Lesende Orks, die superschlau sind? Kämpfende Frauen? Und Intrigen?.....bin dabei :D
Jenseits des Spiegelsees von Annika Schwabe
Dieses Buch hat mich endlich mal wieder abtauchen lassen in ein irgendwie mittelalterlich anheimelndes Setting, das doch ab und an modern erscheint mit seinen Problemen. Zumindest in meinem Kopf. Das Buch spielt in einer Fantasiewelt, und kommt mir an manchen Stellen wie eine Metapher unserer heutigen Welt auf Kriege, auf Witwen, verlassene Kinder, Frauen in Nöten, Rebellen, das tägliche Überleben, Machtausübung der Reichen und Mächtigen, Aufstände und Widerstand, aber auch Zusammenhalt, Heldentaten und Loyalität vor. Ebenso wie Wut, Missgunst, und Misstrauen gegenüber Völkern, mit denen man mal im Krieg lag, die aber doch auch ganz tolle Freunde werden können, wenn man sie nur an sich heranlässt. All das regt dann doch zum Nachdenken an. Und gerade diese Szenerien waren es, die das geschafft haben. Und überhaupt kennt man ja auch aus unserer Welt das Misstrauen gegenüber ALLEM was anders ist, als man selbst. Am besten fange ich gleich mal damit an, worum es geht.
Die Geschichte die das Buch erzählt:
Monique, um die 30, ist eine Söldnerin, und für alle Aufträge zu haben. Sie ist eine Frau des Volkes, und trotzdem nutzt der König und die Armee, hier die Kavallerie, sie gerne, um gesuchte Leute und Wesen zu fangen, oder sie zu engagieren um andere Dinge zu tun, da sie in dem was sie tut, sehr gut ist, sich im Lande auskennt, und auch in den Völkern der verschiedenen Wesen und Stämme. Und so wird sie vom König von Seelenstein dazu gezwungen einen Brief ins feindliche Land der Elfen, nach Kolotrya, direkt in den Marmorpalast der Königin, zu überbringen. Eine leichte Aufgabe könnte man sich denken. Doch so einfach ist dies nicht. Denn das Land Jesaheim hat schon zwei große Kriege im Laufe der Jahrhunderte hinter sich. Und immer waren Menschen, Elfen, und irgendwie auch Orks und manchmal Zwerge, involviert. Was im Brief steht, darf nicht ans Licht kommen, und der Weg ins Elfenreich ist auch nicht so einfach. Zur Seite bekommt Monique Ceter gestellt. Hauptmann der königlichen Kavallerie und Armee, und Jemand, den sie durch ihre früheren Aufträge schon länger kennt. Die beiden machen sich also auf den Weg. Und genau dieser Weg ist die Geschichte, über die ich gar nicht mehr berichten möchte, weil jeder selbst auf diese Reise gehen sollte. Denn jeder wird sie anders erleben. Ich kann hier nur davon berichten, wie ich sie mit dem Lesen und damit meiner Buchreise erlebt habe.
Cover:
Ich mag das Cover sehr. Zum einen weil ich in der Figur meine einen Charakter aus dem Buch erkannt zu haben. Zum anderen, weil es mich immer an die Herrin vom See aus Avalon erinnert. Auch der See des Covers spielt im Buch eine Rolle, und die Schwerter stehen wohl für die Kämpfe, die auch stattfinden.
