Empfehlenswerte Lektüre, nicht nur an Weihnachten.
Eines der schönsten Weihnachtsbücher, die ich jemals gelesen habe, ist das nachfolgend vorgestellte Buch des Franzosen Romain Sardou "Der kleine Weihnachtsmann".
Auch bei diesem Buchtitel hatte ich eigentlich etwas völlig anderes erwartet und habe mich dann doch zum Glück vom Buchcover leiten lassen, das ich außergewöhnlich schön gestaltet finde und wurde sehr positiv überrascht.
Zum Inhalt in Kürze:
Der neunjährige Waisenjunge Harold Gui lebt 1851 in Cokecuttle, einer dreckigen, öden und mittlerweile sehr verschmutzten und sehr verarmten Industriestadt in England. Diese Zeit der Industrierevolution, in der ein Menschenleben nichts wert ist, ist schon für die erwachsene Bevölkerung hammerhart, für Kinder ist sie ein einziges himmelschreiendes, elendes Dahinvegetieren und endet allzu oft vorzeitig tödlich. Denn die Kinder müssen sämtliche Schwerst- und Dreckarbeit verrichten, werden einfach nur wie kleine Erwachsene behandelt und überall dort eingesetzt, wo ausgewachsene Menschen nicht mehr flink, belastbar oder klein genug sind. Dementsprechend treffen wir gemeinsam mit dem Erzähler Romain Sardou genau dann auf Harold, wo dessen Leben eine dramatische Wende nimmt.
Harold ist nach seiner Flucht aus dem ekelhaften Waisenhaus bei dem Obdachlosen Farlow, dem einzigen Erwachsenen, der bisher gut und liebevoll zu ihm war, untergekommen, mit dem er gemeinsam unter einer Brücke haust und von dem er lesen und schreiben und ... ganz wichtig! ... träumen und Geschichten erzählen und erzählen lassen lernt.
Bei der nachts stattfindenden Abschlußprüfung zum Schornsteinfeger, bei dem auch ein Kind tödlich verunglückte, wurde Harold gerade böse von gerissenen Rivalen ausgetrickst und zu allem Übel noch verprügelt. Als er kurz darauf aus Freundschaft zu einem anderen kranken Freund dessen Arbeitsschicht beim Steineklopfen übernimmt, damit dieser sich mal ausruhen und ausschlafen kann, wird sein Mentor Farlow ermordet, Harold des Mordes beschuldigt und auf eine weit abgelegene Besserungsfarm in Schottland gesandt, wo es zwar viel frische Luft und keine dreckige Industrieanlagen gibt, die Kinder allerdings nicht weniger schlimm als kostenlose Arbeiter ausgenutzt werden. Kein Wunder, denn der Betreiber der Besserungsfarm ist mit der Inhaberin des Waisenhauses in Cokecuttle verwandt.
Als Harold im Winter Tierfallen, genauer gesagt Kaninchenschlingen, kontrollieren soll, findet er in einer der Schlingen einen echten Zwerg vor. Kurz danach wird er von mehreren Zwergen eingeladen, sie in ihrem unterirdischen kleinen Refugium aufzusuchen. Von Zauberwesen wie Zwergen, Zauberern, Engeln usw. hatte ihm Farlow zwar oft erzählt und ihm gesagt, dass es einmal einen Exodus dieser Wesen gegeben habe, die zum Ziel hatte, die Menschen sich selbst zu überlassen, als sie nicht mehr an Zauber und Märchen hatten glauben wollen und sie einen Krieg mit diesen engstirnigen, halstarrigen Menschen befürchten mußten, die Träumerei und Phantasie immer mehr als Unfug abtaten.
Harold hatte das Ganze als pure, erfundene Geschichte Farlows eingeschätzt und muß nun erleben, dass dem keineswegs so ist. Es gibt im Gegenteil eine uralte Prophezeiung, in der von einem Erlöser berichtet wird, der besonders für die Kinder der Welt eine entscheidende Wende einleiten wird ... und dieser Erlöser soll niemand anderer als Harold selbst sein.
Harolds Leben und auch das der Zwerge, die bei dem Exodus der Zauberwesen von dem Engel Balbek schlichtweg vergessen worden waren und der deswegen nun einiges wieder gut zu machen hat, wandelt sich nun von Grund auf und die Magie und die Träume sollen wieder über die Kinder und deren Glauben in das Leben der Menschen kommen. Harold selbst beginnt allerdings erst richtig daran zu glauben, dass er - obwohl ja selbst noch ein Kind - etwas bewirken kann, als er hört, dass sein Freund, den er mal beim Steineklopfen vertreten hat, totkrank geworden ist. Mit diesem Jungen hatte er sich oft in einer Spielzeugfabrik in Cokecuttle versteckt und davon geträumt, selbst einmal in den Genuß des Spielzeugs zu kommen. Ein unmöglicher Traum bis jetzt, da das Spielzeug nur für Kinder reicher Eltern produziert wurde. Mit Hilfe der Zwerge und ihren Fähigkeiten schafft es Harold allerdings, seinem totkranken Freund nicht nur das von diesem ersehnte Schaukelpferd ins Krankenhaus zu schmuggeln, sondern er tritt damit eine ganze Lawine los, die - nun einmal ins Rollen gekommen - eine fantastische Entwicklung auslöst.
Mehr soll nun allerdings nicht verraten werden, außer, dass mir der Erzählstil von Romain Sardou zusätzlich zu einer sehr guten Story, zu der es übrigens nun auch noch mit dem Buch "Rettet Weihnachten!" einen zweiten Teil gibt, außergewöhnlich gut gefallen hat. Denn, Sardou erzählt nicht einfach nur, sondern fordert den Leser oft auf, selbst zu denken und bezieht ihn dadurch auf sehr angenehme Weise mit ein.