Super...nicht nur für Hamburger.
Es ist kurz vor Weihnachten in Hamburg und Tobias, Waise und derzeit noch Medizinstudent, erhält wie immer ein Päckchen von einem Unbekannten. Bisher waren es meist nützliche Dinge, ja sogar mal ein PC für das bequemere Studieren war schonmal dabei. Doch diesmal findet er einen merkwürdigen Kristall-Stab und die Nachricht, dass er zu einem bestimmten Haus in der ABC-Strasse kommen soll.
Natürlich geht Tobias hin, hofft er doch, endlich Aufschluß darüber zu bekommen, ob er eventuell doch noch Verwandte hat, von denen einer ja vermutlich sein Gönner ist, der ihm die Weihnachtspäckchen immer sendet.
Am Treffpunkt angekommen, empfängt ihn ein Uhrmacher, der ihm eine Zeitreisemaschine à la H.G.Wells zeigt (das ganze Buch soll übrigens laut Autor selbst eine Hommage an H.G.Wells sein) und behauptet, der Kristallstab sei das fehlende, noch einzusetzende Stück, alles sei ansonsten schon vorbereitet und voreingestellt und Tobias dazu bestimmt, 150 Jahre in die Vergangenheit Hamburgs zurück zu reisen, denn dort habe er eine wichtige Aufgabe zu erledigen und erführe auch selbst mehr über seine Herkunft. Außerdem gibt er ihm eine Daguerotypie einer jungen, hübschen Frau mit.
Doch noch jemand ist erpicht darauf, mit dieser Zeitmaschine in das Hamburg kurz vor dem großen Brand zurück zu reisen und bedroht den Uhrmacher und Tobias. Es kommt zu einer Schießerei zwischen dem Uhrmacher und dem Unbekannten und Tobias bleibt keine andere Möglichkeit als die Zeitmaschine tatsächlich zu benutzen, um nicht als Mörder verhaftet zu werden.
Damit gerät er allerdings vom Regen in die berühmte Traufe, denn er landet im Hamburg der Biedermeierzeit, 1842 - wenige Tage vor dem großen Brand, der große Teile der Stadt zerstört hatte und praktisch direkt vor einem Mörder, der gerade dabei ist, sich eines seiner grausam und brutal ermorderten Opfer zu entledigen. Um nicht selbst in Verdacht zu kommen- und auch um nicht selbst das nächste Opfer zu werden, muß Tobias notgedrungen den Mörder verfolgen und die Verbrechen selbst aufklären helfen, wobei er zum Glück nicht ganz alleine ist. Auch seine Zeitmaschine, die der Mörder in ein Fleet gestoßen hatte und von der Polizei geborgen wurde, gilt es natürlich zu finden, um in die eigene Gegenwart zurückkommen zu können.
Caroline, die Tochter des reichen und neuen Technologien sehr aufgeschlossenen Hamburger Geschäftsmannes Lewald und der Dichter Heinrich Heine höchstselbst helfen ihm dabei. Caroline ist das Mädchen auf der Daguerotypie, deren Entstehung Tobias nun hautnah miterleben darf. Durch Heinrich Heine und dessen Onkel Salomon Heine, ein jüdischer Hamburger Bankier, bekommt Tobias es auch noch mit einem mysteriösen Geheimbund zu tun. Dann gibt es natürlich noch den Polizeiaktuar Kettenburg und den pfiffigen Nachtwächter Borchert, den der Polizeiaktuar wegen seiner Bauernschläue kurzerhand in den Dienst der Polizei rekrutiert, um die Mordserie endlich aufzuklären.
Thomas Finn hat mit diesem Roman nicht nur einen dicht gepackten, turbulenten und spannenden Krimi geschrieben, der es wert ist, genossen zu werden, trotz Verwendung von hessischer, jiddischer Mundart und norddeutschem Plattdeutsch, die vielleicht nicht jedermanns Sache sind, mir aber gut gefallen haben, weil dadurch noch etwas mehr Flair in den Roman kommt. Auch seine intensiven Recherchen über die Stadt Hamburg zur damaligen Zeit fließen in den Roman als etwas Besonderes und nachempfindenswertes Schmankerl für alle diejenigen ein, die solche liebevolle Detailverliebtheit zu schätzen wissen und sich quasi an der Hand des Autors gerne durch das Hamburg der Biedermeierzeit führen lassen.
Mir zumindest hat es wahnsinnig Spaß gemacht, auf äußerst unterhaltsame Art herauszufinden, wo solche Bezeichnungen wie Spielbudenplatz und Reeperbahn her stammen, welchen Ursprung manche hamburgischen Redensarten haben, die Ursache zu erfahren, warum Hamburg keine Altstadt besitzt und der Vergleich mit den heutigen städtebaulichen Gegebenheiten ist dem Autor faszinierend geglückt. Ich werde jedenfalls nicht mehr ganz so unbedarft wie früher durch Hamburg schlendern.
Von diesem Autor wird man, denk ich, noch sehr viel Lesenswertes lesen dürfen. Zumindest werde ich mir kein einziges Buch von ihm entgehen lassen.