Fazit und Gedankenallerlei:
Es gibt im Buch einen Abschnitt, noch vor dem Prolog. Und ich gebe zu, dass es diese Worte waren, die mich gleich in ihren Bann gezogen haben, weil ich unbedingt wissen wollte, was hinter diesen steckt. Das Buch hatte also schon mal meine Aufmerksamkeit. Es wird mit dem Aufschlagen der Seiten geschafft, einen zu entführen in eine andere Welt. Sobald man es liest, befindet man sich im Lande Jesaheim, mit all seinen Orten, Wüsten, Brücken, Städten, Seen, Flüssen, Inseln, Gebirgen, Menschen und Wesen. Und wegen denen ist das Buch auch ein Mix aus Emotionen, die im Leser wachgerufen werden. Von tiefer Melancholie, über Traurigkeit, Wut, Loyalität, Liebe, Verrat…… aber auch Humor, kommt fast alles vor. Das Ganze ist auf jeden Fall tiefgehender als man am Anfang denken mag. Die Handlung ist unmittelbar. Man ist direkt dabei in allen Szenerien, und wird gleich anfänglich ins Geschehen geworfen. Alles ist wie mehrere Geschichten in einer, die aufeinander zudriften, und sich erst im Laufe der Geschichte vereinen, und eine gemeinsame Geschichte werden. Moniques und Ceters Weg, um den Brief zu überbringen hat einen großen Anteil an Plänkeleien und Humor, denn wie die beiden sich miteinander necken und sticheln, das ist einfach grandios. Denn sie können auch ernst und respektvoll miteinander umgehen. Ich mag die Art von beiden. Dann gibt es noch den Part der Orks, die den jungen Tyr in sich haben, der merkt, dass er gar nicht das will, was sein Vater von ihm möchte, weil er viel zu schlau für einen Ork ist. Wir haben den Handlungsstrang im Königreich der Elfen, im Palast, mit dem Hauptmann der königlichen Wache, Amnon, und Königin Brianna. Und schließlich die Verfolger von Monique und Ceter, die den blinden Larish als Geisel dabeihaben. Und später wäre dann noch der Strang von Joyce und Index…. Die aus Bjota fliehen müssen. Ihr seht: Eine Menge Namen, die euch momentan noch nicht viel sagen. Wir lernen nämlich jede Menge Wesen und Figuren im Buch kennen. Auch wenn mir alle Lebenswege gefallen haben, und ich sie toll fand, und gut dargestellt, habe ich Tyr liebgewonnen. Denn die Aussage der Geschichte von Tyr, die besagt, dass man alles machen kann, was man nur möchte, und sich nicht davon leiten lassen sollte WAS man ist, gefällt mir. Und wenn die Familie auch zu den besten Kriegern gehört, und man selbst eben eher den Büchern und der Weisheit zugetan ist, dann ist das eben so, das macht einen nicht zu einem schlechteren Menschen….. in seinem Fall Ork. Dies ist aber nur eine kleine Episode, die mir nahegegangen ist. Weiteres will ich natürlich nicht verraten. Doch erzählen musste ich davon. Gerade, oder gerade weil Tyr wohl alle lesenden Menschen sehr gut verstehen kann, und andersherum.
Und ich habe es wirklich selten gesehen, dass eine Geschichte im High-Fantasy-Bereich (es gibt fantastische Wesen, Probleme in einer anderen Welt, eine abenteuerliche Reise… also kann ich es ruhig so nennen), die so wenige Seiten hat, so komplex ist mit ihren Wesen, ihren Orten, der Geschichte und den Personen die auftauchen. Und ja, man könnte das Ganze natürlich noch ausbreiten auf 500 oder mehr Seiten, und in die Details gehen. Trotzdem. Die Geschichte so wie sie ist hat mir gut gefallen, und genau diese Sache mit der Komplexität, die hat meine Sterne verdient. Alles wurde gesagt, und keine Fragen sind offengeblieben (bis natürlich die, die in Band 2 beantwortet werden). Und ja. Auch wenn ich manche Dinge gerne mehr ausgearbeitet gesehen hätte, und damit ein paar Seiten mehr im Buch gelesen hätte, so habe ich mich dann doch entschieden, die Geschichte an sich zu bewerten. Und die hat mir nun mal einfach ganz toll gefallen, weil die Idee nicht neu, aber gut in der Umsetzung war, und der Schreibstil ungewöhnlich detailliert. Gerade auch in der Hinsicht, dass alles in diese wenigen Seiten gepackt wurde. Das Buch ist übrigens ein Debüt.
Und ja, auch wenn das Werk natürlich rein von der Seitenanzahl gar nicht mit Herr der Ringe vergleichbar ist, so scheinen die Stellen durch, ich muss es einfach erwähnen, bei denen ich ein wenig erinnert wurde. Was übrigens etwas sehr Gutes ist, denn ich bin einer der größten Herr der Ringe Fans, die es gibt. Vielleicht einigen wir uns auf die kleine, noch junge, Schwester des Herrn der Ringe :D. Es ist nämlich nur ein HDR Hauch, der die Geschichte umweht, weil es eine völlig neue und eigenständige Story ist, die eine ganz eigene Handlung hat. Auch ich war überrascht und gebe zu, anfangs nicht mit so einer komplex verworrenen und verwobenen Geschichte gerechnet zu haben, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Besonders hat mir auch gefallen, dass wir es im Buch nicht mit einer ganz jungen Frau zu tun haben, sondern mit einer um die 30, die im Leben schon so viel mitmachen musste, dass sie eine gestandene Frau ist, die sich nichts sagen lässt, und mutiger ist, als so mancher Mann.
