Ein Ort im Umbruch
Restauratorin Jette Herbusch hat es nach Hollvitz auf die wunderschöne Insel Rügen verschlagen um hier den Altar der Dorfkirche zu restaurieren. Als ihr Freund der Kunsthistoriker Professor Richard Gruben sie besuchen will, bittet Jette ihn, am Sassnitzer Bahnhof vorbei zu fahren und die Denkmalpflegerin Susanne Ortlepp mitzubringen. Am nächsten Tag, als Gruben auf der suche nach einem alten Kreidewerk ist, findet er Frau Ortlepp tot, verblutet in einer Tierfalle. War es ein unglücklicher Unfall oder doch ein heimtückischer Mord?
Das erfährt der Leser erst nachdem Richard Gruber und der sympathische Ortspolizist Bert Mulsow begonnen haben, diesen außergewöhnlichen Fall zu ermitteln. Und was dabei alles ans Tageslicht kommt, hat mich immer wieder erstaunt und auch erschreckt.
Dies ist das erste Buch von Anja Behn, dass ich gelesen habe. Ihre ausgeglichene und unaufgeregte Schreib- und Erzählweise mag ich sehr. Sie versteht es, mit immer wieder eingestreuten kleinen geheimnisvollen Anmerkungen die Spannung anzuheizen und hoch zu halten, ohne dass sie mich erdrückt.
Wie zufällig eingestreute Hinweise auf den Vorgängerband machen Lust, sich mit Jette und Richard noch näher beschäftigen zu wollen. Was ich nun, wo ich Anja Behn und ihre Protagonisten kennengelernt habe, bestimmt tun werde.
Ihre Protagonisten kann ich mir fast alle dank der ausführlichen Beschreibungen sehr gut vorstellen. Mit Jette und Richard habe ich mich sofort angefreundet. Auch die anderen Bewohner des Ortes, die ich hier kennenlerne, sind alle so menschlich und einfach normal. Ganz besonders emotional beeindruckt hat mich eine alte Dame, die hier allein in ihrem kleinen Häuschen lebt und in ihrem Leben so einiges mitgemacht hat.
Die Insel Rügen versprüht hier im Mai, wenn der Raps blüht und die Luft mit seinem Duft anreichert, einen ganz eigenen, wunderbaren Flair. Ich genieße die gelbe Blütenpracht, meine die salzige Luft der Ostsee riechen und auf der Haut spüren zu können. Da ich vor ein paar Jahren eine Zeit dort verbringen durfte, war es für mich wunderschön, zusammen mit Jette und Richard die Gegend noch einmal erkunden zu können.
Mit der Auflösung des Falles habe ich mich hier sehr schwer getan. Lange habe ich gar nicht gewusst, um was es hier in Wirklichkeit geht. Kleine Andeutungen haben mich immer in die falsche Richtung denken lassen. Am Ende wird alles sehr ausführlich und genau aufgelöst. Aber in der Zwischenzeit habe ich mich immer wieder auf neue Wendungen eingelassen und bin der Autorin brav auf falsche Fährten gefolgt.
Alles in allem eine sehr gut konstruierte Geschichte, nicht nur für Rügen Liebhaber, die sich spannend und interessant liest, bei der ich gut mit ermitteln und mit rätseln konnte.
Für mich hat sie die volle Sternenzahl von 5 absolut erreicht.