Vielschichtiger, äußerst packender Pharmathriller
Mit „Riskante Manöver“ ist dem Autoren Birand Bingül ein vielschichtiger, äußerst packender Spannungsroman gelungen, den man schon bald nicht mehr aus der Hand legen kann.
Dies ist der erste Fall für den Berliner Public Relations-Agenten Mats Holm und seine Kollegin Laura May und wird hoffentlich auch nicht ihr letzter bleiben.
Bereits der Einstieg in diesen sehr nervenaufreibend gestalteten Fall, der in der oft angeprangerten Pharmabranche angesiedelt ist, wurde clever gewählt. Der Autor spielt hier gekonnt mit den schlimmsten Alpträumen von Eltern: ein krankes Kind fällt nach Medikamenteneinnahme in ein Koma, die Ärzte sind machtlos und kurze Zeit später ist das Kind verstorben. Natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien und ein klarer Fall für das Genie der Krisenmanagements PR Agent Mats Holm! Doch bei seinem neuem Auftrag wird schnell klar, dass die Konzernchefs nicht bereit sind, mit der vollen Wahrheit zu dem bei Kindern eingesetzten Schmerzmittel und seinen mutmaßlichen Nebenwirkungen rauszurücken, sondern lieber von sich ablenken wollen und eine Rufmordkampagne vermuten. Das plötzliche Verschwinden einer Mitarbeiterin gibt weitere Rätsel auf.
Schon bald entwickelt sich der über 4 Tage angelegte Fall zu einem äußerst fesselnden Thriller, denn Mats und seine Kollegin Laura haben nicht nur an der PR-Front um Schadensminimierung zu kämpfen, sondern ermitteln auf eigene Faust zudem im Fall der spurlos verschwundenen Wenner-Mitarbeiterin. Kurze Kapitel, die nur mit einer Zeitangabe ähnlich einem News-Ticker überschrieben sind, häufige Perspektivwechsel und unvorhersehbare Wendung bringen ein hohes Tempo in die Geschichte und sorgen zugleich für ungeheure Spannung. Für zusätzlichen Thrill sorgen einige Passagen aus der Perspektive eines mysteriösen Widersachers innerhalb der Wenner-Belegschaft mit offensichtlichen Insiderkenntnissen. Der sehr dialogorientierte Schreibstil des Autors ist kurz, prägnant, packend und passt perfekt zur temporeichen Handlung.
Neben den gut recherchierten Hintergrundinformationen zu klinischen Studien, den internen Verflechtungen, Abhängigkeiten und komplexen Machtspielchen in den obersten Etagen der Pharmakonzerne erfährt der Leser auch sehr interessante Details zur PR-Arbeit und ihren Strategien. Sehr gelungen und durchaus glaubwürdig empfand ich die Schilderungen ihrer schwierigen Arbeit mit den Auftraggebern und den sensationshungrigen Medien. Eine Gratwanderung bei der viel Pragmatismus, ein Abwägen von moralisch-ethischen Entscheidungen, eine gewisse Kaltschnäuzigkeit und das Schmieden von Allianzen das tägliche Geschäft bestimmen. Hier merkt man, dass der Autor, der als Journalist arbeitet, vom Fach ist und fundierte Einblicke hinter die Kulissen hat.
Sehr schön kann der Leser über die Hintergründe des Falls spekulieren und wird gekonnt auf falsche Fähren gelockt. Die mitreißende Handlung gipfelt schließlich in einer dramatisch inszenierten Auflösung des Falls, die in sich schlüssig und nachvollziehbar ist. Brillant ist jedoch eine im Ausklang präsentierte Enthüllung, die einem beinahe zu den Boden unter den Füßen wegzieht, da sie den Fall in einem anderen Licht erscheinen lässt und den Leser äußerst nachdenklich zurücklässt.
Bingül hat die meisten seiner Charaktere sehr lebendig und realitätsnah ausgearbeitet, so dass ihr Verhalten sehr nachvollziehbar und glaubwürdig erscheint. Vor allem die beiden sympathischen Protagonisten Mats Holm und seine clevere Partnerin Laura May haben mir mit all ihren Eigenheiten sehr gut gefallen. Es sind interessante, unkonventionelle Charaktere, deren persönliches Umfeld wir im Laufe der Handlung allmählich besser kennen lernen. Zudem werden einige spannende Aspekte aus ihrer dunklen Vergangenheit enthüllt. Ich bin schon sehr neugierig auf weitere Details aus ihrem Leben und ihre weitere Entwicklung in den nächsten Bänden.
FAZIT
“Riskante Manöver” ist ein vielschichtiger, äußerst packender Pharmathriller, der mich sehr überzeugt hat! Sehr lesenswert!