Das Buch führt uns durch keinen gradlinigen Weg durch die Geschichte. Es weicht aus, um uns öfter mal auf andere Pfade zu bringen. Die Stränge sind mal hier, mal dort, und man denkt sich immer……. Wann kommen diese Erzählstränge zusammen, und was hat alles miteinander zu tun? Die Kapitel spielen dabei immer an anderen Orten, und es tauchen mehr Personen auf, die man während der Lektüre kennenlernt. Aber keine Angst, diese Weise macht die Geschichte auch unheimlich interessant. Denn man stell sich fragen, und bleibt neugierig. Und so sollte eine Geschichte ja auch sein. Das Buch besteht aus Puzzleteilen, die man nacheinander und durcheinander liest. Und erst am Ende steht man vor dem fertigen Puzzlebild und denkt sich……“Natürlich, so hängt alles zusammen“. Mir hat es gefallen, ein wenig turbulent auf die richtige Fährte gesetzt zu werden, die dann nicht immer richtig war. Ständig macht es klick im Kopf, nur um dann im nächsten Abschnitt wieder im Dunkeln zu tappen, weil sich eine neue Tür und Spur auftut. Ich habe etwas länger gebraucht, bis sich alles in meinem Gehirn zusammengeknüpft hat, was aber die Spannung nur noch mehr gesteigert hat, weil ich wirklich lange im Dunkeln lag, was eigentlich alles miteinander zu tun hat, worum es geht, wie die Figuren zusammengehören, welche Vergangenheiten sie miteinander haben, und so weiter. Und immer, wenn man denkt „Oh, nun geht die Geschichte in einer geraden Linie voran“, dann Pustekuchen, kommt wieder etwas neues Unvorhergesehenes daher, und überrascht einen. Doch lieber spät als nie. Und zwischendrin nehmen die Wendungen so an Fahrt auf, dass man nur noch weiterlesen will. Das Buch beweist, dass es in einem guten High Fantasy Buch nicht immer mehrere hundert Seiten bedarf, um eine Geschichte dicht und atmosphärisch zu erzählen. Tatsächlich hat man alles an Infos erfahren, was es geben muss. Und dann bleiben zwar Fragen übrig. Aber es gibt ja auch noch einen zweiten und dritten Teil. Und auch wenn sich in knapp 250 Seiten die Handlung etwas schneller vollzogen hat, so kam man doch sehr gut mit, und hat die Geschichte genossen, und sich eigentlich nie gehetzt gefühlt. Gerade auch deswegen hat mir die Geschichte so gut gefallen. Es ist eine kleine feine Geschichte, die man, wenn man denn Zeit hat, recht schnell lesen kann, um sich in dieser Zeit in eine andere Welt zu begeben.
Was wirklich besonders gut gelungen ist, das ist die Atmosphäre, die sich durchs ganze Buch schlängelt. Wir begeben uns auf eine Reise mit Monique und Ceter, und genau diese Reise ist es, die einem unheimlich Spaß macht beim Lesen. Denn jede Stadt, jeder Felsen, die Seen, Berge und Grenzen, sind so toll beschrieben, und mit fantasievollen Namen versehen, dass wir uns direkt hindenken können, und unser Kopfkino sofort anspringt. Davon lebt die Geschichte. Ebenso, wie von ihrem Spektrum an Wesen, die im Buch vorkommen. Und die anders, als die Vier „alten Bekannten“ Elfen, Menschen, Orks und Zwerge….. dann doch für völlig neue Vorstellungen im Kopf sorgen.
Wie zu jeder Zeit natürlich auch in unserer heutigen, gibt es Konflikte, Rebellen, Widerstände und Proteste gegen Obrigkeiten. Und auch Kämpfe und Gewalt, der Armee, gegen die Bürger. Die ernsten Untertöne kann man ebenfalls herauslesen. Und auch wenn die Figuren und Wesen uns seltsam fremd scheinen, weil sie in einer Fantasiewelt leben, so sind die Probleme ähnlich denen von uns. Es geht um Ungerechtigkeiten, Krieg, Grausamkeiten, Vorurteile gegen andere Völker und Wesen, dem Anderssein…..und dem Wunsch einfach nur irgendwie ein gutes Leben zu führen. Manche Abschnitte regen also zum Nachdenken an, aber manche sind zum Schmunzeln, und wieder andere einfach nur durch ihre Atmosphäre und Ortsbeschreibung bestechend. Trotz weniger Worte ist die Geschichte mit ihrer Wortwahl und dem Schreibstil tiefgehend, so dass man die Welt drumherum auf alle Fälle gut kennenlernt. Bei den Protagonisten ist das ebenso der Fall. Aber es geht auch ein wenig um Traditionen, und dagegen aufzubegehren. Manchmal binden uns Traditionen und zwingen und in Rollen, die wir vielleicht so gar nicht annehmen wollen, weil sie nicht mit unserem Selbst übereinstimmen.
