Empfehlenswerte Lektüre. In jeder Hinsicht!
Als ich das Buch "Eisige Nähe" von Andreas Franz bekam, schaute ich mir als erstes die sehr interessante und informative Homepage des Autors an. Seit Neuestem habe ich mir das zu einem Prinzip gemacht, denn im Gegensatz zu früher interessiert mich, was das für ein Mensch ist, dessen Bücher ich lese und manchmal ja jetzt auch öffentlich beurteile. Und was ich dort über die Ansichten und Überzeugungen des Autors las, gefiel mir sehr.
Andreas Franz schreibt, dass er immer wieder gerne mal Zitat: "...über das Organisierte Verbrechen, das sich mittlerweile in allen Bereichen von Politik, Wirtschaft, dem Finanzwesen und sogar der Kultur etabliert hat und so ziemlich alles kontrolliert." schreibt - wie mittlerweile viele seiner Autorenkollegen und gilt als jemand, der zu diesem Zweck auch umfassend und sehr sachbezogen recherchiert. Es ist also längst nicht alles nur Fiktion, worüber er schreibt und man merkt dem Roman die sich im Laufe der Zeit entwickelnd habende gesteigerte Kompetenz des Autoren an. Das empfinde ich sehr positiv, obwohl mich manche beschriebene Brutalität oder Perversität doch etwas stört.
Aber die Realität ist manchmal eben genau so, oder leider sogar noch schlimmer, wie ich selbst von Bekannten weiß.
Also zum Inhalt in Kürze:
Hans Schmidt ist ein Auftragskiller, der von allerhöchsten Kreisen angeheuert wird, im Grunde vor 20 Jahren zu seinem Job wie die Jungfrau zum Kind kam und nun ein "Künstler" seines Fachs geworden ist, im wahrsten Sinne des Wortes, denn er arrangiert die von ihm Ermordeten zu einem "künstlerischen", makaberen Gesamtwerk, legt auch falsche Spuren und ist immer einen Schritt weiter als die Ermittler der Polizei. Und er arbeitet seit Neuestem auf eigene Rechnung, was ihn bei dem Leser fast schon wirklich sympathisch macht, bekommen doch endlich diejenigen ihre Strafe, die man unwillkürlich als gerecht empfindet.
Der Roman, der in Kiel spielt, beginnt mit einem Doppelmord an dem Musikproduzenten Peter Bruhns und dessen derzeitiger weitaus jüngeren Bettgespielin. Das erste Mordopfer bzw. dessen Umfeld, das die Ermittler Lisa Santos und Sören Henning auf Hinweise abklopfen müssen, erinnert fatal an zur Zeit real bekannte Personen mit einigen ähnlichen Charaktereigenschaften.
Die hinterlassenen Spuren verwirren zunächst und geben Rätsel auf, bis DNA-Spuren gefunden werden, die auch schon in anderen bereits als gelöst geltenden Mordfällen aufgetaucht waren und wozu der Innenminister eine Presse-Erklärung abgegeben hatte, in der er sich bei der Öffentlichkeit für die Benutzung kontaminierten Beweismaterials entschuldigt hatte.
Umso merkwürdiger ist allerdings, dass ein ehemaliger Tontechniker, den das Ermittler-Team Santos und Henning nicht für den Mörder halten, am nächsten Tag doch plötzlich als Mörder gilt. Er hatte 2 Kripo-Beamte angeblich in einen Schußwechsel verwickelt und war von ihnen dabei in Notwehr getötet worden. Danach wird der Fall als abgeschlossen bezeichnet, aber Santos und Henning merken allmählich, dass sie Größerem auf der Spur sind, die Fährte bis in die Politik führt und man offenbar mit genügend Geld wirklich alles kaufen kann.
Mehr zu verraten würde bedeuten, dem eigenen Lesen die Spannung vorweg zu nehmen. Daher nur noch ein paar Worte zu Andreas Franz Schreibstil und - nach Durchlesen seiner Homepage - seiner Intention, soweit ich sie denn richtig verstanden zu haben glaube:
Oberflächlich betrachtet und gelesen sind die Krimis von Andreas Franz ganz sicher gute und spannende Unterhaltung, aber es steckt mehr dahinter und darin, wenn man dem Autor nur etwas gewissenhafter zuhört.
Ich denke, es geht dem Autor um Gesellschaftskritik, um die Auseinandersetzung mit einem regelrechten Sumpf, dessen wirkliche Tiefe und Trübe man eigentlich nur entsetzt und angeekelt erahnen kann und wo man unwillkürlich hofft, dass es bitteschön nicht tatsächlich schlimmer sein möge, als ein erfolgreicher Krimiautor es sich ausdenken kann.