Sehr emotional und berührend
„Vor uns die Dämmerung“ von B. Celeste ist ein Buch, das mich unglaublich berührt und mich sogar mehrmals zum Weinen gebracht hat. Das lag vor allem an dem Thema, denn Emery hat mit dem Tod ihrer Zwillingsschwester zu kämpfen. Doch nicht nur das. Sie selbst leidet an der selben Krankheit, die Logan das Leben gekostet hat. Da ihre Mutter den Verlust nie überwunden hat, zieht sie zu ihrem Vater, der neu geheiratet hat und den sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Seine Ehefrau Cam hat einen Sohn namens Kaiden, der mürrisch und sichtbar eigene Probleme hat. Doch nach und nach kommen sich beide näher, wären da nicht die Schmerzen und andere Nebenwirkungen, mit denen Em zu kämpfen hätte.
Ich habe selbst chronische Krankheiten und andere Wehwechen, wie ich meine Krankheiten liebevoll nenne, auch wenn ich nicht daran sterben könnte, wie es bei Emery immer passieren könnte. Aber ich habe dauerhafte Schmerzen, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, wodurch ich ihre Leiden durchaus gut verstehen konnte. „Wir sind zum Kämpfen gezwungen. Und manchmal… wollen wir das nicht.“ oder „Manchmal denke ich, dass es mir tot besser ginge.“ sind Sätze, die ich so gut nachvollziehen konnte und die mich zum Weinen gebracht haben. Man versucht immer stark zu sein, damit klar zu kommen, aber manchmal will man das einfach nicht mehr. Dieser Schmerz ist so gut rübergebracht. Ich denke, selbst wenn der Leser nicht chronisch krank ist, diese Schmerzen nicht nachempfinden kann, hat die Autorin es geschafft, Emerys Gefühle, ihre Gedanken, ihre Schmerzen sehr nachvollziehbar rüberzubringen, sodass es einem schwer ums Herz wird, dass man sich wünscht, dass es ihr besser geht, ihr die Schmerzen abnehmen kann oder sie zumindest in die Arme nehmen darf. Denn das ist noch so eine Sache in dem Buch: Emery macht viel mit sich selbst aus. Ihre Mutter hat bereits ein Kind verloren und kommt damit nicht klar, ist überfordert, ihr Vater und sie sind sich fremd, Freunde hat sie keine, was vor allem daran liegt, dass sich Em zurückzieht, was aber mit ihrer Krankengeschichte auch kein Wunder ist. Sie möchte diese Last auf niemanden abwälzen. Sie behält ihre Gedanken und Gefühle für sich, weil sie niemanden verletzen will, weil sie auch weiß, dass es schwer für Leute ist, all das nachzuvollziehen. Bis Kaiden eben kommt und für sie da ist. Jeder, der in so einer Situation ist, braucht so einen Menschen, weil er sonst unter der ganzen Last zusammenbricht.
Zudem hat die Autorin auch aufgezeigt, wie die Menschheit ist, gerade auch Ärzte. Sie sehen einen jungen Menschen und denken sich, dass die Person doch jung und fit aussieht, weil sie nicht in sie hineinsehen können. Und Ärzte sagen so oft „Sie sind noch jung, das können Sie nicht haben“ oder auch „Das kann Ihnen nicht weh tun, stellen Sie sich nicht so an.“. Dies wurde hier auch thematisiert. Ich selbst bin auch recht jung und schlage mich seit sehr vielen Jahren schon mit meinen Krankheiten rum und kenne diese Sätze nur zu gut. Es gibt wenige Ärzte, die einen wirklich ernst nehmen. Wie oft habe ich auch gehört, dass ich zu jung bin, dass ich das nicht haben kann, dass mir das nicht weh tun kann. Daher habe ich noch mehr mit Emery mitgelitten, als ich es vielleicht getan hätte, als wenn ich nicht ebenfalls in einer ähnlichen Situation wäre. Ich habe Tränen geweint, musste das Buch manchmal kurz weglegen, um mich zu beruhigen, nur um es direkt wieder zur Hand zu nehmen, weil ich es weiterlesen wollte, weil es mich einfach so gefesselt hatte. Vielleicht ist das Buch auch für einige gesunde Menschen eine Art Weckruf, dass sie hinter eine Fassade sehen. Nur weil ein Mensch gesund aussieht, heißt es nicht, dass er es ist. Und sie sollten zuhören, wenn es jemanden schlecht geht, denn für diese Menschen ist es sehr viel wert, weil diese unglaubliche Angst haben und sich dennoch niemanden anvertrauen wollen, weil sie niemanden belasten wollen.
Ich gebe dem Buch fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung, egal ob chronisch krank oder nicht. Es ist so emotional und berührend, dass es jeden sicherlich absolut mitnehmen kann.