen nicht vom Urteil des greisen Vaters abhängig machen. Es ist für mich, nach dem Lesen des kitschigen, völlig unrealistischen und wohl auch rassistischen Romanes (Juden werden per se als die besseren und auserwählten Menschen dargestellt), nicht erstaunlich, dass dieses Buch in KEINER Nürnberger Buchhandlung vorrätig war und erst bestellt werden musste. Damit kein Zweifel aufkommen: ich liebe z.B. das Werk von Isaak B. Singer, Friedrich Torberg, Andrzej Szewiński etc, bin mit den Romanen der großartigen Judith Kerr aufgewachsen und sozialisiert worden, liebe jüdische Autoren: "Rahels Reise" ist allerdings absolut enttäuschend. Von einem seriösen Roman erwarte ich, geschichtliche Tatsachen und Fakten zu befolgen. So ist der 8. Mai 1945 nicht der "Tag der Befreiung der Konzentrationslager", die wurden glücklicherweise schon seit dem 30.01.45 (Auschwitz) befreit, und in Fürth wurde niemals eine komplette Straße in einer Villengegend durch britische Luftangriffe zerstört. Benjamin, einer der beiden Hauptprotagonisten, im Buch als überragend intelligent und höchst kultiviert geschildert, hat angeblich noch niemals etwas von Friedrich Schinkel gehört. US-Amerikaner werden im übrigen sehr klischeehaft als kulturelle Banausen dargestellt, die weder an den bayerischen Königsschlössern noch an der Nofretete etwas finden und diese Dinge, neben anderen Sehenswürdigkeiten lapidar und verächtlich abtun. Nein: Dieses Buch ist absolut nicht zu empfehlen.
P S. Jakob Cohen, das Familienoberhaupt "verzeiht den Deutschen", gnädig und großherzig (Auch die Gattin und Hauptprotagonistin, Rahel Cohen überlegt, ob sie "den Deutschen" auch endlich verzeihen kann/soll/darf:
Ich wüsste im übrigen absolut nicht, WAS mir (sowie auch meinen Eltern und Großeltern) US-AMERIKANER zu verzeihen/vergeben hätten. Derlei Aussagen sind im Jahre 2024 absolut Fehl am Plätze und infantil und schüren lediglich Ressentiments.
Fazit/Resümee:
Eine jüdische Rasse gibt es nicht. Das Judentum ist lediglich eine Glaubensrichtung ähnlich dem Christentum oder Islam. Juden sind auch per se keine auserwählte "Rasse". Menschen jüdischen Glaubens haben wie ALLE übrigen Menschen ihre Stärken, ihre Schwächen und auch ihre Fehler. Daran gibt es keinen Zweifel. Auch wenn C. Bernd Sucher uns 500 Seiten lang eine andere Meinung suggerieren möchte. Das Buch trägt absolut nicht zur Verständigung bei, sondern bestärkt vielleicht den geneigten Leser zu antisemitischen Denkweisen und das sollte kein Ziel sein.