Alles ist also angelehnt an unsere Welt, aber natürlich im Fantasiebereich. Es ist fast wie eine Parallelwelt. Die Probleme sind ähnlich. Es gab bisher zwei Kriege, die unseren Weltkriegen ähnlich sein könnten, ein dritter ist in naher Sicht. Auch eine Religion gibt es, die aus einer Gottesmutter besteht, die die Erde und Menschen geschaffen hat, und ihrem Bruder, der das Böse und den Teufel darstellt. Diese tauchen bei Beginn dieses dritten Krieges auf, um die Menschen zurück in ihr Reich zu holen, was ähnlich unserer Apokalypse scheint. Diese Vergleiche, die eigentlich keine sind, fand ich sehr toll. Und trotzdem hat man sich jeden Moment wie in einem Fantasybuch gewähnt. Denn die Wesen, die Jesaheim bevölkern sind im Fantasygenre zuhause. Und es wurden noch neue erfunden. Und was für welche! Hier war der Kreativität der Autorin keine Grenze gesetzt. Glasmenschen, Lloronen, Drachenpferde…. Um nur ein paar zu nennen.
Das Buch braucht keine großen Beschreibungen der Liebe und die Beteuerungen, dass diese stattfinden. Es sind ganz kleine Szenen, die nicht oft vorkommen, aber in denen man merkt, wer wem Gefühle entgegenbringt, wer wem vertraut, wer wen liebt…….Das Hauptaugenmerk liegt aber auf keinen Fall darauf. Wobei wir doch alle wissen, dass die meisten schlimmen Dinge geschehen, wenn man etwas verloren hat, das man liebt. Sei es ein Mensch, oder die Liebe selbst. Und so langsam aber sicher erkennt man im Buch auch die Loyalitäten, die man einander entgegenbringt, die alten Freundschaften, Menschen die einem wichtig sind, aber auch welche, die uns wichtig werden während der Reise, und mit denen man Freundschaft schließt. Das ist wichtig, weil meist rüberkommt, warum jemand für diesen und jenen eine tiefe Verbundenheit und Verbindung hat. Und dass so jemand ja auch wichtiger sein kann für das eigene Leben, als eine eigene Familie, weil diejenigen sich wie Familie anfühlen.
Ich hätte mir, gerade zum Ende hin, noch ein paar mehr Ausschmückungen gewünscht, auf der anderen Seite, fand ich es total schön und toll, das mit wenigen Worten so eine Welt entstehen konnte, die mich, gerade im Mittelteil, sehr begeistert hat, und das hat am Ende überwogen. Hier wurde auf jeden Fall eine Geschichte geschrieben, die nur weniger Worte bedarf, und durch diese trotzdem viel von der Geschichte hergibt. Man erfährt viele Einzelheiten. Die Schreibweise und der Stil sind mir allgemein sehr positiv aufgefallen, weil sie unheimlich gut sind, und Lust auf das Weiterlesen in Band 2 machen. Jenseits des Spiegelsees eröffnet sich eine Welt für uns, die voller neuartiger, aber auch altbekannter Wesen ist. Odeeeer, ihr benutzt den einfacheren und sicheren Weg, und lest das Buch, um ins Elfenreich zu gelangen.
Ach ja, da fehlt ja noch was. Mein heutiges Rezensionslied. Ich kann nichts dafür. Die Anfangsszene des Buches hat mich geprägt, und das ganze Buch über begleitet, und diese verbinde ich nun mal damit. Mein Kopf hat sich eben diesmal dieses Lied ausgesucht.
„Mein Liebster zog in die Schlacht dahin, und rief „Solang ich siegreich bin, wird diese wilde Rose blühen“. Ich gab der Blume seinen Nam'. Sie blühte stolz und unbeugsam. Bis eines nachts dann der Winter kam.
Es kam ein Brief in dem es stand. Er starb als Held im fernen Land. Eine Rose fest in seiner Hand
Weh, Weh, mein Herz ist schwer. Gab für immer meinen Liebsten her. Seine wilde Rose blüht nicht mehr. Mir ist, oh, so kalt, er kommt nie mehr.“