Schöner historischer Roman mit Einblick in die Kannenbäckerei
INHALT:
Johanna ist 13 Jahre alt, als sie während des 30-jährigen Krieges ihre ganze Familie an die Pest verliert.
„Die Tode waren so schnell aufeinander gefolgt, dass Johanna noch gar nicht fassen konnte, was geschehen war. Wie betäubt fühlte sie sich, als wäre ihr Herz in ihr eingeschlafen (...).“
Sie selbst war zwar auch erkrankt, wurde aber wieder gesund. In ihrem Schmerz versteht sie nicht, wie Gott das zulassen konnte. Sie hatte tagelang gebetet, doch ihre Familie starb trotzdem.
„Sie war so allein auf der Welt, wie ein Mensch nur sein konnte.“
Johannas Wut gegen Gott wird groß. Was soll nun aus ihr werden? Die Nachbarn können nicht für sie sorgen, sie haben selbst kaum zu essen.
Schließlich begibt sie sich auf den langen Weg durch den Westerwald zu ihrem Onkel, dem Töpfer, den sie nicht kennt, und der mit ihrem Vater Streit gehabt hatte. Doch es ist ihre einzige Möglichkeit, um zu überleben. Zum Schutz vor Soldaten, die sie auf dem Weg überfallen könnten, verkleidet sie sich als Junge.
Der Onkel erweist sich anfangs als äußerst mürrisch und Johanna hat das Gefühl, es ihm nicht recht machen zu können. Da kommt ihr plötzlich eine Idee: „Wenn sie dem Onkel nun nichts davon sagte, dass sie ein Mädchen war? Würde er es merken? Könnte sie als Junge bei ihm leben? Könnte sie als Junge bei ihm leben und vielleicht auch Kannenbäcker werden, so wie er? (...) Vielleicht könnte sie zur Schule gehen und Lesen und Schreiben lernen.“
MEINUNG:
Von Anfang an konnte ich direkt großes Mitgefühl für Johanna entwickeln, die in ihren jungen Jahren plötzlich ganz allein, ohne Familie und voller Trauer dasteht. Dann muss sie auch noch den beschwerlichen Weg allein zu ihrem unbekannten Onkel bewältigen und wird von ihm nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Auch lässt er sie als „Junge“ hart arbeiten und Johanna muss sich gegenüber anderen Kindern behaupten. Ich habe sehr mit ihr mitgefiebert.
Zudem fand ich es interessant, einen Blick in die Arbeit eines Kannenbäckers zu bekommen: Vom Töpfern, Gestalten, Brennen und Verkaufen, war alles dabei und wurde sehr anschaulich beschrieben. Bücher mit kreativen Tätigkeiten begeistern mich immer wieder. Daher habe ich mich gefreut, dass hier die Töpferei tatsächlich einen großen thematischen Stellenwert einnimmt und auch Johanna mit dem Handwerk mehr als nur liebäugelt!
Auch die historischen Anteile der Geschichte haben mir gut gefallen – nicht zu viel aber auch nicht zu wenig und gut verständlich. Besonders eindrücklich werden einem die damaligen Rollenbilder von Mädchen und Jungen vermittelt, sowie deren Aufgaben und erwünschtes Verhalten. Des Weiteren wird z.B. die Hexenverfolgung angeschnitten.
Auch wenn die Ausgangssituation eher traurig und bedrückend wirkt, ist das Buch stimmungsmäßig insgesamt zwar manchmal melancholisch, aber nicht zu deprimierend. Dadurch hat es sich für mich auch relativ leicht lesen lassen und ich konnte es häufig kaum aus den Händen legen.
FAZIT: Sowohl die Geschichte, als auch die Umsetzung empfand ich als sehr gelungen. Man bekommt einen guten Einblick in die damalige Zeit und in die Arbeit eines Kannenbäckers.
Gegen Ende gab es für mich ein paar wenige Längen (da stach dann die Liebesgeschichte mehr in den Vordergrund, was nicht immer so mein Ding ist). Ansonsten hat mir das Buch richtig gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter, wenn ihr euch für historische Romane interessiert! 4,5/5 Sterne.